Österreich muss wieder auf den Weltuntergang warten

Die NZZ macht sich ein bisschen über Österreich lustig, weil es durch den neuen "Deus ex machina" (= beim Theater, wenn plötzlich ein rettender Gott auf der Bühne wie aus der Maschine erscheint) in der Person des neuen Bundeskanzlers Kern den Weltuntergang wieder auf sich warten lässt.

http://www.nzz.ch/feuilleton/zeitgeschehen/bundespraesidentenwahl-in-oesterreich-der-weltuntergang-muss-warten-ld.82528

Die Republik Österreich – klein, aber fein, fast wie die Schweiz, wenn auch momentan wieder eine Karl Kraus Stimmung herrschte, der von der "Versuchsstation des Weltunterganges" in Österreich sprach.

"Krieg ist zuerst die Hoffnung, dass es einem besser gehen wird, hierauf die Erwartung, dass es dem andern schlechter gehen wird, dann die Genugtuung, dass es dem andern auch nicht besser geht, und hernach die Überraschung, dass es beiden schlechter geht" - immer das Gleiche, die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Soweit ist es in Österreich trotz des 30% Hofersieges bei der BP-Wahl noch nicht.

Den Gratiszeitungen "Heute" und "Österreich" geht es nach wie vor gut, weil sie von den politischen Parteien mit Inseraten gefüttert werden und dafür ihnen genehme Stimmung in Österreich machen. "Österreich" ist die Zeitung, absolut verabscheuungswürdig, die Republik Österreich ist das Land, absolut schätzenswert, klein, aber fein, fast wie die Schweiz, wenn auch momentan ein wenig verwirrt, genau wie der übrige Kontinent.

Seit die Finanzwirtschaft immer mächtiger wird zulasten der Realwirtschaft, seit aus dem Markt die Märkte geworden sind und die Politik ihr Spielball wurde (Primat der Konzerne), sind die Rechte auf dem Rückzug, jedoch die rechtspopulistische Rechte auf dem Vormarsch, in ganz Europa, das ist ja kein Geheimnis.

Die Ungarn können schrittweise ihre Demokratie demontieren, die Briten können sich aufführen, als habe die EU keine andere Daseinsberechtigung, als ihnen zu dienen, in Deutschland können immer wieder Flüchtlingsunterkünfte niederbrennen, niemand sieht darin eine ernsthafte Bedrohung.

Wenn aber in Österreich beim ersten Wahlgang einer Bundespräsidentenwahl der Rechts-aussen-Kandidat etwas mehr als ein Drittel der gültigen Stimmen erhält, wird sofort gefragt, was um Himmels Christi willen mit Österreich los sei, und getan, als stünde der Weltuntergang bevor.

Die europäische Erregung über ein Wahlergebnis trifft Österreich nicht zum ersten Mal. 2000 war es noch schlimmer, als Wolfgang Schüssel, mit der ÖVP als drittstärkste Partei aus der Nationalratswahl hervorgegangen, sich von den Freiheitlichen, damals noch unter Jörg Haider, zum Kanzler machen liess. EU-Sanktionen und diplomatische Österreich-Ächtung war die Folge. Mit versteinerter Miene hat der Bundespräsident Klestil diese Regierung angelobt. Die kleine Koalition FPÜ/ÖVP hat von Eitelkeit und Gier getriebene Politiker an die Macht geschwemmt und in Kärnten ein Chaos mit Korruption und Hypo-Desaster ohne Ende angerichtet.Horrende Summen wurden für Leistungen gezahlt, wo sich der Leistungserbringer fragte: "Wos woa mei Leistung"?

Wer alles zu den Bereicherten gehört - "das Geld ist ja nicht verschwunden, sondern es hat nur jemand anderer" sagte Flöttl schon seinerzeit beim BAWAG-Prozess auf eine Frage der Richterin - werden wir im Hyposkandal nie erfahren wegen der Bankgeheimnisse in Liechtenstein und sonstwo.

Dann Thomas Bernhard mit seinen immergleichen Österreich-dumpf-Nazi-katholisch-Litaneien, die man bei uns schon nicht mehr hören konnte, weil sie ununterbrochen und vom Publikum frenetisch beklatscht von den Bühnen des Burgtheaters und der Salzburger Festspiele herunterdröhnten und von ihm für Reportagen gehalten wurden.

Haiders Volksfeste und Beachvolleyball-Turnieren oder persönliche Verteilung von 100-Euro-Scheinen sollten das Volk bei Laune halten und über die katastrophale Misswirtschaft, die von ihm und seinen Partei- und Intimfreunden getrieben wurde, hinwegtäuschen, jahrelang. Bis er sich, wie der Schriftsteller Josef Winkler es ausgedrückt hat, «mit seiner Asche aus dem Staub gemacht» hat. Und absurderweise hat gerade dieser Unfalltod die Katastrophe noch vergrössert.

Die Kärntner sind ja noch sentimentalere Menschen als die für ihre Sentimentalität weltbekannten Wiener, aus Trauer über den Verlust des geliebten Landeshauptmanns haben sie bei den nächsten Wahlen mit einem Stimmenanteil von über vierzig Prozent für die Fortsetzung der Herrschaft seiner Partei votiert, so dass das Land weiterhin von einer Handvoll grössenwahnsinniger Provinzpolitiker und finanzwirtschaftlicher Dilettanten regiert und in den Bankrott getrieben wurde. Jahrelang sind daher die Kärntner, nicht ganz zu Unrecht, in Österreich die Trottel der Nation gewesen und von den Medien verhöhnt worden. Thomas Bernhard verhöhnte die Kärntner mit dem Punchkrapferl-Vergleich: "Außen zart rosa und innen durch un durch braun"

Nach der BP-Stichwahl am 22. Mai wird es sich so verhalten. Gewinnt der Kandidat der Rechten, wird Österreich einige Zeit der Buhmann der EU sein, ausser in Ländern wie Ungarn, Polen wo die Rechten schon an der Macht sind. Gewinnt sein Gegenkandidat, wird man Österreich gratulieren und sagen, die Vernunft habe gesiegt.

Die Menschen in Österreich und Europa werden geblieben sein wie sie sind, vorher schon unzufrieden, wenn sie arbeiten müssen, noch unzufriedener, wenn sie keine Arbeit haben, friedfertig, wenn sie sich sicher fühlen, aggressiv, wenn sie sich fürchten. Dass in den letzten Jahren nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa bei sehr vielen Menschen die Furcht, die Lebensgrundlage zu verlieren (auch Abstiegsängste), gewachsen ist, ist nicht zu übersehen und hat nicht nur mit der Ankunft vieler Flüchtlinge zu tun.

Der österr. Schriftsteller dieses von mir nur gekürzten Beitrages Antonio Fian stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises mit seinem Roman

"Das Polykrates-Syndrom":

Artur im Roman führt eine unspektakuläre, in geordneten Bahnen verlaufende Ehe mit der Mittelschullehrerin Rita, jobbt, obwohl Akademiker, in einem Kopierzentrum und als Nachhilfelehrer und ist ganz allgemein nicht sonderlich ehrgeizig oder anspruchsvoll. Bis eines Tages eine gewisse Alice den Copyshop betritt und eine Notiz hinterlässt. Was nun ins Rollen kommt, ist ... ...etc......

'Es geht uns allen viel zu gut. Die Kinder sollen’s einmal besser haben'. Der kurze Text 'Die guten Eltern' aus Antonio Fians Gedichtband Fertige Gedichte bringt das

"Polykrates-Syndrom":

auf den Punkt, welches besagt, dass die Steigerung allzugroßen Glücks möglicherweise zum größtmöglichen Unglück wird. Das sagt zumindest eine tief in uns verwurzelte Angst – und diese Angst und ihre Folgen stehen im Zentrum von Fians zweitem Roman....

http://www.amazon.de/Das-Polykrates-Syndrom-Roman-Antonio-Fian/dp/3854209509/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1463734503&sr=8-1&keywords=Antonio+Fian

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Margaretha G

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