Am Abend des 22. August 1992 beginnen in Rostock-Lichtenhagen die rassistischen Angriffe auf die Menschen in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber u. dem Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter. Vier Tage dauerten sie an. Tausende Anwohner applaudierten.

1992 – Wer erinnert sich? Es war die Zeit, als so viele Asylbewerber kamen wie derzeit – fast eine halbe Million jährlich. Eine Zeit, in der die Republikaner ihren Strohfeueraufstieg begannen, in der die Kriminalitätsrate durch Ladendiebstähle, ausländer- und asylrechtliche Verstöße in die Höhe schnellte und sich Deutschland mit dem Dublin-Abkommen der sicheren Drittstaaten für Jahre ein sanftes Ruhekissen fürs Gewissen schaffte.

Es war auch die Zeit, in der der Raubzug des Kapitalismus im Osten wütete und der Zug der Raubritter in den Konzernzentralen ihren Höhepunkt erreichte. Firmen waren billigst aufgekauft, die Menschen freigesetzt und die Wirtschaft endgültig eingestampft. Wer noch Vermögen hatte, dem wurde von den Lebensversicherern, Bausparkassen und Immobilienfond auch dieses noch aus den Taschen gesogen. Legal? Per Gesetz ja! Moralisch und anständig? Mitnichten!

Diese Tage jährte sich Rostock-Lichtenhagen mit den schlimmsten Ausschreitungen gegenüber Asylbewerbern in der bundesdeutschen Geschichte zum 31sten Mal. Rassismus und Verachtung wurden offen zur Schau gestellt, die Polizei gab sich überfordert und die Welt war von den Bildern aus dem neuen Deutschland, das doch so friedlich die Mauer niederriß, geschockt.

Es war nicht einfach nur ein rechtsradikaler, rassistisch motivierter Überfall auf Migranten. Ein Mob aus Randalierern und Rechtsradikalen griff vor den Augen der Weltpresse Menschen mit Steinen und Brandsätzen an; Nachbarn applaudieren.

Es war ein Pogrom, unterstützt und geduldet von der großen Massen der Beisteher.

Es war ein Tabubruch. Bestärkt durch eine unfähige Polizei konnte in Deutschland erstmals seit Ende des zweiten Weltkrieg wieder im Namen des Volkes gebrandschatzt werden.

Die Konsequenzen, die die damalige Regierung daraus zog, war noch schockierender. Statt sich dem xenophoben Mob entgegen zu stellen und den Rechtsstaat durchzusetzen, verschärfte sie das Asylrecht und gab so den Rechten den Eindruck, sie hätten mit ihren gewalttätigen Aktionen Erfolg gehabt. Kohl weigerte sich nach Mölln, Solingen und nach Lichtenhagen zu fahren. Stattdessen verharmloste er die Ausschreitungen und verwies auf die gestiegene Kriminalitätsrate.

Merkel, damals eine unbedeutende Ministerin aus dem Osten diskutierte verständnisvoll und fotogen mit den Neonazis. Die Gewalt der Neonazis wurde dadurch praktisch legitiert.

Heute begegnen wir wieder Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und auf Gewalt von Rechts. Und wir haben Terrorstrukturen wie Freital/360 und die NSU, die Aktionen gegen Ausländer, Flüchtlinge und Minderheiten ausführen. In Clausnitz und in Heidenau versuchten Bürger den Zuzug von Flüchtlingen zu verhindern.

Unsere Politik hält wieder die gleichen Lösungen bereit. Sie versucht durch Kriminalisierung die Flüchtlinge und durch Pakte mit Diktatoren dem Ausländerhass der Rechtsextremen Herr zu werden. Mit den schon 1992 bekannten populistischen Phrasen über die immer kriminellen Ausländern und linksgrünen Naivlingen versucht sie Wählerstimmen aus dem rechten Lager zu gewinnen.

Seit Jahren herrscht wieder Krise, die Banken und Konzerne machen Milliardengewinne, die Masse der Menschen hat nichts vom Wirtschaftsboom und der Fokus der Wut richtet sich wieder auf die Schwächsten, die gerade greifbar sind.

Haben die Lichtenhagen-Lichterketten und der Schock der damals um die Welt wogte, das Denken der Menschen verändert? Hat die Gesellschaft daraus gelernt?

Gelernt haben wir nur, dass sich Geschichte wiederholt. Je weniger aus ihr gelernt wurde, desto schneller wiederholt sie sich.

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