Ist Migration wirklich das größte Problem? - Lasst euch nicht für dumm verkaufen.

Intensiv wird seit geraumer Zeit suggeriert, dass Migration das größte Problem unserer Zeit sei. Nahezu jede Partei hat sich dazu geäußert.

Das Thema bietet sich auch perfekt an, um von Problemen abzulenken. Es spielt mit Urängsten des Menschen, die Angst vor dem Fremden, dem Unbekannten und es schafft Sündenböcke, die symbolisch für alles Ungemach herhalten müssen.

Insbesondere nach Solingen überboten sich viele mit Vorschlägen, dass jetzt endlich mal konsequent gehandelt werden müsste, bis zu den beschworenen konsequenten Abschiebungen.

Daher ein paar Anmerkungen:

6,3 Mrd Euro zahlten die Bundesländer 2023 für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das sind 0,2 Mrd weniger als noch 2022.

Zum Vergleich:

Die 20 reichsten Deutschen haben mehr Geld als diese 6,3 Mrd. Euro, also jeder einzelne von Ihnen.

Die Schäden durch Steuerbetrug belaufen sich pro Jahr auf 30-50 Mrd Euro laut Bundesrechnungshof bzw. bis zu 120 Mrd. Euro nach dem Tax Justice Network.

Die Schäden durch Sozialbetrug (auf Bürgergeldempfänger wird ja auch gern geschimpft) schlappe 280 Mio Euro.

Arbeitskräfte

Die 90er Jahre Parole, dass die Ausländer den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen ist Geschichte. Stattdessen wird nun behauptet, dass Menschen mit Migrationshintergrund die Sozialsysteme belasten oder noch dümmlicher (Merz) uns die Zahnarztplätze wegnehmen.

Mehr als 1/4 der Ärzte in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Wichtigstes Herkunftsland von Ärzten mit Migrationshintergrund ist Syrien mit 4 970 Ärzten (Quelle Ärzteblatt).

Und die Zahlen könnten noch höher sein, wenn Deutschland ausländische Berufsabschlüsse schneller akzeptieren würde.

Wer also Remigration fordert, sollte sich auch darüber klar werden, dass damit höchstwahrscheinlich auch ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems einhergehen würde.

Obwohl in Deutschland mit 45,9 Mio Menschen, soviele Menschen arbeiten wie noch nie, konnten branchenübergreifend bis zu 570.000 Stellen nicht besetzt werden. Der deutschen Wirtschaft entsteht dadurch jährlich ein Schaden von 49 Mrd. Euro.

Dabei fehlen nicht nur Fachkräfte sondern auch an vielen Stellen Servicepersonal. Das Fehlen von Arbeitskräften ist unmittelbarer Folge des demografischen Wandels: eine überalterte Gesellschaft und zu wenig Nachwuchs.

Gern wird behauptet, dass "die Ausländer" nicht arbeiten wollen. Die Fälle gibt es. Richtig ist allerdings, dass Geflüchtete um Arbeiten zu dürfen zunächst eine Arbeitserlaubnis brauchen. Eine Arbeitserlaubnis bekommen Menschen ohne Bleibeperspektive aber im Regelfall nicht und zwar auch dann nicht wenn ein Abschiebehindernis besteht.

Lieber leistet man sich in Deutschland statt auf Integration und Arbeit zu setzen, Menschen ohne Perspektive, die faktisch nicht abgeschoben werden können, vom Arbeitsmarkt fernzuhalten.

Wer also Abschiebung ruft, sollte auch das Bedenken.

Straftaten?

Gern wird behauptet, dass es in Deutschland immer gefährlicher werde. Die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik geben das allerdings nur bedingt her. Gestiegen ist aber die Aufklärungsquote deutlich.

Gern wird abgestellt auf die sogenannte "Messerkriminalität" also Fälle bei denen als Tatwerkzeug ein Messer eingesetzt wurde. Diese Daten werden allerdings erst seit 2021 separat erfasst, so dass keine genauen Aussagen über einen Anstieg zu treffen sind, sondern vor allen Dingen eine Fokusverschiebung stattgefunden hat, dass das Thema "Messerangriff" im Vergleich zu anderen Straftaten medial eine andere Stellung einnimmt, was die Wahrnehmung verzehrt.

Richtig ist, dass 2023 die Fälle mit der Tatwaffe Messer und Opfer um 43% gestiegen sind auf rund 6200 Fälle.

Schaut man sich allerdings die Gesamtzunahme im Bereich von Körperverletzung und Raubdelikten an, dann lässt sich die Aussage, dass es einen deutlichen Anstieg der Messerkriminalität gegeben hätte nicht mehr halten.

Eine generelle Neigung von Menschen mit Migrationshintergrund Messer einzusetzen gibt es nicht.

Es gibt aber zahlreichen Faktoren, die Kriminalität in diesem Sinne begünstigen: Wie Umfeld und Armut. Gerade im letzteren Bereich ist es so, dass das Armutsrisiko bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund 3 mal so groß ist als bei deutschen Jugendlichen.

Man könnte also mehr über Armut sprechen.

Abschiebung als Lösung?

Die Populisten, die sich ohnehin nicht für Fakten interessieren, betonen dann stets das Abschiebung die Lösung ist. Dass auch diese Abschiebung Voraussetzungen hat wird gerne übersehen.

Nehmen wir Afghanistan. In Afghanistan regieren die Taliban, die auch Foltern. Eine Abschiebung in ein Land, in dem abgeschiebenen Personen Folter oder Todesstrafe drohen ist völkerrechtlich nicht zulässig. Um nach Afghanistan abzuschieben müsste man zudem die Taliban faktisch als Regierung anerkennen. Will man ausgerechnet die Steinzeit Islamisten der Taliban wirklich anerkennen?

Zudem kann nur in Länder abgeschoben werden mit denen es funktionierende Rückkehrregelungen gibt also wo des Vereinbarungen gibt, dass die Regierungen Menschen aus ihrem Land auch zurücknehmen. Aufgrund von Armut, Krieg, Korruption funktioniert das auch nicht überall.

Last but not least:

Migration ist für die Gesellschaft eine Herausforderung aber sicher nicht unser größtes Problem. Wer Abschiebungen will, sollte auch bedenken welche Folgen das für den Wirtschaftsstandort Deutschland hat.

Und ja, mir ist klar, dass sachliche Fakten und Analysen keine Antwort auf irrationale Ängste sind, die gezielt durch Populisten geschaffen werden.

Lasst euch nicht für dumm verkaufen.

Wo also liegt das Problem? Und was hat das Migration zu tun?

Für die Schnelldenker: "unbewohnbar" bedeutet nicht dass die alle sterben bzw. vorher schon verhungern oder ertrinken. "Unbewohnbar" bedeutet, sie machen sich rechtzeitig auf den Weg in bewohnbare Gebiete.

Und wir sind auf dem gerade Weg in den "Unbewohnbarkeit"

Für diejenigen die jetzt noch Vorstellungsvermögen haben:

Erreichen wir die 3, 4 oder 5 Grad und finden uns mit den Folgen ab, müssen wir trotzdem den Anstieg der globalen Temperatur stoppen, denn es hört da ja nicht auf, nur weil wir einen messbar mitteilbaren Wert erreicht haben.

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