Wer sich im Kino keine Action erwartet, für den ist ein schöner Film angelaufen, gut gespielt mit dem Titel "Lou Andreas-Salome".
Wo immer Lou von Salomé auch hinkam: Ihre Klugheit, ihre Sinnlichkeit, ihr unnahbares Wesen sorgten für Furore. "Von welchen Sternen sind wir uns hier einander zugefallen?", flötete Nietzsche, als er sie 1882 in Rom erstmals sah.
Überzeugend die schauspielerischen Leistungen der "Lou" als Kind (gespielt von Liv-Lisa Fries), Lebenskünstlerin und Intellektuelle (Katharina Lorenz), als alternde und einsame Diva (Nicole Heesters).
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Sie war Tochter eines russischen Generals aus Petersburg. Das Jahr 1987 bezeichnete als Höhepunkt ihres Lebens, der schönste Sommer mit der Liebe zu Rainer Maria Rilke. Er liebte sie 3 Jahre heiß und danach blieb noch eine enge Freundschaft bis zum Lebensende. Rilke sollte nach dem Willen seiner Familie Offizier werden, seine Leidenschaft galt jedoch der Dichtkunst und Salome . Rilke schrieb ihr:
"Ich bin Dir wie ein Vorbereiten
Und lächle leise, wenn Du irrst;
Ich weiß, daß Du aus Einsamkeit
Dem großen Glück entgegenschreitest
Und meine Hände finden wirst".
"Durch Dich will ich die Welt sehen;
denn dann sehe ich nicht die Welt,
sondern immer nur Dich, Dich, Dich".
Lou weigerte sich als Kind, schicke Kleidchen zu tragen und an Bällen teilzunehmen. Da sie mit Gott haderte, ließ Louise sich auch nicht konfirmieren und trat aus der Gemeinde aus. Als Jugendliche war sie nicht dazu bereit, den Heiratsantrag eines 25 Jahre älteren Pfarrers anzunehmen, der sie in Philosophie unterrichtete. Stattdessen zog sie 1880 nach Zürich und hörte Vorlesungen zu Theologie, Philosophie, Logik an einer der wenigen Universitäten in Europa, die Frauen damals zum Studium zuließen.
Aus ihren Notizbüchern ablesbar waren ihre Beschäftigung mit vergleichender Religionsgeschichte, Religionsphänomenologie, Dogmatismus, messianische Vorstellungen im Alten Testament, Glaubenssatz der Dreifaltigkeit, Philosophie, Logik, Metaphysik und Erkenntnistheorie; das französische Theater, klassische französische Literatur, Descartes und Pascal; Schiller, Kant und Kierkegaard, Rousseau, Voltaire, Leibniz, Fichte und Schopenhauer. Hier werden die Grundzüge jener umfassenden Bildung sichtbar, die, ebenso wie ihre rasche Auffassungsgabe, spätere Gesprächspartner immer wieder beeindruckte.
Lou - eine intellektuelle Femme-fatale, sie liebte die Freiheit, setzte sich obwohl Kind der besseren Gesellschaft über alle Konventionen hinweg und zeichnete sich durch auffallend intellektuelle Fähigkeiten aus. Sie wollte kein Hausmütterchen werden, wie ihre Mutter. Schon in jungen Jahren entschließt sie sich dazu, sich niemals in ihrem Leben zu verlieben. Stattdessen will sie sich dem puren Wissen und der Intellektualität hingeben und so ihren Geist bis zur äußersten Perfektion bringen. Ihre vielfältigen Interessen erlauben ihr schon bald, mit berühmten Philosophen bis Nietzsche in Kontakt zu treten. Mit ihrer Unterstützung wird Andreas-Salomé eine hervorragende Studentin und später eine angesehene Psychoanalytikerin. Doch selbst der rationalste (=apollonische) Mensch ist nicht gefeit vor seinen Gefühlen und Trieben (=dionysische) und ehe sie sich versieht, bandelt Salomé in Berlin mit dem damals noch unbekannten Schriftsteller Rainer Maria Rilke an und lernte auch das Körperliche in der Liebe kennen.
Sie war permanent in Eurpa auf Reisen, hatte enge Kontakte zu Nitzsche und war auch befreundet mit Ibsen, Gerhard Hauptmann, Hofmannstal, traf auch Tolstoi und Freud in Wien.
Ihre Zeit in Wien war die Zeit des "Fin-de-siecle"(Jahrhundertwende 19./20.Jh.). https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/wiener-cafes-und-der-fin-de-siecle-jahrhundertwende-16909
Ihr Ehemann lebte in Berlin, die Ehe hatte eher den Charakter einer Scheinehe zumindest aus ihrer Sicht. Sie schrieb Romane, Essays und Bücher, meist unter einem Pseudonym, da Frauen zur damaligen Zeit als Schriftsteller kaum anerkannt wurden.
Ihr Denken kreiste um die menschliche Seele, sie agierte auch als Psychonalytikerin, Analytikerin der Kunst und des Denkens, der Philosophie und Theologie, Spinoza-Anhängerin. Zu Hause fühlte sie sich im Kreis von Intellektuellen.
https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/wiener-cafes-und-der-fin-de-siecle-jahrhundertwende-16909
Lou war überzeugt, dass der Verzicht auf sexuelle Erfüllung zu ungeahnten Höhen im Künstlerischen und Kreativen führe, was man in der Psychologie als "Sublimation" bezeichnet.
Lou's Ziel war, sich von körperlichen Leidenschaften frei zu halten, um die Empfängnisfähigkeit und Kreativität ihres Intellekts zu erhöhen (=Sublimation). Mit Rilke bewies sie, dass man beides haben kann. Nur Rilke erhielt auch Zutritt in das Reich ihres Körpers und nicht nur Geistes. Die höchste Lust erfülle sich im "Dionysischen" (= Körperliche, Sex, Kraft, Triebe) und nicht "Apollonischen" (geistig Platonischen). Nietzsche hatte zwar ein schwieriges Verhältnis zu Frauen, war aber ein Philosoph des Dyonysischen, des Kraftvollen , für ihn war der Wille die Triebkraft des Menschen.
Lou versuchte Rilke erklären, dass nicht der Schnörkel, sondern die Einfachheit die Krone der Dichtkunst sei.
Trotz der schönsten Stunden ihres Lebens sah sie in Rilke auch ein Attentat auf ihre Freiheit und gab der Literatur gegenüber der Liebe den Vorzug (Sublimation) und beendete das Verhältnis zu Rilke.
„Warst mir die mütterlichste der Frauen,
ein Freund warst Du, wie Männer sind,
ein Weib, so warst Du anzuschauen,
und öfter noch warst Du ein Kind.
Du warst das Zarteste, das mir begegnet,
das Härteste warst Du, damit ich rang.
Du warst das Hohe, das mich gesegnet –
und wurdest der Abgrund, der mich verschlang.“
Rainer Maria Rilke: Gedicht, nachdem sich Lou von ihm getrennt hatte.
In den Spätjahren lernte sie S. Freud besser kennen und beschäftigte sich seitden mit der Psychoanalyse (Redekur).Freud, der sie als "Versteherin par excellence" und "Dichterin der Psychoanalyse" würdigte. Anna Freud sprach später sogar davon, Lou Andreas-Salomé habe 1894 mit ihrem Buch „Nietzsche in seinen Werken“ über Nietzsche die Psychoanalyse vorweggenommen.
Bei einem Aufenthalt in Schweden begann Lou Andreas-Salomé ein intensives Verhältnis mit einem 15 Jahre jüngeren Mann, dem Nervenarzt und Freudianer Poul Bjerre. Als er 1911 zum Kongress der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung nach Weimar fuhr, begleitete sie ihn und traf dort erstmals mit Sigmund Freud zusammen. Er wurde zur entscheidenden Bezugsperson ihrer letzten 25 Lebensjahre. Sie ahnte und hoffte, dass die neue Denkschule der Psychoanalyse – mit Freud als Vaterfigur – ihr Zugang verschaffen könnte zum Verständnis der eigenen seelischen Verfassung. Von Oktober 1912 bis April 1913 hielt sie sich in Wien auf, später folgten viele weitere Besuche. Sie hörte im Wintersemester 1912/1913 Freuds Vorlesung in der Psychiatrischen Klinik über „Einzelne Kapitel aus der Lehre von der Psychoanalyse“ und nahm an seinen „Mittwochssitzungen“ und „Samstags-Kollegs“ teil. Mit ausdrücklicher Zustimmung Freuds beteiligte sie sich aber auch an den Diskussionsabenden Alfred Adlers, der sich 1911 von der orthodoxen psychoanalytischen Schule Freuds distanziert und mit seinem Verein für Individualpsychologie eine eigene tiefenpsychologische Schule begründet hatte.
Sigmund Freud hielt sehr viel von seiner Schülerin. In einer engen, rein platonischen Beziehung wurde sie für ihn durch ihren Wissensdurst, ihre Neugier auf menschliche Verhaltensweisen und die intensive Suche nach deren Verständnis eine hochgeschätzte Diskussionspartnerin. Sogar ihre eigenwillige Ausdeutung psychoanalytischer Konzepte, denen sie eine vorwiegend poetische und literarische Form gab, akzeptierte er ohne Widerspruch. Er fand, sie sei die „Dichterin der Psychoanalyse“, während er selbst Prosa schreibe.
Lou betrieb bis zu ihrem Tod 1037 eine psychoanalytisches Praxis in Göttingen. Unter den Nazis wurde die Psychoanalyse verboten.
Rilke heiratet später eine andere Frau und seine Schaffenskraft wurde 1926 durch seine Leukämie beendet. Bei Nietzsche war es die Syphilis.
Die wichtigste Botschaft der im Alter vergessenen von Brustkrebs gezeichneten Lou: "Die Welt, sie wird dich schlecht begaben, glaube mir's! Sofern du willst ein Leben haben: raube dir's!"