Weshalb unter den Migrantenströmen die echten Flüchtlinge und die qualifizierten bevorzugt werden sollten

Enrico Bergmann

Jean-Claude Biver und Darius Rochebin in der Sendung "Pardonnez-moi" auf dem Westschweizer Kanal TSR am Vorabend des schweizerischen Nationalfeiertags

Gewiss, die Schweiz hat eine humanitäre Verpflichtung. Darum müssen echte Flüchtlinge aufgenommen werden. Beim ständigen Rückgang im Bedarf an nicht qualifizierten Arbeitskräften gleiche Offenheit gegenüber Wirtschaftsflüchtlingen zu zeigen, wäre selbstmörderisch. Für beide Seiten.

Ein Wille zur Integration ist jedoch Voraussetzung. Es ist nicht an der angestammten Bevölkerung, sich den aus – oft exotischen – Herkunftsländern mitgebrachten Gesetzen und Gepflogenheiten anzupassen.

Mit Ausnahme von Appenzell verfügen alle Schweizer über einen Heimatort. Viele sind weder jemals dort gewesen, noch haben sie in der betreffenden Gemeinde gewohnt. Aber über den Heimatort ließe sich im Prinzip die Anschrift jedes Heimatberechtigten finden, auch wenn er (innerhalb des Landes) drei Dutzend Mal umgezogen ist. Ursprünglich geht dieser Sachverhalt wohl auf das hier gültige Abstammungsprinzip der Staatsbürgerschaft zurück.

Helvetien steckt voller Traditionen. Dabei sind die meisten Bräuche regional gebunden. Solche in Verbindung mit kirchlichen Feiertagen erst recht. In der Schweiz ist auf Bundesebene nur der 1. August als (National-)Feiertag für das gesamte Land festgelegt.

Einer Modeerscheinung folgend, scheinen viele Schweizer heimatmüde. Dies hat sicher damit zu tun, dass ihre Staatsbürgerschaft, selbst während zweier Weltkriege, nie infrage gestellt wurde. Ein Eidgenosse kann eigentlich nie heimatlos werden. Paradoxerweise lässt sich aber so etwas wie "Nationalstolz" bis auf die Ebene kleinerer Regionen zurückverfolgen. Mit der Abspaltung vom Kanton Bern ist so (nach anderthalb Jahrhunderten Zugehörigkeit) am 1. Januar 1979 der neue Kanton Jura entstanden. Paradoxerweise, weil die Separatisten sich gleichzeitig als besonders weltoffen sehen. Was sie hinwiederum nicht daran hindert, auf der französisierten Aussprache ihrer unglücklicherweise oft deutschen Familiennamen zu beharren. "Du sublime au ridicule il n'y a qu'un pas."

Viele Schweizer ausländischer Abstammung, deren Erwerb des helvetischen Bürgerrechts nicht allzu lange zurückliegt, erweisen sich allerdings als vorbildliche Patrioten. Jedenfalls im Gegensatz zu den erwähnten, blasierten Heimatmüden. Zu den Letzteren gehören insbesondere jene, die eine in Jahrhunderten herangewachsene für die Volksmehrheit gute Sache zurückstutzen möchten: die direkte Demokratie. Der Grund dazu ist, dass sie sich in unerträglicher Eingebildetheit für eine Elite und die andern für nützliche Idioten halten. Ganz nach der Vorgehensweise, wie sie der Niederländer Thierry Baudet bezüglich Brüssel beschreibt (siehe dazu den Artikel von EBgraz, "Die Flüchtlingskrise macht die ausradiert geglaubten Grenzen in Europa wieder sichtbar";).

Die Einfalt solcher Elemente zeigt sich manchmal darin, dass sie ein bestimmtes ehrliches patriotisches Verhalten der unlängst Eingebürgerten zynisch belächeln. Aber unter diesen gibt es Menschen, die in ihren Herkunftsländern politische Verhältnisse erlebt haben, die im krassen Gegensatz zu dem stehen, was die Schweiz mit ihrer direkten Demokratie auszeichnet. Auch wenn sie ihre alte Heimat nicht verurteilen, einen Grund muss es ja haben, dass sie sich eines Tages entschlossen, ihr restliches Leben in der Schweiz zu verbringen und das Land durch ihre Arbeit in wertvoller Weise bereichern.

Ein Journalist des französischsprachigen Schweizer Fernsehens TSR, der in Genf geborene Darius Rochebin, ist eigentlich iranischer Abstammung. Seine Interviews unter dem Titel "Pardonnez-moi!" gehören zu den besten, die Liste seiner illustren Gäste ist auf https://fr.wikipedia.org/wiki/Darius_Rochebin einsehbar.

Am Vorabend des 1. August empfing er den aus Luxemburg stammenden Schweizer Unternehmer und Manager der Uhrenbranche Jean-Claude Biver. https://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Claude_Biver

Das halbstündige Interview ist auf http://www.rts.ch/emissions/pardonnez-moi/ abrufbar.

Diese beiden Persönlichkeiten veranschaulichen in eindrücklicher Weise, was Integration bedeuten kann. Dabei scheut sich der Spitzenmanager nicht, zuzugeben, dass er auf seinem Handy zu seinem Vergnügen für eine Woche Schweizer Volksmusik aufgezeichnet hat. Auch tritt er in einem Video auf, wo er in der Tracht der Greyerzer Sennen bei einer Alpabfahrt eine Viehherde anführt.

Sowenig wie verbissene, geldgeile Karrieresüchtige ihr Land weiterbringen, ja ihm sogar schaden, so sehr verdankt die Schweiz ihren Wohlstand den arbeitsamen Menschen aller sozialen Stufen.

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Margaretha G

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