Allmählich gewöhnte ich mich an meine neue Umgebung und da ich schnell herausfand dass auf ein erstes Quieken gleich reagiert wird, in dem der Reinigungs- oder Fütterungsbeauftragte erscheint, genoss ich mein Dasein und legte an Masse zu. So ging es auf und ab, also den Berg hinunter zum Kinderarzt, und wieder hinauf. Und schließlich war er da der Tag der mir gleich klar machte, dass du keinem trauen darfst - der Tag der Taufe.

Frisch gewaschen, satt und in leichtem Dämmerschlaf ging es im Ford Taunus - der Käfer musste aus Komfortgründen weichen - gefolgt vom Großvater auf seiner Puch SGS, am Sozius die Großmutter, welche diese Fahrt mit "des nexte mal geh i zfuas. Bei deina Fahrweise und der Schauklarei musst froh sein, wann i da nit ins Gnack speib!" kommentierte. Großvater zuckte mit den Schultern und entgegnete :"Entweder des, oder i kaf a Maschin de lauta is, wia dei Semparei!" Die Stimmung ging also gleich bergab, wie der Weg zur Kirche.

Der Taufpate war bereit, der Pfarrer auch, die Großeltern stoppten ihren Disput beim Durchqueren des Tores und der große Bruder wollt partout nicht in die Kirche, weil "da drin immer so kalt is und alle so komisch singen" - was ihm gleich von der anderen Oma eine Rüge einbrachte:" Des hat da Herrgott hiatz gheat und sowas mag er nit. Und wenn da Herrgott grantig is dann donnerts!" Oma war ja schließlich Messnerin und der Bruder hatte Angst vor Gewittern. Früher war Erziehung eben noch effektiv.

Die Taufe: Das Kind erwacht rechtzeitig genug um dem Pfarrer auf die Soutane zu kotzen (wem das zu eklig ist, der möge jetzt vor scrollen) als dieser es zur Begrüßung auf den Arm nimmt. (Wortspiel nicht gewollt) "Ach hat er grad erst was zum essn kriagt?" Etwas verlegen die Antwort der Mutter:" Na, werd wohl die beitlarei beim obafahrn nit vatrogn habn"! Der Pfarrer hart ihm nehmen, selbst Vater von drei Kindern, (offizielle - der Pfarrer ist evangelisch - ich wurde es also auch) reicht das Kind weiter an den Taufpaten, der sogleich die nächste Ladung ab bekommt, was der Pfarrer leicht schadenfroh mit der Bemerkung :"Des werd hiatz wohl alls gwesn sein" ab tut. Hatten die doch alle glatt die Rechnung ohne das Kind gemacht. Das Taufkleid stört und wird entfernt und weil das Kind wie Gott es schuf sich präsentiert, die Kirche ziemlich unbeheizt ist, und das Wasser wohl nicht wärmer, beschließt es kurzerhand das Taufwasser im Becken gleich selbst anzuwärmen. Erstaunter Blick des Pfarrers :" Der hat hiatz ja wohl nit echt ins Becken gmacht?" Betretenes Schweigen hallt ihm entgegen. Das Kind hat seine Meinung kundgetan zur Aufnahme in die Gemeinschaft und beschließt dass es Zeit ist zu schlafen, da vermutlich nichts Interessantes mehr folgt. Der Vater lässt zusätzlich 50 Schilling springen, um die Kirche versöhnlich zu stimmen. Der Pfarrer schlägt die Einladung zum Essen aus mit den Worten "Na danke, is ma zu gefährlich, gschissn hat er a noch nit da Bua!" Opa grinst unentwegt, Oma möchte sich endlich hinsetzen und die andere Oma meint :" des war a Schmäh vom Herrn Pfarrer, der hat noch a Beerdigung heit"! Das Kind schläft noch immer. (Bis heute bin ich mir nicht sicher ob der Pfarrer es nicht doch ernst meinte?!)

Die Taufe wäre also geschafft, das Essen vorbei und Oma weigert sich bei Opa am Sozius Platz zu nehmen :"Nochmal steig i da nit aufe auf den elendign Bock! Schon gar nit wann der fahrt wia da Henka!" Also fährt der Vater Oma, Frau und Kind nach Hause und Opa folgt mit dreistündiger Verspätung, weil "des drecks Graffl nit anspringen wollt!", was auch die leichte Mostfahne erklärte. Oma meint nur dazu, dass " er vielleicht rauschig eh bessa fahrt wia als a niachta" und straft ihn mit 5 Tage Schweigen.

Opa sagte später dazu "wenn i des früher gwusst hätt..."!

Somit war der letzte Schritt für den Beginn einer erfolgreichen Kindheit getan und ich konnte mich darauf konzentrieren das Leben meiner Mitbewohner gehörig auf den Kopf zu stellen. Was freute ich mich schon auf Krabbeln, Laufen, Kindergarten und Schule. Und weil Papier so teuer ist und ich Angst habe, dass die Tastatur das nicht aushält über springe ich ein wenig Zeit und steige im Alter von vier Jahren wieder ein.

Doch davon im nächsten Teil....