Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber das viele Jammern, das derzeit fast überall zu vernehmen ist, tut uns allen nicht gut. "Früher, da war alles besser" – jaja, aber woher wollen wir das wissen? Wie es unseren Eltern und Großeltern wirklich gegangen ist, das lässt sich aus heutiger Sicht schwer sagen. Ich weiß noch, wie früher gespart wurde, weil schlicht wenig da war, oder hatten Sie Eltern, die in der Woche mehrere Tausend Schilling einfach so ausgegeben haben? Bei mir war das jedenfalls nicht der Fall.
Heute wird mit Geld teils lockerer umgegangen, da werden Hunderte Euro in der Woche allein für Lebensmittel ausgegeben und die Kinder, die haben auch viel mehr Spielsachen als früher. Natürlich gibt es Armut, auch viel neue Armut, das sei klar gesagt, aber vom ständigen Schlechtmachen unseres Landes und seinen Gegebenheiten haben wir nichts. Noch immer geht es uns in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut, allgemein betrachtet, und für einen Großteil der Armen in diesem Land gibt es ein relativ gut funktionierendes Auffangnetz. Dass es noch besser sein kann, das stimmt natürlich, aber das liegt in unseren Händen, daher muss sich jeder für sich selbst gut überlegen, wen er bei den nächsten Wahlen seine Stimme gibt.
Ich selbst komme aus der Finanzwelt, sitze im Vorstand der Wiener Privatbank. Seit Jahren bekomme ich zu hören, dass die goldenen Jahre für Banken vorbei sind, dabei stehen wir schlicht vor neuen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Nur weil derzeit die Immobilienpreise steigen, muss nicht gleich vor einer "Blase" gewarnt werden, auch der Aktienmarkt wird zu unrecht schlecht gemacht. Anlegern und Wirtschaftsinteressierten sei gesagt: Die Party ist gut im Laufen, es sind nur noch nicht allzu viele Gäste da. Aber die kommen noch, da bin ich mir ganz sicher. Die Wiener Börse und die meisten börsennotierten Unternehmen sind besser als ihr Ruf – wir täten also gut daran, mehr Optimismus zu verbreiten.
Warum wir optimistisch sein sollten
Warum wir auch in wirtschaftlicher Hinsicht an Europa im Allgemeinen und an Österreich im Speziellen glauben sollten, liegt unter anderem an folgenden Faktoren: Das langsame Aufbrechen von Regulatorien (Telekom, Versorger), das derzeit zu beobachten ist oder auch an neuen europäischen Infrastruktur - und Konjunkturpaketen, die gerade verstärkt geschnürt werden. Europa hat eine starke Zukunft, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, davon bin ich überzeugt. Unser Analyst Bernhard Haas sagt zurecht, dass viele österreichische Unternehmen unterbewertet sind. Ausländische Investoren sehen uns besser als wir selbst – wir können auf Innovationsunternehmen aus Österreich wirklich stolz sein.
Ein Schlusswort noch: Meine Kollegen und ich arbeiten seit Jahrzehnten an der Börse, hätten wir auf die vielen negativen Stimmen gehört, wären wir sicher nicht dort, wo wir heute stehen. Vor kurzem hat mich ein Journalist gefragt, was wir denn tun müssen, damit es uns 2050 als Bank überhaupt noch gibt – eine aus meiner Sicht sehr gute, berechtigte Frage. Wir haben vor Jahren eine Strategierichtung gewählt, an der wir festhalten: Wir bleiben lieber eine kleine, spezialisierte Bank und nehmen das Match mit Industriegiganten, die das Bankgeschäft auf Knopfdruck betreiben, erst gar nicht auf, bei uns soll die Beratung im Fokus stehen.
Ich denke, dass es umso wichtiger wird, auch für KMUs, auf Nischen zu setzen und gegen den Strom zu schwimmen. Dann gebe es auch weniger zu jammern.
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