Mein Email an die STANDARD-Chefredakteurin zu diesem Gerücht: Das Standard-Dementi über eine Zusammengehen von NZZ und STANDARD in welcher Form auch immer habe ich gelesen. Nur "Jedes ausgesprochene Wort - dazu gehört auch ein Dementi - erregt den Gegensinn" (J. W. von Goethe/Wahlverwandtschaften).
Ein Zusammengehen STANDARD/NZZ hätte in meinen Augen auch für den STANDARD viel Phantasie, jedoch käme es dann auch zu personellen Machtverschiebungen, was natürlich Widerstände regt.
Im März 2014 schrieb ich Markus Spillman - damals noch NZZ-Chefred. - ein Email:
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
"Dem STANDARD und auch der PRESSE droht mit der "NZZ.at" Gefahr, denn eine dritte Qualitätszeitung (noch dazu mit Branding!!) verträgt der österreischische Markt nicht mehr. Die sinnvollere Lösung für die NZZ wäre in meinen Augen eine Fusion mit dem STANDARD, wo nicht Fleischhacker tonangebend ist, das wäre eine Win-Win Lösung für beide. Alles andere ist ein Nullsummenspiel für einen jetzt noch dazukommenden Dritten, somit eine Loser-Situation für alle".
Fleischhacker wurde soeben abgesetzt, Ex-Standardjournalist Sustala wird neuer Chefred. der NZZ.at. Der Grund dürfte die sehr unbefriedigende Auflagenzahl dieser österr. Onlinetochter des schweizer Qualitätsblattes sein.
Die NZZ Mutter ist natürlich schon was die Eigenkapitaldecke betrifft, unvergleichlich besser aufgestellt, als der STANDARD - man kann die NZZ Bilanzen im GGs. zu den Bilanzen österr. Medien googeln. Wie die NZZ zu etwa 70% bis 80% Eigenkapital kommt, da muss man vermutlich die NZZ-Freunde des Zürcher Yachtclubs und Zürcher Rotaryclub fragen und prominente Verwaltungsratmitglieder; auch nicht erwirtschaftete Einlagen sind kapitalerhöhend.
An die Chefred. des STANDARD mailte ich schon 12/2014:
"Journalismus ist nicht nur eine Ware, sondern auch ein für die Kontrolle der Demokratie schützenswertes, immaterielles Gut. Allerdings müssen Sie zur Erschließung neuer Ertragsquellen ihre Produktpalette notfalls auch auf journalismusfremde Produkte erweitern und so ihr Kundenpotential zusätzlich ausschöpfen ("Produktdifferenzierung"), was natürlich nicht auf Gegenliebe der Printjournalisten stößt und überdies höhere Anfangsinvestitionen zur Folge gehabt hätte.
Die Medienzukunft wird sich schon wegen der dann weitgehend wegfallenden "4P-Kosten" (Print, Personal, Paper, Postauslieferung) in meinen Augen einerseits auf eine qualitativ hochwertige Wochenendausgabe mit Magazincharakter beschränken müssen,denn am Wochenende hat der Leser mehr Zeit für den Print-Lesegenuss und der Journalist kann entschleunigt mehr Qualität abliefern abseits des beschleunigten 24-Stunden Onlinejournalismus. Unter der Woche genügen in naher Zukunft Onlineausgaben am iPad, die Jugend konsumiert "digitaldriven" nur mehr so die digitalen Medien".
“Ein Mensch kann nicht zu neuen Ufern aufbrechen, wenn er nicht den Mut aufbringt, die alten zu verlassen” (Andre Gide).
Was bedeutet das für den STANDARD?
Ich habe als Außenstehender keinen Einblick in die STANDARD-Bilanzen, gehe jedoch davon aus, dass trotz des 2015 wieder gelungenen "Turn around" eine unbefriedigende Kapitalsituation vorliegen könnte schon infolge der Verluste 2013 und 2014.
Um die nächste Dekade zu überleben und nachdem Produktdifferenzierungsmodelle in journalismusfremde Produkte von Journalisten abgelehnt werden (="Bauchladenschande")- obwohl Zeitungen ein großes Abo-Kundenadresspotential hätten - , führt an Zusammenschlüssen in welcher Form auch immer kein Weg vorbei.
Die NZZ.ch hat nach wie vor ein ausgezeichnetes Branding und durch Zusammenschlüsse entstehende "Scalenerträge", davon könnte auch der STANDARD nur profitieren.
Einziger Wermuthstropfen:
Ein neues personelles Gerangel um Einfluss und Macht und Stellen würde entstehen. Überdies ist der Steirer NZZ.ch-CEO Dengler ein ex Mc.Kinsey Mann, für den nicht nur publizistische Interessen im Vordergrund stehen. Sie kennen meine Einstellung zu Consultern. Ihm ist vielleicht auch weniger bewusst, dass ein Qualitätsmedium auch ein intellektuelles, humanistiches, immaterielles Wirtschaftsgut "sui generis" ist mit auch ethischer Aufgabenerfüllung und wichtiger Aufgabe in der Demokratie.
Der erfolgreiche szt. NZZ.ch - Chefredakteur Spillmann wurde wie ein abschreibbares Wirtschaftsgut in der Bilanz, wie ein Rasenmäher, den man jederzeit gegen einen neuen austauscht, abgesetzt - disgusting!.
Ich hoffe, ich konnte dem STANDARD damit ein paar Gedanken liefern, obwohl ich einmal in einem Antwortmail zu hören bekam, "keine Ahnung von Journalismus zu haben". Diese Kritik hat sich in meine Seele so tief eingebrannt, dass ich sie bis heute nicht vergessen konnte::)).
Trotzdem meine Aufforderung an den "STANDARD":
Richtet Eure Blicke nicht auf sich in naher Zukunft schließende Türen, sondern zu sich neu öffnenden Türen der digitalen Zukunft. Wir stehen erst am Anfang, bleibt daher im Fluss der digitalen Bewegung, im Flow der sich ändernden Dinge...
Übrigens von einer Neuauflage eines zusätzlich staatlichen Presseförderungsmodelles halte ich gar nichts, weil es dazu aktuelle Diskussionen gibt. In der freien Marktwirtschaft gilt noch immer das Angebot/Nachfrage-Prinzip und kein wettbewerbsverzerrendes noch dazu staatliches Förderprinzip mit Parteieneinflussnahme, wie auch beim ORF.
Ein Freund von mir aus meiner Studienzeit, Karl-Heinz Papst, ORF-Burgenlandintendant wurde soeben abgesetzt, weil er eine Flüchtlingspolitik zu verantworten hatte, die zwar fachlich und sachlich ausgezeichnet war, aber in den Augen Niesl der SPÖ Mandate gekostet habe. Dazu der ORF-Stiftungsrat: "Dass eine Führungskraft im ORF abgezogen wird, weil die Berichterstattung unabhängig und kritisch war, ist ein einmaliger Vorgang".