Varoufakis (DIEM25-Neue Linke) - was ist von ihm zu halten?

Ich las einen sprachlich brillant geschriebenen Artikel auf "f+f" unter Politik (https://www.fischundfleisch.com/politik?page=3) - UB - "Völker, stört die Signale" und möchte dazu Nachfolgendes ergänzen:

Da haben die Deutschen den Österreichern ein bisschen was voraus, auch wenn es mir unter den Deutschen zu viele BILD - Zeitungsleser gibt, soweit ich das am Strand oft beobachte.

Der frühere griechische Finanzminister Gianis Varoufakis hat mit Mitstreitern aus ganz Europa eine neue Demokratiebewegung gestartet. Der linke Ökonom will unter dem Dach des Netzwerkes „Democracy in Europe Movement 2025„ (DiEM25) verschiedene Protestbewegungen zusammenführen. „Der rasche Zerfall Europas müss gestoppt werden“. Er warnte vor einem neuen Nationalismus in Europa und einer Situation wie in den 1930er Jahren. Es gehe darum, die Rückkehr zu Nationalstaaten und zu neuen Mauern zu verhindern mit Blick auf die Flüchtlingskrise. Die EU-Institutionen hätten versagt in den vergangenen Monaten. Und jedes EU-Land sei auf den eigenen Vorteil bedacht.

Varoufakis gehe es um eine grenzüberschreitende Bewegung, die allen demokratischen Kräften offen stehe - Linken, Grünen, Sozialisten und Liberalen. Eine solche pan-europäische Bewegung möge utopisch klingen. Sie müsse aber jetzt angegangen werden, sagte Varoufakis.

Ziel sei es, Europa zu demokratisieren und die Vorherrschaft des Finanzkapitals zu brechen, erklärten die Initiatoren der neuen Bewegung. Dazu seien eine umfassende Reform der EU-Institutionen und ein verfassungsgebender Prozess von unten notwendig, wie auch aus einem entsprechenden Manifest hervorgeht.

So wie Karl Marx ist auch Varoufakis ein ausgezeichneter Analytiker und wenn man ihm zuhört - wie ich zuletzt im SF Sternstunden Philosophie - möchte man Varoufakis bei allem zustimmen und er spricht druckreif. Er ist ein Selbstdarsteller und Verführer. Was bei uns Haider für die Rechten war, ist Varoufakis für die Linken.

Nur die Schlussfolgerungen sowohl eines Marx als auch Varoufakis mit ihrem gesetzmäßigen Endziel der Geschichte einer "klassenlosen oder egalitären Gesellschaft" (historischer Materialismus) halten der Realität nie Stand und auch der Marxismus endete immer in einer Katastrophe (Stalin, etc...).

Erstens gibt es in der Geschichte keine Gesetzmäßigkeiten (Popper!) und zweitens müssen wir die anthropologischen Konstanten des Menschen (Egoismus, Gier, Besitzstreben, Neid, etc..) berücksichtigen. Schon deswegen wird es nie geben und gab es nie eine klassenlose oder gerechte Gesellschaft, sondern in jeder Gesellschaft bilden sich sofort staatliche oder religiöse Eliten und wer revolutioniert dann die ehemaligen Revolutionäre, die wiederum die neuen Eliten geworden sind (Castro, Chavez, etc..).

Wir müssen daher für die Eraltung einer "unperfekten Demokratie" kämpfen, weil sie noch immer die am wenigsten schlechte Staatsform ist (Churchill!).

Wir brauchen auch keine Herrschaft des Proletariats, denn auch wenn eine Begrenzung der Flüchtlingsströme für mich keine Frage ist, haben mich diese primär aus dem Volk kommenden Hasspostings und dieser Rassismus in den Postings der Medien sehr befremdet. Populismus endet immer in Faschismus und Führerparteien mit Abschaffung der Rechtsstaatlichkeit (Ungarn, Polen!). Also auch eine Diktatur des Proletariats wäre eine Katastrophe.

In der politischen EU hat sich zunehmend eine Elitenkultur entwickelt und das Wertesystem des neoliberalen Kapitalismus hat 90% Verlierer und 10% Gewinner gebracht und belastet auch die Gesundheit der Menschen. Sie kennen auch die berechtigte Kritik von Piketty, wonach 10% der Bürger rund 70% des Volksvermögens besitzen. Da stimmt etwas nicht mehr in der Verteilungsgerechtigkeit. Überdies kann man es heute nur mehr mit ererbtem Vermögen es noch zu (mehr) materiellem Wohlstand bringen, nicht jedoch mit dem Leistungseinkommen infolge einer ungerechten Besteuerung, welche Vermögen zumindest in Österreich unbesteuert lässt.

Der derzeitige Finanz-und Konzernkapitalismus begünstigt eine elitäre Minderheit, auch TTIP (= eklatanter Verstoß gegen das Transparenzprinzip einer Demokratie) und vieles mehr geht in diese Richtung. Die EU-Bürokraten (wobei unsere Politker um keinen Deut besser sind) lassen sich von Lobbyisten umgarnen und auch die Medien spielen großteils dabei mit.

Der Abstand zum EU-Bürger wird immer größer und ich kann auch ein BREXIT verstehen.Der Vordenker der Gerechtigkeit John Rawls hat u.a. auch das sog. "Differenzprinzip" postuliert, wonach politische Entscheidungen nur dann gerecht sind, wenn die Ärmsten im Lande (Prekaristen, Kleinstverdiener, Alleinerzieherinnen, etc..) den meisten Nutzen davon haben.

Die Brüsseler Bürokratie arbeitet jedoch primär nur den Eliten in die Hände. Das Volk begehrt dagegen mit Recht auf und wir müssen daher alles daran setzen, unsere demokratischen Strukturen wieder zu stärken und auch die demokratische Kontrolle (Rechnungshof, etc..) mit exekutiver Macht!!!! ausstatten.

Wir brauchen keine Weltverbesserer, sondern unsere demokratischen Strukturen bedürfen eines Frühjahrsputzes. Dazu fehlen uns jedoch dzt. die politischen Persönlichkeiten und auch eure Merkel mit ihrer unbedachten Moralkeule der "Willkommenskultur" hat Europa schwerstens geschadet. Ich bin für ihren Rücktritt, jedoch ich sehe keinen Nachfolger, der in der Lage ist, die Segel so zu setzen, dass wir wieder Fahrt zu mehr Demokratie aufnehmen.

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fischundfleisch

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dohle

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