Heinrich Bergmann

Heute erhielt ich eine schriftliche Aufforderung, von mir selbst:

»Schreib mal etwas Lästiges!«

»Das tu ich doch schon die ganze Zeit!«, antwortete ich, Heinrich, meinem Alter Ego.

Sorry, das war ein Tippfehler, »Schreib mal etwas Lustiges!«, korrigierte ich mich.

»Ja wie jetzt? Lästiges, Lustiges, Listiges?«

»Und unter welcher Rubrik sollte ich Lustiges schreiben können. Einmal abgesehen davon, dass Humor auf Abruf ohnehin bald fad wird. Schau dir doch mal die humoristischen Beiträge im Fernsehen an, die einmal in der Woche um eine bestimmte Zeit Lacher hervorbringen sollen! – So nach dem Motto: Jetzt lass uns mal spontan sein! Ein Widerspruch in sich.«

Also bei fisch+fleisch stehen folgende Sparten zur Verfügung:

Politik.....Die wäre eher zum Weinen!

Liebe.......Ich schreib doch nicht für die Herz-Schmerz-Presse!

Technik.....Die Technik des Witze–Erzählens ist eine ernste Sache.

Wissen......Witze erzählen, von denen jeder die Pointe schon weiß?

Kultur......Da zücke ich meine Wasserpistole!

Reise.......Ärgernisse am Laufmeter.

Tabus.......Gibt es sie noch?

Familie.....(Gänsefüßchen)

Essen.......Da verschluck ich mich jedes Mal.

Lifestyle...Also wie heißt jetzt das Wort: Machosismus, Maßochismus oder doch Masochismus?

Panorama....Über allen Gipfeln ist Ruh!

Wirtschaft..Ja, vielleicht, am Stammtisch.

Gesundheit..Da vergeht einem das Lachen spätestens bei der Kostenabrechnung.

#jetztich...Das heißt »letztlich«!

»Das ist ein Haschtag!«

»Also wenn es unser Waschtag wäre, dann wüsste ich es, da stehen wir morgens immer in aller Herrgottsfrühe auf!«

Wahrscheinlich stammt mein Schreibzwang aus der Zeit, als ich mir mein erstes Auto leisten wollte. Bei Tanzanlässen mit einem vorgeblichen Ferrari-Autoschlüssel herumzuspielen und im entscheidenden Augenblick behaupten, man habe schon zu viel Alkohol konsumiert, ging nur so lange gut, als man nicht vergaß, die Hosenklammern zu entfernen.

Damals verdiente ich noch zu wenig, um mir einen kleinen Gebrauchtwagen kaufen und betreiben zu können. Da hatte ich das Glück, dass eine renommierte Tageszeitung damit begann, regionale Splitversionen herauszubringen und mir für die unsrige einen Nebenjob als Lokalreporter anvertraute. Unser Städtchen zählte aber keine zweitausend Einwohner; folglich war da nicht viel los, außer an der Fasnacht.

Mein Berichtsgebiet grenzte an Deutschland und der badische Nachbarort gleichen Namens war um ein Vielfaches großflächiger. Dem Witz entsprechend, wonach es »drüben« im Winter mehr Schnee hat als in der Schweiz (weil Deutschland größer ist), kam es im Nachbarland auch stets zu mehr berichtenswerten Ereignissen. Folglich suchte ich dort nach einem Kontakt zu einem Zeitungsreporter. Ich traf auf den Berichterstatter eines großen Stuttgarter Blattes. Wir beschlossen unseren jeweiligen Redaktoren eine Rubrik »Blick über die Grenze« vorzuschlagen und tauschten von nun an unsere Manuskripte aus. Von eben diesem Kollegen lernte ich, dass es immer etwas zu schreiben gab. Die Löcher im Schweizer Käse« deckten sozusagen den sporadisch vorkommenden Themenmangel ab. In so überraschender Weise, dass sogar der Schüttelreim »Deck mich Loch!« Sinn machte. Für die Saure-Gurken-Zeit bewahrten wir stets einige Themen oder fertige Artikel auf, deren Inhalt weniger zeitgebunden war. »Weshalb Napoleon seinerzeit nicht mit dem Auto kam« konnte zu einer beliebigen Saison veröffentlicht werden.

Fünf Jahre später vertraute mir mein Arbeitgeber einen verantwortungsvolleren Posten an. Der war auch besser bezahlt, jedoch zum Verfassen von Aufsätzen blieb keine Zeit mehr.

Nach berufsbegleitenden Studien habe ich mich dann als Übersetzer, danach als Werbetexter mit Sprachlichem befasst. Dreißig Jahre lang. Bis zu meiner Pensionierung.

»Das interessiert doch kein Schw...eizer Publikum, geschweige denn ein österreichisches oder ein deutsches! – Und weshalb schreibst du ’österreichisches’ und ’deutsches’ klein, ’Schweizer’ aber groß? – Hat das mit deinem überdimensionierten Ego zu tun?«

»Die von geografischen Namen abgeleiteten Wörter auf -er schreibt man immer groß!«

»Bluffer!«

»Bluff« ist kein geografischer Name!

»Ist es doch: The highest part of the Cayman Islands!«

»Und weshalb schreibst du diesen ganzen Käse nicht unter ’Profil bearbeiten’?, da steht dann ’Enrico Bergmann verrät nichts über sich. Der »Über mich« Text ist leer :(’«, gefolgt von einem Emoticon, das eine Schnute zieht?«

»Was hat Käse mit ’fisch+fleisch’ zu tun?«

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Liebling

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sisterect

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