TTIP-Talk Burgtheater/STANDARD und was sind CETA,TISA,WTO,ISDS,TTP, TRIPS ?

TTIP – Talk im Burgtheater (STANDARD, ERSTE-Stiftung).Seit Monaten wird in der Öffentlichkeit über TTIP diskutiert, daneben gibt es noch CETA und TISA. Die drei Abkürzungen stehen für geplante völkerrechtliche Handelsverträge. Dabei sei erwähnt, dass es bereits 400 int. Freihandelsabkommen auf der Welt gibt. Neu Akteure auf der Weltbühne haben die multilaterale WTO zunehmend geschwächt, wobei natürlich der Wildwuchs von bilateralen Verträgen in einer weltweit vernetzten Produktionskette (supply chain economy) bilaterale Abkommen eher hinderlich als förderlich sein können.

So wird zB. der Tennisball für Wimbledon in 13 verschiedenen Ländern hergestellt werden, seine Bestandteile haben bis zur Fertigstellung insgesamt etwa 80.000 km zurückgelegt.

o Supply Chain Management

bezeichnet den Aufbau und die Verwaltung integrierter Logistikketten (Material- und Informationsflüsse) über den gesamten Wertschöpfungsprozess, ausgehend von der Rohstoffgewinnung über die Veredelungsstufen bis hin zum Endverbraucher. Schnittstellenlogistik spielt dabei eine wichtige Rolle.

o TTIP (Transatlantic Trade & Investment Partnership) ist ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, worüber seit Mitte 2013 höchst geheim verhandelt wird. Diese Geheimnistuerei schafft berechtigt! großes Misstrauen bei den Bürgern.

o „Living Agreement“:

TTIP soll ein sog. „living agreement“ werden, eine „lebende Vereinbarung“ im Sinne einer permanenten regulatorischen Kooperation. Die Ausgestaltung der transatlantischen Handelspartnerschaft soll also nicht einmalig starr in einem Vertrag fixiert werden, sondern ständig fortentwickelt werden (kommt dem US-case law System entgegen, wo auch der Richter bei jedem Einzelfall Recht schafft). Dazu würden sich beide Vertragspartner verpflichten, ihre Gesetzgebungsvorhaben zunächst mit dem Vertragspartner zu besprechen, was in meinen Augen eine de facto Einschränkung der staatlichen Souveränität bedeutet.

o CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) ist ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen EU und Canada – ebenfalls Geheimgespräche. Der Vertragsentwurf umfasst neben Zoll-und Handelshemmnisabbau auch die umstrittenen Investitionsschutz- Klauseln . Der Investor will damit nicht zu sehr staatlicher Willkür ausgesetzt sein.

o TISA (Trade in Services Agreement) ist ein Abkommen über den Handel für ausländische Dienstleister, Freiberufler, etc…mit EU, USA und ca. 20 weiteren Staaten. Verhandelt wird unter anderem über eine Öffnung des Arbeitsmarktes für ausländische Dienstleister. TiSA könnte dafür sorgen, dass Privatisierungen von öffentlichen Diensten, z.B. der Wasserversorgung nicht mehr rückgängig gemacht werden können“ – das widerspricht in meinen Augen massiv demokratischen Prinzipien, wonach Vereinbarungen auch wieder abänderbar oder kündigbar sein sollten.

o ISDS ( Investor-state dispute settlement) – ein Kürzel, das auch herumgeistert bezeichnet die geplanten, privaten Schiedsgerichtsverfahren zur Durchsetzung von Investitionsschutzinteressen, wo ausländische Unternehmen – nicht jedoch inländische - Staaten auf Schadenersatz klagen können.

o TTP (Trans Pacific Partnership) ist ein Freihandelsabkommen zwischen verschiedenen Pazifik-Anrainerstaaten und USA mit verbraucherschutzfeindlichen Passagen.

o TRIPS (Agreement on Trade Related International Property Rights) – dabei geht es um den internationalen Schutz von geistigem Eigentum (= Immaterialgüterrecht, wie Patentrecht, Urheberrecht, Markenrecht, etc..)

o WTO (World Trade Organisation – Nachfolger des GATT) ist keine bilaterale, sondern multilaterale Freihandelsorganisation mit dzt. 162 Mitgliedern. Das multilaterale hat jedoch auch dazu geführt, dass durch das Auftreten neuer Player (China, Indien, Brasilien, etc..) neue Imbalancen entstanden, die zu einem Blockieren der WTO bei den Abstimmungen führten. Die WTO funktioniert derzeit nicht optimal, sie wäre aber der Königsweg im Freihandel.

Die WTO ist neben IWF (International Monetary Fund) und Weltbank eine der zentralen internationalen Organisationen, die globale Handels-und Wirtschaftspolitik mit Freihandelszielen (Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen) betreibt mit Streitbeilegungsmechanismen (DSB – Dispute Settlement Body). Das Welthandelsrecht der WTO ist nach EUGH- Rechtsprechung für EU-Firmen in der EU selbst nicht unmittelbar anwendbar, Rechtsverletzungen können nur Nicht-EU Staaten über das WTO-Streitschlichtungsverfahren geltend machen.

Kurzes Resumee zum Burgtheatertalk:

Nach der Eröffnung durch Föderl-Schmid (STANDARD) sprach:

o Petra Pinzler (ZEIT-Journalistin mit neuem Buch „Der Unfreihandel“) über die demokratiefeindliche, heimliche! Herrschaft der Konzerne, dem Primat der Konzerne vor dem Staat. TTIP-Versprechen lassen sich nicht belegen, es gab gezinkte Wohlstandsstudien. Man habe bereits erlebt, wo die Deregulierung der Finanzmärkte hinführte – direkt in die Finanzkrise. Mit TTIP wird ähnlich dereguliert und das noch dazu unumkehrbar. Wir Europäer haben im GGs. zu den Amerikanern auch ein Datenschutzbedürfnis, welches im "Safe Harbour Abkommen" (vom EUGH gecancelt) nicht ausreichend Berücksichtigung fand. Scharf kritisert wird, dass zwar wirtschaftliche Werte, jedoch keine europäischen Werte in die Verhandlungen miteinfließen.

o Die Statements des Vertreters der EU-Kommission (Hr. Güllner) waren technokratisch, leicht präpotent und der Zuhörer hatte nicht das Gefühl, dass damit auch Bürger-Interessen und nicht nur einseitig die Interessen der Wirtschaft vertreten werden.

Er lobte Japan/USA – wo es keine Probleme gab. Die Freihandelsabkommen seine Voraussetzung für eine funktionierende Supply Chain Economy (über mehrere Staaten vernetzte Wertschöpfungsketten). Wir dürften die USA nicht alleine nach außen vorlassen, Europa soll daher auch aktiv mitmischen können. Beim TTIP ginge es nur um technische Standards – diese Behauptung empfinde ich als eine Frechheit. Im Wesentlichen geht es immer wieder um Angleichung von Standards, wer setzt seine Standards durch, wer muss Standards absenken oder heben. In der WTO gibt es Länder, die zB. keine höheren Standards beim Arbeitsrecht/Schutz haben wollen, wozu natürlich auch die USA gehört.

o Die Lady von der AK (Dessewffy) wirkte sehr resolut und kompetent, es geht um Arbeitsrechtsnormen, wie Gewerkschaften und Kollektivvertragsregelungen. Die Gewerkschaften werden in den USA ausgehungert (Unternehmen mit Gewerkschaften erhalten keine staatl. Subventionen), auch gibt es kaum kollektivvertragliche Regelungen mit Mindestlöhnen und Mindeststandards. Die USA will keine amgemessenen Arbeitsrechtsstandards und keine Sanktionen bei Verletzungen von Arbeitsschutznormen.

o Schellhorn (neoliberale „Agenda Austria“) kritisiert die Deutschen und Österreicher als TTIP-Gegner in der EU. Seine Ängste sind natürlich, dass wir ohne TTIP viel zu viel verlieren würden. Mit der Adaption der Schiedsgerichte hätten die NGO’s viel erreicht. Es geht auch um das Genmaisthema, etc…mit dem TTIP habe die EU nicht unbedingt soviel zu gewinnen, jedoch ohne TTIP hätte sie viel zu verlieren, so der Tenor Schellhorns als Industriellenlobbyist.

o Der Völkerrechtsprofessor Stoll von der UNI-Göttingen verdient viel Geld mit Privatgutachten. ER kritisiert das TTIP, weil es zwar eine Wirtschafts, aber keine Werteintegration gibt. Die europäischen Werte könnte unter die Räder kommen. Die USA drückt uns ihre Regulierungspolitik auf. Die 400 unterschiedlichen Freihandelsabkommen würden zu einer nicht effizienten Überregulierung führen. In der WTO ist es wegen der vielen Mitglieder wiederum schwierig, Kompromisse zu finden, weshalb sie nicht richtig funktioniere. Jedoch hält er den langfristigen Investitionsschutz für wichtig, damit ausländische Investoren zu Investitionen bereit sind. Als Beispiel wird der „Vattens-Fall“ zitiert (Schweden klagt Deutschland wegen seines Atomausstieges auf Schadenersatz). Andererseits jedoch, warum muss die Allgemeinheit für wichtige politische Anliegen Strafe bezahlen und sogar der EUGH kann dabei ausgehebelt werden. Das TTIP-Regulativ ist nicht rückgängig machbar – in meinen Augen eine demokratiepolitische Katastrophe.

o Video zum Burgtheater-Talk:

http://www.iwm.at/events/event/wozu-brauchen-wir-ttip/

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