Seit alters her siedelten die Menschen im Tal, weil ihnen dort die Wasserkraft half, Arbeit zu verrichten. Alle paar hundert Jahre regnete es derart sintfluthaft, dass alles im Tal zerstört wurde: 1342 zum Beispiel bei der sogenannten "Magdalenenflut", 1501 beim "Himmelfahrtsgieß" an der Donau oder 1845 bei der großen Elbeflut. Aber der Vorteil der Wasserkraft lockte immer wieder Menschen ins Tal zurück, denn mit den wiederaufgebauten Sägewerken oder Mühlen ließ sich Reichtum erwirtschaften.

HQ100 – so heißt ein Jahrhunderthochwasser in der Ingenieursprache. Der Wert ist deshalb wichtig, weil er die Berechnungsgrundlage für alle Hochwasser-Schutzanlagen und -Vorkehrungen ist. Praktisch ist HQ100 jener Pegelstand eines Bachs oder Flusses, den er statistisch gesehen einmal in 100 Jahren erreichen wird – also maximal einmal in einem Menschenleben.

Zumindest war das vor dem Klimawandel so. Was aber, wenn ein HQ100 plötzlich alle drei Monate vorkommt? Andreas Frey, Wissenschaftsjournalist aus Freiburg, geht der Frage nach, welches extremste, sehr unwahrscheinliche Wetterereignis durch den Klimawandel in Mitteleuropa nun deutlich wahrscheinlicher wird. Ergebnis seiner Recherche:

Zu welchen Eskapaden die Atmosphäre physikalisch in Mitteleuropa in der Lage ist, ist vielen Menschen und politisch Verantwortlichen heute immer noch nicht klar. Extremwetter wird systematisch unterschätzt oder Behörden spielen es absichtlich herunter, um nicht viel Geld und Arbeit in Katastrophenpläne und Prävention stecken zu müssen. Dabei bedeutet Extremwetter eine echte Gefahr für Leib und Leben.

Tatsächlich führt Frey eine Liste für sehr unwahrscheinliche, aber durchaus denkbare Extremereignisse auf, die ausgesprochen häufig in der jüngsten Vergangenheit Mitteleuropa heimsuchten: Die Katastrophe Mitte Juli 2021 im Ahrtal, die Jahre 2018 bis 2020 mit der extremsten Dürre seit 250 Jahren, wie Klimaforscher in einer Studie in "Earth’s Future" zeigten, der außerordentliche Hitzesommer im Jahr 2022. Der Wissenschaftsjournalist führt weitere Beispiele aus der jüngsten Historie auf.

Durchgängig professionell protokolliert werde Wetter in Deutschland erst seit 1881, so Frey, "also rund 140 Jahre lang." Und er fragt:

Reicht das, um alle möglichen Ausprägungen eines Merkmals zu erfassen? Sind damit alle denkbaren Extremereignisse abgedeckt?

Natürlich nicht, wie er an einem kanadischen Beispiel illustriert: Der Klimawandel werde Extreme mit sich bringen, die bislang undenkbar waren - und in der Historie auch nie dagewesen sind. 2021 wurden in Lytton, einem kanadischen Bergdorf, beispielsweise knapp 50 Grad Celsius gemessen. Der kanadische Hitzerekord war damit um fast fünf Grad übertroffen worden.

Kurz darauf brannte das Dorf ab.

https://www.spektrum.de/news/extremwetter-in-europa-wenn-die-katastrophen-in-serie-kommen/2209977

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