Was gerade in Moskau zwischen Putin und Xi Jinping geschmiedet wird, ist die Geburt eines Monsters: Behemoth. Ein Untier aus der hebräischen Mythologie, das die größte Landmasse der Erde beherrscht. Die vorgeschlagene Brücke zwischen den beiden Riesenreichen würde einen neuen Superkontinent schaffen, der politisch und wirtschaftlich sich selbst genügt und den Rest der Welt in die Abhängigkeit zwingt. Russlands Ressourcen auf der einen Seite, Chinas Hightech-Fabriken auf der anderen Seite. Klingt nach einer ziemlich effektiven Vernunftehe. Alle anderen bekommen, was übrig bleibt. Und für Putin ist es die Rettung aus höchster Not.
Schon der deutsch-amerikanische Soziologe Franz Neumann hat Anfang der 40er ein ziemlich gutes Buch über Behemoth geschrieben, das ich im Studium gerne gelesen habe. Aus seiner Sicht war Behemoth das Dritte Reich in seinem Hunger nach totalitärer Kontrolle über die europäische Landmasse. Dabei herrschte das Monster durch Terror und in dem es gleichzeitig ein Vakuum aus Chaos, Aufhebung der Gewaltenteilung und völlige Gesetzlosigkeit erschuf. Dinge, die wir heute - zumindest ansatzweise - auch in Russland wiederfinden. Zusammen mit dem ebenfalls totalitären China erwächst daraus eine massive Bedrohung der übrigen Welt. Müssen wir uns jetzt Sorgen machen, komplett abgehängt zu werden? Eher nicht.
In der Tat klingt das ganze schwer nach Superschurken-Kino. So wie der deutsche Behemoth an seinen inneren Widersprüchen, seiner Strukturlosigkeit und seinen chaotischen Willkür-Mechanismen zerbrochen ist, so wird es auch den beiden Godzillas aus Fernost schwerfallen, ihre Kräfte zu bündeln. Denn dazu müssten sie erst einmal Kräfte haben. Russland ist auf seine Rohstoffe reduziert, die es in Zukunft angesichts der Energiewende des Westens nur noch zu Dumpingpreisen verschleudern kann. Und China wird noch auf Jahre vom Technologietransfer und von den Absatzmärkten des Westens anhängig sein, um seine Rolle als Supermacht zu festigen.
Und dann gibt es immer noch ein Monster, das von den Landmächten beharrlich unterschätzt wird: Leviathan, das mythische Seeungeheuer. Für Thomas Hobbes der Inbegriff des allmächtigen, aber aufgeklärten Staates, der auf allen Weltmeeren sein Zepter schwingt: Britannia rules the waves - wenn man so will. Auf heute übertragen: Die Globalisierung, die am Ende noch jedes abgeschottete Landmonster besiegt hat, weil der Leviathan in allen Akteuren steckt, die an Freiheit glauben und an die Unabhängkeit von totalitären marktbeherrschenden Systemen.
(Karl Kobs)