Was ist hier los?

Trump wird angeschossen und unmittelbar danach erscheint ein scheinbar sorgfältig komponiertes Foto im Netz:

Trump erhebt sich aus dem Umfeld der ihn umgebenden Menschen und ballt die Faust gegen den blauen Himmel, vor dem die amerikanische Flagge weht. Das Bild wirkt so, als ziehe er in den Kampf. In Wirklichkeit ist er gerade einem Attentat entkommen.

Das Motiv, das dabei mobilisiert wird, ist in unserem kulturellen Gedächtnis verandert. Es hat seinen Ursprung in einem Gemälde, das Eugene Delacoix vor 225 Jahren unter dem Titel "Die Freiheit führt das Volk" gemalt hat. Auf dem pyramidal angeordneten Bild ist einen Frau als Sinnbild der Revolution zu sehen, die mit ihrem Arm die französische Fahne gegen den Himmel streckt.

Das Gemälde gilt als Bild der Revolution schlechthin und lässt sich deshalb, so wird seine Bedeutung interpretiert, leicht aus dem historischen Kontext herauslösen und auf jeden anderen Anlass übertragen.

Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Foto von Trump und dem Original:

Das Foto von Trump ist im Unterschied zu dem Gemälde von Delacroix nicht Dokument eines Freiheitskampfes, sondern eine Inszenierung. Und bei dieser Inszenierung geht es um die Mobilisierung der Massen für demokratiefeindliche Ziele, auf denen populistische Bewegungen und auch moderne autokratische Gesellschaften beruhen.

Damit solche Bilder aber funktionieren, müssen die politischen Koordinaten verschoben werden. Aus einer demokratisch gewählten Regierung und einer freien Presse werden eine "korrupte Elite" oder ein "politisches Establishment" gemacht, die sich gegen das Volk richten und der Trump den Kampf angesagt hat.

Da er sich unter dem Slogan "America first" als der wahre Repräsentant der Interessen des Volkes versteht, habe das Attentat nicht in Wirklichkeit nicht Trump, sondern dem Volk gegolten. "Trump literally took a bullet for you", hieß es in den ersten Posts.

Dabei fällt auch auf, dass die Selbstdarstellung Trumps auf dem Foto etwas extrem Selbstgefälliges und Eitles hat, das seine beabsichtigte Wirkung unterläuft.

Ein Freiheitskämpfer setzt nicht sich selbst, sondern die Sache in die Szene. Daran wird Trump scheitern.

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