Der ländliche Alltag ist ja nicht nur rosig, gerade auf einem Bergbauernhof fällt genug Arbeit an, so dass keiner leer ausgeht. Von klein auf wird einem der bäuerliche Stolz vermittelt und wie stolz wir alle waren. Ich würde den Teil meiner Kindheit um nichts tauschen wollen. Wir hatten Nichts und doch mehr als viele andere. Zumindest kannten wir keine Langeweile. Wie schon zuvor erwähnt hatte ich zwei Hasen um die ich mich kümmern musste, doch mit den Jahren steigt die Verantwortung. Schließlich wurde ich für reif genug befunden die Hühnerschar unter mein Kommando gestellt zu bekommen. Voller Stolz nun ein richtiger Bauer zu sein, "Weil wann wenig als drei Stuck im Stall hast bist lei a geischla (nein keine japanische Animierdame = Geisha. Keuschler, was aber auch nicht von Keuschheit kommt. Genug, bevor ich mich selbst verwirre) wie Großvater zu sagen pflegte. Und ich hatte mehr als drei Stück, mehr als Finger.

Also hieß es früh aufstehen, den Hasen Klee und Grasschneiden mit der Sense, die Großvater extra in Miniaturform angefertigt hatte, "weil mitn Motormaher kann jeder Todl mahn" und den Hühnern Körner und Wasser geben. Nur die Hühner waren mit der Wahl des Schuhwerks nicht einverstanden. Die rote Farbe der Gummistiefelchen reizte sie zu massiven Pick- und Hackattacken auf selbige. Drum zog ich diese kurzerhand aus und erledigte meine Arbeit barfuß. Mutter bemerkte dies, freute sich mit den Worten :"ja spinnst du? Bloshaxat durchn Dreck, de stinkatn fias kannst da im Bachl waschn, ins Haus gehst ma damit nit!" über meine Erdverbundenheit. Mich störte es ja nicht und ich rechtfertigte mich mit "Wenn die Hehn die Stiefel nit megn! Wann i a schwarze hätt, wars bessa!" Welche ich dann auch bekam.

Waren die Hühner gefüttert musste ich sie in den "Hehngartn" treiben, und dabei alle abzählen, damit keine zurückblieb, was bei einer aufgeregten Hühner Schar nicht so leicht war "weil de dumman Hehn ja ka ruah gebn, dass i se zählen kann". Eines der Hühner hütete ich wie einen Sack voll Gold, die arme alte Glucke wurde von ihren Kolleginnen gemobbt und misshandelt, musste ständig Federn lassen. Darum verirrte sie sich des öfteren auf unerklärliche Weise auch unter das Bett im Kinderzimmer, sehr zum Leidwesen der Mutter " des Vieh hat im Haus nix valurn! Kannst ja du im Stall schlafn!" Was mir dann aber auch nicht gestattet wurde.

Eines Tages läutet vormittags zu Hause das Telefon:" Gutn Morgn Frau ****, könnten sie bitte unverzüglich ins Direktorat kommen, es geht um Ihren Jüngeren! " - "Mei was hat er denn schon wieder Angestellt?". (Zur Erklärung, ich war nicht schlimm, nicht frech (erfrischend ehrlich aus heutiger Sicht) und hab nie etwas mutwillig zerstört, aaaber, ich hatte laufend gerettete Tierchen mit. Blindschleichen, Vögel, Mäuse, Kätzchen, sogar mal eine RingelNatter.) " Ihr Sohn ist heut mit einer ziemlich zerupften Henne erschienen! " - "Was? Des is hiatz aber a Schmäh?!"

Nein, es war keiner. Ich konnte ja die arme alte Glucke nicht bei den anderen lassen. Also musste die Mutter die Henne holen fahren und ich durfte wieder mal ein paar Sätze schreiben. Auf das heim kommen freute ich mich nicht. Denn die Strafen die das Matriarchat verhängte, waren hart und meistens schmerzhaft. Das schlimmste war der Hausarrest. (Aber das soll hier kein Thema sein).

So begann also der Tag mit Stallarbeit, 6km Fußweg zur Schule, wobei unterwegs immer mehr Kinder dazu stießen. Die Bauernkinder hatten alle den gleichen Duft an sich, was heute undenkbar wäre, doch damals war es an einer Landschule kein Stein des Anstoßes. Die Nichtbauern unter den Mitschülern spotteten uns auch nicht - hauptsächlich weil im Falle einer Rauferei, wir ja die Stärkeren waren. In der Hauptschule sah das dann schon anders aus, da lernte ich dann mit der Zeit die Schulordnung im Schlaf zu schreiben, denn ich bekam sie oft genug aufgebrummt, ging ich Problemen nicht aus dem Weg, sondern stolperte mitten in sie hinein.

Die Jahre der Hormone und Sanktionen:

Endlich waren die Jahre der Volksschule geschafft, abgeschlossen mit alles Einsern, was die Lehrer auf die glorreiche Idee brachte, man könne mich ja aufs Gymnasium schicken, was bei mir nicht grade auf Begeisterung stieß, denn das hieße alle Freunde zu verlieren. Und für mich stand eines fest:" für was brauch i des, da Nachbar hat gsagt mitn Gymnasium kannst lei Pfarrer oder Arzt werdn". Beides wollte ich nicht werden also ging es ab in die Hauptschule. Vielleicht wär das Gymnasium ja besser gewesen, denn eine Kopfnuss, Ohrenreiber, oder Ähnliches war als Strafe legitim und von den Eltern der Kinder geduldet.

Zu meiner Zeit gab es den Begriff "Erntefrei", das bedeutete dass zur Zeit der ersten Mahd die Kinder der Bauern Schulbefreit waren. Genauso für das Zäunen der Almweiden oder dringender Forstarbeiten. Eine Lehrerin, frisch vom Studium und eine richtige Stadtblume fand das nicht in Ordnung und rief zu Hause an:" Die Bildung der Kinder durch Arbeit zu beschneiden ist ein Witz. Sie können ja auch am Wochenende diese Arbeit einplanen!" Das kostete meinen Vater nur ein Lachen und "Ja Dirndl, wann du schaugst dass am Wochnend imma die Sun scheint, werd i des Heign aufn Samstag valegn!" Nach dem fünften Telefonat gab sie es schließlich auf. Vermutlich war der Wortlaut überall in etwa das Selbe.

Zumindest brachte ich die Lehrer auch ohne Streiche zum Verzweifeln, da meines Wissens nach die Lehrer nicht viel wussten. Sagte doch die Lehrerin in Biologie der ersten Klasse, dass Buben mit frühestens 13 in die Pubertät kommen, was ich gleich mit "des kann nit sein, i hab hiatz schon Haar" dementierte. Das war ihr wohl peinlicher als mir. Ich genoss die Unmenge neuen Wissens dass uns eingetrichtert wurde, gerade Geschichte und Chemie hatten es mir angetan. So durfte ich dabei assistieren die Chemikalien für die Versuche aus dem Magazin zu holen. Blöderweise fand immer eine kleine Menge von Diesem und Jenem den Weg in meine Tasche. So auch ein Stück Magnesium, und wie es dadurch dem Schulteich ergangen ist kann man sich denken. Meine Eltern kannten die Reaktion nicht, aber dafür dann die des Rektors. "Ihr wahnsinniger Sohn hat heit den Schulteich gsprengt." Tja was soll ich sagen, ich machte die Physikalische Erfahrung von Reibung durch Hand des Vaters auf meiner Backe. Doch was lernt ein Teenager daraus? Richtig - Nichts!!! Da hatte ich doch mal gelesen wie man provisorisch Napalm herstellt. Man nehme: 3 Mittäter, einen Blecheimer, einen Liter Diesel, 3 Liter Benzin, eine gute Schaufel voll Kunstdünger (Nitrate) und drei Hand voll Seifenflocken (Phosphate). Nun vermenge man dies gut, nehme ein Streichholz, zünde das Ganze an und warte darauf bis einer der Mittäter dies in seiner Panik in den Bach tritt. Keine Frage, der Ausgangspunkt der Attentäter war leicht zu ermitteln als die Flammen lustig Richtung Dorf sich schlängelten. "Närrische buam, i frisch eich her bis da a**** gleich brennt wias Bachl!" - na so hatte ich mir das Lob für die Anwärterschaft zum Nobelpreis nicht vorgestellt.

Wir hatten aber noch Respekt vor fremden Eigentum und so gab es nie irgendwelche Beschädigungen. Also nicht durch uns verursacht. Nicht direkt. Na gut, ein bisschen. Kam mir doch eine gute Idee die Bevölkerung zu beschäftigen. "Da Opa hat an haufn Vorlauf vom Schnapsbrennan, machma die Nachbarfockn (Schweine) rauschig." Gesagt getan, Brot in Vorlauf getränkt, Schweine damit gefüttert. Das torkeln war ja lustig, das umfallen auch, doch wie beim Menschen verträgt auch nicht jedes Schwein gleich viel. Der 250kg Eber beschloss einen Ausflug ins Dorf und zog eine Spur der Verwüstung durch sich und konnte nur durch 12 gezielte ( gezielt??? ) Schüsse des Dorfgendarm gestoppt werden. "A so a rabiats Vieh hab i noch nia dalebt. Aber dann wia er hinig duat glegn is, hab i den Schnaps grochn." Warum der Gendarm wusste dass das der Zwetschgenvorlauf meines Opas war weiß ich nicht aber die Frage "A hast schon mal zamen mitn Fock gschnappslt?" besserte meine Situation nicht wirklich. "Da musst ja Angst kriagn, da Dumme was nit was er für bledsinn macht, da gscheide wia man glei an festen macht" meinte meine Oma dazu. Die 14 Tage Hausarrest und das beheben der entstandenen Schäden bestrafte sie mit 5 Schilling täglich, weil "da Bua was eh dass a bledsinn war, aber a Eis (ja, damals gabs ein Jolly für 5 Schilling) macht des arbeiten glei leichta!";) Was hab ich diese Frau geliebt.

Als die Mädchen interessant wurden, hörten viele Probleme auf. Dafür kamen neue, viiieele neue hinzu.

Davon im vielleicht nächsten Teil .... Sonst müsst ihr auf das Erscheinen des Buches warten... Schau ma mal, dann seg ma schon!"

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Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:12

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