Kaum zu glauben, aber es ist doch schon so lang her als ich jung war, dass das Wort "Früher" ordentlich Gewicht hat. Hab ich das "als ich noch jung war" immer gehasst, und jetzt ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich Gespräche mit meinen Kindern so einleite...

Als ich noch jung war, war alles noch viel unschuldiger und unbeschwerter. Mädchen sahen mit 14 aus wie 14 und Jungs fanden sie auch dementsprechend interessant, was auch daran liegen mag, dass die Mode, durch Rüschenkragen und Schlabberpullis die interessanten Details zu gut versteckte. Oder auch daran, dass die Schminkgewohnheiten nicht durch Sponsorenverträge mit Röfix oder STO beeinflusst waren.

Klar hatte ich die sogenannte "fixe" Freundin, was sich allerdings darauf beschränkte bei Schulausflügen, im Bus nebeneinander zu sitzen und in der Öffentlichkeit ganz provokant "Handle schwitzn", wie Hand in Hand zu gehen romantisch genannt wurde. Seltsamerweise beschränkten sich diese Beziehungen auf Exkursionen und Wandertage. Außerhalb der Schule kann ich mich nicht erinnern gemeinsame Zeit verbracht zu haben.

Nicht dass ich nicht, hormonbedingt, interessiert war am anderen Geschlecht, doch reizte mich die junge Mathematiklehrerin mehr. Eine dralle Endzwanzigerin, die nicht gerade mit ihren Reizen geizte. Was nicht nur das Lehrerkollegium erfreute, den männlichen Schüler aber nötigte, ja nicht aufzufallen im Unterricht, um nicht gar an die Tafel zu müssen.

Bei Schulsportwochen achteten die Lehrer darauf uns sanft ans andre Geschlecht heranzuführen. Der Blitz möge dich beim Schei*** treffen, du der du grad versautes interpretierst. Harmlose Spiele, wie die Sicherheitsnadel zu suchen mit verbundenen Augen und dergleichen. Wo das Lehrpersonal darauf bedacht war gewisse Körperteile gut zu bewachen. Aber es ging nur um die Nähe an sich.

Dann kam die allseits bekannte Wienwoche. DIE Reise in die Großstadt. Praktisch eine Fahrt in die "große weite Welt"!  Für uns Kinder von Berg war ja Klagenfurt schon unfassbar groß. Aber Wien. Das war eine andere Größenordnung. Und gefährlich, wie uns die Eltern erklärten.

Da wir wussten, dass in der Jugendherberge auch andere Schulklassen aus dem restlichen Österreich sein würden, fuhren wir alle vorsichtshalber als "Singles" nach Wien. Am ersten Abend war Regenwetter, also wurde im Aufenthaltsraum unseres Stockwerks kurzerhand ein Karaokewettbewerb mit anschließendem Tanzvergnügen organisiert. Der Ghettoblaster dröhnte Dr.Alban, die FourNonBlondes, Scooter und Ace of Base raus, während wir dazu mit Luftgitarre performten und mit Kleiderbügeln auf den Reisetaschen das Schlagzeug immitierten. Sieger gab es keinen, war aber auch nicht so wichtig, da es eh keine Preise zu gewinnen gab. Das Tanzvergnügen lief so ab,  dass links die Mädels saßen und rechts die Jungs und bis auf einige Kopfnicker von Tanzenden nichts zu sehen war. Doch dann ergriffen die Lehrer die Initiative und legten die Kuschelrock 5 auf. Holten sich die Schüler und ZWANGEN uns mit Ihnen zu tanzen. Da ich dem ganzen nicht abgeneigt war ließ ich es zu und nutzte den engen Kontakt aus, um die Hände gleich etwas tiefer anzulegen und am Busen des Lehrkörpers zu lauschen. Die halbe minute war es wert danach 20 minuten in der Hocke zu stehen und danach einen 5seitigen Aufsatz zu schreiben.

Am letzten Abend dann Kellerdisco für das ganze Haus. 12 Schulklassen im selben Alter, Softdrinks, Rauchfrei (heut kaum zu finden, leider) und ein Pool voller Hormone. Und da die Chance nie größer war gleich den Suchmodus aktiviert...

Blickkontakt suchen, vermeintliches Interesse zu erkennen versuchen, ein Zwinkern....angebissen? Ja. Sie hat. Lässig rüber schlendern, ein cooles "Hi. Und von wo bist du?" und das Eis ist gebrochen. Gleich den nächsten L'amour-Hatscher nutzen um Kontakt zu erweitern. Aus Vorradelberg isch gsi. Ok. Als viel Konversation wirds nicht geben, da sie ja kaum über Deutschkenntnisse verfügt. Aber darum gehts ja jetzt nicht mehr. "Natascha. Schöner Name, fast so schön wie deine Augen"...ein Kichern. Läuft!!! (na probier das mal heut) Distanz beim Tanzen verringert sich auf die Stärke eines Löschpapierblattes. Ihr Kopf an meiner Schulter. "Du riechst aber gut!" Was soll ich sagen...AXE Africa hält was es verspricht. Nach dem dritten engen Tanz, komplett fertig von der Anstrengung , Körperfunktionen unter Kontrolle zu halten, wird es Zeit für einen Spaziergang. Die Unbeleuchteten Hauseingänge Wiens sind ja quasi eine Sehenswürdigkeit und helfen ungemein dabei soziale Kontakte zu erweitern. (Heutzutage vermutlich nicht mehr).

Wer nicht wagt gewinnt und "Wer lång frågt, der geht lång irr!" wie Opa so schön sagte. Der Erste Kuss muss mein sein. Es Kribbelt im Bauch. Ich zieh sie an mich. Angstschweiß bildet einen Sturzbach im Nacken beginnend. Die Lippen treffen aufeinander. Hey....gar nicht so übel. Schmeckt nach Erdbeere. Lipgloss vermutlich. Können wir lassen. Doch halt! Warum fragt sie nicht um einen Kaugummi. Warum will sie meinen haben. Warum will sie ihn mit der Zunge selber holen. Aaahhh....ok....das ist also ein Zungenkuss. Nicht schüchtern also die Kleine aus dem Montafon. Na dann leg ich meine Schüchternheit (😉) auch mal ab und schiebe meine Hand versehentlich unter das Shirt der holden Maid.

Was soll ich sagen...mir gefiel es. Ob es Ihr auch gefiel kann ich nicht sagen. Eine Kopfnuss beendete unsanft das Vergnügen und während der Discoabend für die Anderen weiterging, saß ich, unter Aufsicht des kopfnussverteilenden Lehrkörpers, im Zimmer und schrieb wieder mal einen Aufsatz.

Schön war sie schon die Jugend. Und unschuldiger als heutzutage auf jeden Fall.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 20.09.2016 00:38:54

Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 19.09.2016 15:40:55

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