Mit meinem kürzlichen Beitrag habe ich vor der nächsten Bombe gewarnt, die nicht TTIP oder CETA heißt, sondern "Öttingers Leistungsschutzrecht", ein neuer EU-Richtlinienentwurf des UrhR, der uns alle, die wir täglich Links setzen, kriminalisiert.
Mit den Plänen für ein europäisches Leistungsschutzrecht vernichtet die EU-Kommission der Kreativwirtschaft und die wahren Probleme und Lösungen werden ignoriert.Julia Reda als UrhR-Expertin, Piratin und Mitglied des EU-Parlaments hat auf dieses Problem nunmehr in der ZEITonline aufmerksam gemacht.
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Noch so ein Pyrrhos-Sieg, und wir sind verloren,wenn sich Digitalkommissar Öttinger durchsetzt. Oettinger seine Reformpläne für das Urheberrecht vorgestellt, mitsamt dem in Deutschland bereits gescheiterten "Leistungsschutzrecht". Er hat daraus nicht dazugelernt und wer diesen EU-Richtlinien Entwurf als Sieg für den Qualitätsjournalismus feiert, hat nichts verstanden.
Drei Jahre nach der Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger in Deutschland beschränkt sich seine Funktion darauf, Gerichte und Anwälte in Berlin, Bonn und München zu beschäftigen. Mit Millionensummen müssen Verlagshäuser die bislang erfolglosen Klagen ihrer eigenen Verwertungsgesellschaft finanzieren, der Journalist selbst schaut überhaupt durch die Finger.
Auch in Spanien kam es zum Lobbyismus-Totalschaden. Besonders kleinere Verlage leiden, wenn Besucher wegbleiben, die von diesen Diensten einst auf ihre Verlagsangebote geleitet wurden. Hinzu kommt, dass das geplante Leistungsschutzrecht so weit gefasst ist, dass selbst Privatpersonen!! beim Linksetzen von Nachrichtenartikeln und andere mit dem Gesetz (UrhR) in Konflikt kommen.
Qualitätsjournalismus zu finanzieren war nie einfach, der direkte Verkauf journalistischer Inhalte hat selten ausgereicht. Tragfähige Modelle sind traditionell daher Mischgeschäfte, aufwändige Recherchen werden neben dem Kaufpreis für Zeitungen und Zeitschriften vor allem durch lukrativere Geschäfte querfinanziert: Klein- und Stellenanzeigen, den Abdruck von amtlichen Mitteilungen, primär aber durch Werbung.
Das Kerngeschäft von Google ist die Vermarktung von Werbung. Journalistische Inhalte sind jedoch das Vehikel, um die Aufmerksamkeit des Publikums für die werblichen Inhalte zu erreichen". Das ist legitim und in einer offenen Wissens-und Informationsgesellschaft, die sich pluralistisch nennt.
Durch die Digitalisierung ist dieses Geschäftsmodell unter Druck geraten – mit dem Urheberrecht hat das aber nichts zu tun. Wenn eBay den Kleinanzeigenmarkt, StepStone die Stellenanzeigen und SeLoger den Wohnungsmarkt aufmischen, wird keine Änderung des Urheberrechts das Publikum und seine Aufmerksamkeit zurück an eine Zeitung binden und die Mischkalkulation vergangener Tage wiederaufleben lassen. Axel Springer als Verlag trommelt jedoch am lautesten für das Leistungsschutzrecht.
Online konkurrieren mitunter selbst Lokalzeitungen aus unterschiedlichen Orten für das gleiche Publikum. Der größere Wettbewerb hat auch die Abozahlen zurückgehen lassen. Die Preise für Werbung sind gefallen, weil mehr Möglichkeiten für gezielte Werbung auch außerhalb der Verlagsangebote zur Verfügung stehen.
Den Verlagen sind also binnen weniger Jahre gleich mehrere Einnahmequellen weggebrochen, aber keine davon lässt sich auf einen mangelnden Schutz der Artikel selbst zurückführen. Die Artikel werden von den meisten Verlagen kostenfrei ins Netz gestellt, weil eben nicht ihr direkter Verkauf an die Leserinnen und Leser das Geschäft finanziert. Deshalb ist es illusorisch zu glauben, eine Stärkung des Schutzes der Artikel (=Leistungsschutz des Artikelschreibers) könne die gute alte Zeit zurückbringen, sondern die Lage verschlimmert sich eher.
Die Politik scheint auf wirtschaftliche Probleme in der Kreativwirtschaft nur eine Antwort zu kennen: Verschärfungen des Urheberrechts. Das Leistungsschutzrecht in Deutschland und Spanien scheiterte bisher und die EU-Kommission tut dem Qualitätsjournalismus keinen Gefallen, wenn es ein gescheitertes Projekt EU-weit einführen will. Oettingers Gesetzesentwurf würde sogar von Algorithmen erstellte Artikel, an denen keine Journalistin je mitgewirkt hat, mit einem neuen Schutzrecht versehen, obwohl das Urheberrecht für kreative Schöpfungen gilt, an denen ein Urheber beteiligt war.
Was die Kommission vernachlässigt, sind mutige Schritte zur Schaffung eines gemeinsamen digitalen Binnenmarktes, der seinen Namen verdient und der mithelfen könnte, eine Zukunfts- und Wachstumsperspektive für Journalismus zu schaffen. Europaweit einheitliche Regeln im Urheberrecht für Zitate, Parodien oder Panoramafreiheit könnten Redaktionen vor Abmahnungen schützen. Ein europäischer Whistleblower-Schutz wäre eine willkommene Stärkung des investigativen Journalismus, damit in Fällen wie LuxLeaks nicht wieder die Aufdecker des Skandals vor Gericht stehen. Eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf digitale Publikationen würde die Verlage finanziell unterstützen und die Entstehung neuer Geschäftsmodelle befördern. Es gibt viele Ideen, um den Journalismus in der digitalen Welt zu stärken, ohne die Kommunikationsfreiheit im Netz zu behindern. Man muss es nur wollen.