In meinen Augen war er ein patriarchalischer Familientyrann, seine Kinder waren deshalb großteils gestört. Er hatte ein Verhältnis mit seiner Schwägerin und war ein Egomane und für ihn stand immer der Erfolg zugunsten der Wissenschaft und nie zugunsten des Menschen im Mittelpunkt - der Mensch war ihm egal.

Trotzdem hat er eine Zeitenwende im 20. Jh. eingeleitet und ohne ihn gäbe es auch die heutige Neuroscience nicht.

Freud - Summary:

o Entdeckung des Unbewussten !!!!(Vorläufer Schopenhauer, Nietzsche, etc..), wonach der Mensch nicht Herr in seinem eigenen Haus ist, sondern ein Knecht seines Unbewussten. Die unbewussten menschlichen Triebe hießen bei Nietzsche "Wille".

o Redekur (Psychoanalyse) !!!! von Breuer (Lehrer u.Gönner Freuds) gelernt und weiterentwickelt, auch bei Chacote in Paris lernte er (Hysterie/Hypnose). Die Erfahrungen mit der Hypnose öffneten ihm den Weg zum “Unbewussten”. Hypnose hat jedoch idR. keine nachhaltige, therapeurische Wirkung.

Die sexuelle Befreiung der Frau hat meiner Meinung dazu geführt, das es de facto heute keine krankhafte Hysterie mehr gibt.

Durch Aufdeckung und Verbalisierung von ins Unbewusste Verdrängtem kommt es zur Heilung von Neurosen, etc…. In meinen Augen sind dabei die Heilungschancen sehr gering, jedenfalls deutlich unter 50%. Freud hatte Therapieerfolge besser dargestellt,

als sie waren und Misserfolge verschwiegen.

o Verdrängung von (unangenehmen) Wahrheiten führen zu Neurosen und Vergrängtes kommt bei der Hintertür oft in anderer Gestalt wieder herein.

o Diverses (Ödipuskomplex, Sexualität der Kinder, Narzissmus, Traumdeutung - Traum als Königsweg ins Unbewusste.

Jedoch von der modernen Hirnforschung widerlegt, wonach Träume nur Abfallprodukte psychischer Verarbeitungen der Tageserlebnisse sind.

o Trieblehre (Sexual/Aggressions/Todestreib,etc….), Libidotrieb (die Überbetonung des Geschlechtstriebes kritisierte C.G.Jung), …. In einem Briefwechsel Einstein/Freud sind beide überzeugt, dass infolge des Aggressionstriebes auch künftige Kriege nicht vermeidbar sein werden.

o Kastrationskomplex und Penisneid - Schwachsinn weil zu sexualfixiert- offensichtlich einer Überreaktion Freuds wegen der rigiden Sexualmoral im jüdischen Großbürgertum des Fin-de-siecle.

o Sublimierung - wenn zB. eine Frau ihre Sexualität zugunsten künstlerischer Kreativität verdrängt, etc…..das gibts natürlich.

Beispiel Lou Salome:

https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/lou-salome-philosophin-schriftstellerin-hohepriesterin-des-intellekts-freudianerin-im-kino-25611

o Erste Topograie der Psyche (ICH/Vernunft und freier Wille; ES/Triebe ; ÜBER-ICH/gesellschaftliche Normenzwang), die noch heute weitgehend auch in der Neuroscience teilweise Geltung hat, so zB.: (Neo)Kortex im Gehirn = Vernunfthirn (ICH); Limbik im Gehirn = Emotionen (Triebe und Gefühle des ES) etc……. Hommage an Freud zum 160. Geburtstag

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Mittlerweile ist es ruhiger geworden um Freud, doch jahrzehntelang gab es leidenschaftliche Diskussionen darüber, ob er ein Befreier der Menschheit gewesen sei, ein Prophet, der die Menschen die Wahrheit über ihr Unbewusstes, ihre Sexualität und ihre oft mörderisches Triebleben lehrte.

Frauen tat er als minderwertige Geschöpfe ab, die unter Penisneid leiden. Er leugnete die Realität von Kindesmisshandlung und misschtete Schwule als infantil gebliebene Menschen, die es nicht zur Heterosexualität geschafft hätten.

Es ist aber auch an der Zeit, Freud nicht mehr als allmächtige Vaterfigur zu sehen. Seine Leistung muss im Kontext der westlichen Kulturgeschichte gesehen werden.

o Die Aufklärung:

hatte das Riesenprojekt auf den Weg gebracht, die Natur in den Begriffen der neuen Wissenschaften zu erforschen, und damit der Menschheit die Möglichkeit verschafft, ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen, was das Leben der Menschen in Europa und den USA seit dem 19.Jh.radikal verändert hat. Die Aufklärer hofften, dass die menschliche Natur letztlich rational erfassbar sei. Der Fortschritt würde nicht nur zur Beherrschung der Natur und auch zur moralischen Vollendung des Menschengeschlechts führen.

o Rationalisten wie Descartes und Leibniz nahmen an, der Mensch sei mit angeborenen rationalen Strukturen geboren, die, wenn man sie nur richtig anwendet, zur wahren Erkenntnis führen würden.

o Empiristen wie Locke, Hume und Mill nahmen an, dass der Mensch durch die empirische Erfahrung die Natur jenseits aller überkommenen Dogmen die Wahrheit erkennen könne.

o Freuds historische Leistung bestand darin, die Faszination des Irrationalen/Unbewussten hinzuzufügen. Er integrierte das Unbewusste ins Menschenbild der Aufklärung, und dies, obwohl dieses dem Aufklärungsoptimismus gänzlich zuwider zu laufen schien. Freud sah im Irrationalen keine Macht, die mysteriös und jenseits des rationalen Verständnisses war, er idealisierte das Irrationale nicht, sondern untersuchte es, die menschliche Psyche mit den Mitteln der neuen Evolutionsbiologie.

Er dachte, dass die verschiedenen neurotischen und psychotischen Krankheiten, die er untersuchte, evolutionäre Schichten des menschlichen Gehirns reflektierten. Diese Hypothesen sind mit dem heutigen Wissensstand nicht mehr zu vereinbaren.

o Freuds evolutionären Psychologie:

Freuds Hoffnung, dass die Schichten, die er durch klinische Forschung in psychoanalytischen Behandlungen kennengelernt hatte, letztlich auf eine biologische Basis zurückgeführt werden könne, hat sich aber in der neueren Forschung der letzten Jahrzehnte dramatisch bewahrheitet. Wie der Physiologie Nobelpreisträger Eric Kandel detailliert aufgezeigt hat, ist Freud einer der wichtigsten Begründer der modernen evolutionären kognitiven Neurowissenschaften. Freuds historische Rolle besteht darin, die begrifflichen Grundlagen für die moderne Hirnforschung gelegt zu haben.

Seine Grundthese:

der Mensch eine “unmögliche”, zerrissene Spezies ist, die aus verschiedensten evolutionären Schichten zusammengesetzt ist. Die Psyche ist deswegen auch ständig im Konflikt zwischen verschiedenen Funktionsweisen. Teile sind willens und fähig, die äußere Realität mehr oder weniger realistisch wahrzunehmen; aber andere, nicht weniger mächtige, sind nicht bereit, Wünsche und Begierden als unrealistisch aufzugeben.

Das Bedürfnis, von allmächtigen Autoritätsfiguren, wie den Eltern in der frühen Kindheit beschützt zu werden; Führerfiguren, etc.. Im Bewusstseins erkennen wir oft, wie irrational unsere Wünsche sind, aber im Unbewussten bleiben sie dennoch ewig präsent. So ist der Mensch von Natur aus dazu verdammt, in unlösbaren inneren Konflikten zu leben.

Alle großen Religionen und Philosophien haben sich immer wieder mit der Frage auseinandergesetzt, warum der Mensch dazu tendiert, unglücklich zu sein und seine Existenz als unvollständig erlebt, und warum er nicht fähig ist, sein Leben rational zu gestalten. Man denke an Adam und Evas Sündenfall, der zur Vertreibung des Menschen aus dem Paradies führte – ein Mythos, der später von Augustinus in der Theorie der Erbsünde neu formuliert wurde, die auf die Geschichte des Christentums einen enormen Einfluss hatte.

Der Kampf zwischen dem Geist und dem Körper:

wurde zu einem Hauptthema der westlichen Kultur, in dem das Leid des Menschen zu einer Frage seiner Moral erhoben wurde. Ein Teil der jahrtausendealten Faszinations- und Anziehungskraft der großen Religionen bestand seit jeher darin, dass sie unserem Gefühl der Unvollständigkeit und unserer Unfähigkeit zum stabilen Glück einerseits eine prägnante Interpretation gaben und dass sie andererseits eine Erlösung davon zumindest im Jenseits versprachen (Hoffnungsspender).

Die Aufklärung hat ihr Versprechen in zwei Jahrhunderten grossangelegter politischer Experimente nie ganz einzulösen vermocht. Das spätkapitalistische Versprechen unsere Tage, Glück sei entweder durch eigene Leistung zu erreichen oder wenigstens käuflich, stellt sich je länger desto mehr als trügerisch heraus.

Freud hält eine Psyche dann für gesund, wenn sie mit den Unzulänglichkeiten und Frustrationen des Lebens umzugehen vermag. Freud versprach seinen Patienten nicht Glück, sondern ein Mehr an psychischer Freiheit und diese erfordert die Anstrengung, in der Wahrheit zu leben. Freuds relevantes Erbe besteht in seiner Grundthese, die menschliche Psychodynamik sei aus prinzipiellen Gründen nicht für ein dauerndes Glück gebaut.

Der Harvard-Psychologe Daniel Gilbert hat in einer Serie von Experimenten gezeigt, dass wir konsequent falsch einschätzen, was uns Ruhe und Befriedigung gibt.

2 Mythen unserer spätkapitalistischen Kultur sind empirisch falsch:

a) wir denken, dass finanzieller Erfolg uns glücklicher machen wird, und

b)dass je mehr Auswahlmöglichkeiten wir haben, desto besser es uns gehe.

Gilbert hat in einer beeindruckenden Serie von Experimenten und Langzeitforschungen überzeugend bewiesen, dass das ständige Bewusstsein von Alternativen uns unfähig macht, zu genießen was wir haben.

Die menschliche Natur ist für stabiles Glück einfach nicht gebaut. Diese These vom Nobelpreisträger Daniel Kahneman zusammen mit seinen Mitarbeitern hat diese Erkenntnis ebenfalls immer wieder dokumentiert.

Gilbert ist der Ansicht, Menschen könnten sich ständiger Enttäuschung und unnötigem Unglück nur dann entziehen, wenn:

Sie das tun, was unser Konsumkultur am am Fernsten liegt,zu begreifen, dass unser Übermaß an Begierden uns von einem Holzweg zum anderen schickt. Für diese, unserer heutigen Kultur fremden, aber wichtigen Einsicht, bleibt Freud ein Denker, dessen Werk für unsere Zeit hochrelevant ist.

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Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 19.09.2016 00:24:19

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