Deutschland fehle es nicht an rechtsextremer Gesinnung. Björn Hocke, ein elegant gekleideter deutscher „Biedermann“, eine führende Figur der rechtspopulistischen AfD (Alternative für Deutschland) gab eine rassistische Rede über die „unterschiedlichen Reproduktionsstrategien von Afrikanern und Europäern“ zum Besten. Sein Gebrauch einer rassistischen Sprache war besonders auffällig und das Besorgnis erregende: er repräsentiert einen typisch Deutschen, den eines aufrechten Mittelklassebürgers, im Sprachgebrauch als deutscher "Biedermann" bezeichnet (dafür gibt es kein englisches Wort, Purist passt auch nicht so richtig).
http://www.nytimes.com/2015/12/30/opinion/the-new-face-of-racism-in-germany.html?_r=0
Bisher trugen die Rassisten besondere Merkmale (social markers), wie Gewalt-Tatoos, einschlägige Kleidung und glattrasierte Köpfe. Sie lebten eher am Rande der Gesellschaft.
Mit Björn Hocke kommt jetzt plötzlich ein Unauffälliger mitten aus der biederen Gesellschaft, war Mitglied der CDU-Jugend „Junge Union“, wurde dann Geschichteprofessor an der UNI, ist verheiratet, 4 Kinder, unauffällig und gut gekleidet, ein typisch deutscher „Biedermann“ (gleiches gilt für Biederfrauen).
Die Journalistin stellt sich die Frage, ob er das neue deutsche Gesicht des Hasses gegen Ausländer und Migranten repräsentiert.
Denn vor Jahrzehnten wurden die Millionen Türken, die in den 50er-und 60er Jahren nach Deutschland kamen, sehr wohl akzeptiert, auch die Balkanflüchtlinge (ex Yugo-Krieg).
Die NYT fragt sich, ob dieser Biedermann nur ein Einzelfall ist (eine „lone nut“) oder könnte er einen (rassistischen) Flächenbrand auslösen. Auf Online-Spielen werden von vielen Gewaltphantasien durch Wiederaufbau von Konzentrationslagern, Tötung von Immigranten mit Handgranaten, Äxten und Flammenwerfern gespielt, auch das irritiert.
Wer und wie viele diese Hass-Deutschen sind, wissen wir mangels Studien nicht so genau. Hasspostings im Internet gibt es zu Hauf quer durch die Gesellschaft. Ist der Rassismus infolge der Flüchtlingskrise nur sichtbarer geworden, wie Soziologen meinen oder auch tatsächlich angestiegen?
Umfragen zeigen jedoch, dass die AfD zwischen 8% und 10% stagniere, jedoch die Unzufriedenheit mit den Mehrheitsparteien stark wachse, ohne dass eine (prorassistische) Mentalitätsänderung wirklich vorliege.
Tatsächlich fehlt eine klare Diagnose, die zur Beschwichtigung von Befürchtungen und Ängsten beitragen – wie unauffindbare Schmerzen im Körper, die beunruhigen. In der Tat bestehe ein verstecktes Risiko, das sich wie eine selbsterfüllende Prophezeihung verstärken und einen Rechstruck bei den deutschen Biedermännern auslösen könnte.
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Ich persönlich verurteile den Rassismus aufs Schärfste, bin jedoch aus realpolitischen Gründen gegen eine unbeschränkte, quantitative "Willkommenskultur", weil ansonsten unser soziales und demokratisches Gefüge destabilisiert (Rechtsruck zu populistischen Parteien) wird – und das ist eine reale Gefahr, die ich mir von "Gutmenschen" nicht ausreden lasse.
Obwohl ich diesen NYT-Artikel nicht besonders gut finde, halte ich ihn deswegen für erwähnenswert, weil die öffentliche Weltmeinung die Deutschen (wir Österreicher inkludiert, ein "Austrian" wurde auch erwähnt) wiederum ins rassistische Eck stellt.
ex NYT