Harvard http://www.health.harvard.edu/blog/on-veterans-day-dont-let-the-invisible-wounds-of-ptsd-remain-hidden-201311116858
Virtual EMDR für Veteranen: Neues US-Online-Tool zur Bearbeitung von PTBS – nicht nur für Kriegstraumata
Psychische und emotionale Anforderungen hinterlassen Spuren. Und zwar nicht nur beim Gedanken an eine bestimmte Situation in der Vergangenheit. Es ist viel schlimmer. Emotional schwer zu verkraftende Geschehnisse können auf Dauer zu gravierenden körperlichen Folgeerscheinungen führen.
Es ist schon lange bekannt, dass man Menschen durch emotional tiefgehende, verstörende Vorkommnisse psychisch destabilisieren kann. Auf jede unbehandelte psychische Destabilisierung folgt eine körperliche.
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Aber eines nach dem Anderen.
Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine Reaktion auf ein psychisch schwer zu verkraftendes Ereignis, welche meist zeitverzögert auftritt. Betroffene sprechen oft von Flashbacks, die sie unvermittelt und aus heiterem Himmel wieder in genau die Situation versetzen, die sie schon damals nicht in der Lage waren, zu verkraften. Bilder drängen sich immer und immer wieder auf. Sie fühlen sich wie in der Zeit zurückversetzt und gezwungen, alles Geschehene mit allen Emotionen noch einmal zu durchleben.
Kriegsveteran Danny Capodonico hat dazu einen kleinen Film gedreht, wie man sich Flashbacks vorstellen kann:
Flashbacks sind aber noch lange nicht alles auf der Liste der Symptome, die mit einer PTBS auftreten können.
Unbehandelt kann eine Posttraumatische Belastungsstörung ein Leben lang anhalten. Je länger sie nicht behandelt wird, desto gravierender die psychischen, aber vor allem auch die körperlichen Folgen. Die Krankheit bestimmt das gesamte restliche Leben.
„Ich bin bereit. Überall. Zu jeder Zeit. Ich konnte eigentlich immer zwischen Privatleben und Kriegszone unterscheiden. Aber jetzt ist für mich alles Kriegszone.“ Billy Caviness spricht über seine PTBS
Durch gewisse Erlebnisse verändert sich unser Gehirn.
Das gilt besonders für Erlebnisse, die mit Angst und Stress zu tun haben. Die Verschaltungen im Gehirn werden durch die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe verändert. Das gilt umso mehr, je länger die Stressreaktion anhält.
Quelle: Wikimedia / Urheber: Patrick J. Lynch https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Cerebellum
Das Gehirn kann grob in drei Bereiche eingeteilt werden. Der Hirnstamm (= Reptilienhirn), hier in Rot dargestellt, ist stammesgeschichtlich der älteste Teil unseres Gehirns. Er ist für unsere Überlebensinstinkte zuständig. Das limbische System, hier etwas dünkler dargestellt, übernimmt unter anderem die Kontrolle unserer Emotionen. Der heller dargestellte Neokortex, als stammesgeschichtlich jüngster Teil unseres Gehirns, ist zuständig für kognitive Prozesse wie Entscheidungsfindung, Lernen und Gedächtnis.
Im Normalfall gibt das Gehirn Befehle in einer Hierarchie von oben nach unten.
Hierarchisch gesehen gehen also Befehle vom Neokortex in das limbische System und vom limbischen System in das Reptilienhirn. Bei einem Trauma kehrt sich die Rangfolge um. Das Reptilienhirn übernimmt die Führung und löst die „Kampf oder Flucht“-Reaktion aus.
Je öfter es zu außergewöhnlichen Stressreaktionen kommt, desto mehr brennen sich „Neuronenwege“ im Gehirn ein.
Bildlich gesprochen entsteht ein ausgetretener Pfad im Gehirn, der bei zukünftig ähnlichen Situationen schneller und leichter begangen werden kann. Mit fatalen Folgen. Je ausgetretener der Pfad, desto mehr Erscheinungen psychischer und körperlicher Natur kommen dazu.
Symptome von PTBS
Zu den Flashbacks kommen weitere psychische Symptome:
- Betäubungsversuch mit Alkohol und Medikamenten
- Depression
- Entfremdungsgefühle
- Interessenverlust
- Persönlichkeitsveränderung
- Schuldgefühle
- Teilnahmslosigkeit
- Traurigkeit und Weinen
- Vermeidungsverhalten
In weiterer Folge entwickeln sich folgende körperlichen Symptome:
- Albträume
- Angst und Panikattacken
- Erhöhte Schreckhaftigkeit
- Erhöhte Wachsamkeit
- Konzentrationsschwäche
- Nervosität
- Reizbarkeit
- Schlafstörungen
- Ständige Angespanntheit
Folgeerscheinungen, die durch PTBS ausgelöst werden können:
- Atemnot
- Allgemein Probleme beim Atmen
- Mund- und Halstrockenheit
- Durch die Halstrockenheit bedingte Schluckbeschwerden
- „Kloß im Hals“ (ist eigentlich eine Muskelverspannung)
- Erhöhter Puls
- Erhöhter Blutdruck
- Schwindel
- Ameisenlaufen in den Gliedmaßen
- Ohrensausen
- Chronische Schmerzen wie Rückenschmerzen, Kopfschmerzen
- Bruxismus (Zähneknirschen, Zungenpressen, Kieferpressen) in der Nacht
- Durch Bruxismus bedingte Schmerzen im Kiefer, Ohrenschmerzen, Zahnschmerzen
- Unkontrolliertes Zittern
Combat Stress Reaction (CSR)
CSR steht im Englischen für dieselbe Stressreaktion wie die PTBS. Bekannt wurde CSR bereits während des ersten Weltkrieges. Die im deutschen geläufige Bezeichnung ist die des „Kriegszitterers“.
Eine große Anzahl an Soldaten, die im ersten Weltkrieg unvorstellbares Leid mit ansehen und ertragen mussten, konnten plötzlich keine Waffen mehr in den Händen halten. Ihr ganzer Körper fing an, zu zittern. So stark, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnten und einfach umfielen. Dazu kam eine panische Angst vor alltäglichen Gegenständen wie beispielsweise Kappen, die ihr Gedächtnis mit gewissen Kriegssituationen verbunden hatte.
Shell Shock Victim vor und nach erfolgreicher Behandlung
Verdun Shell Shock
PTBS betrifft jedoch nicht nur spezielle Berufsgruppen.
Es ist eine Störung, die bei Zusehern, Beteiligten oder Opfern von Gewalt auftreten können. Folgende Situationen können Auslöser eines Traumas sein:
- Gefahr für Leib und Leben
- Konfrontation mit entstellten und/oder verstümmelten Körpern
- Körperliche Verletzungen (schon allein das Zusehen oder in Erfahrung bringen, dass einer anderen Person Gewalt angetan wird / wurde)
- Schuldeinsichtiger Verursacher einer schweren Verletzung bei einem anderen Menschen
- Sexuelle Misshandlung
- Subjektiv erlebte Lebensbedrohung
- Täter und Opfer von körperlicher / psychischer Gewalt (auch Zuseher)
- Unerwarteter, plötzlicher Tod eines geliebten Menschen
Erlebnisse dieser Art ziehen falsche Interpretationen mit sich, wie beispielsweise:
"Ich bin nirgendwo sicher."
"Ich bin ein Unglücksrabe."
"Ich muss mich schämen."
"Ich vertraue niemandem mehr."
"Ich bin innerlich wie tot."
"Ich werde verrückt."
"Ich werde alles verlieren."
Und aus all diesen kleinen Symptom- und Gedanken-Puzzlestücken entwickelt sich ein riesiges Problem, das die Betroffenen nur allzu oft vor der Familie, vor Arbeitskollegen und Freunden geheim halten wollen. Noch immer ist es in unserer Gesellschaft so, dass man bei einem „Outing“ sehr schnell stigmatisiert und ins Abseits gestellt wird.
Das Posttraumatische Belastungssyndrom ist heilbar
Die derzeit beste Technik, um ein Trauma zu überwinden, heißt Eye Movement Desensitization and Reprocessing: Kurz EMDR. Auf Deutsch: Desensibilisierung und Aufarbeitung durch Augenbewegung.
Klingt viel zu einfach, um wirklich etwas zu bringen?
Das sehen internationale Organisationen und wissenschaftliche Einrichtungen anders. EMDR ist ein weltweit anerkanntes Verfahren zur Behandlung von PTBS. Auch die WHO hat EMDR als bestes Mittel im Kampf gegen PTBS anerkannt.
„Wenn du nicht hart genug bist, dann geh zur Mutti weinen!“
Viele Soldaten, Polizisten und Feuerwehrmänner gestehen sich ihre Traumata nicht ein und lehnen es ab, eine Therapie zu besuchen. Lieber leben sie weiter mit ihren Belastungen, die immer mehr Gewicht im Alltag einnehmen. Der Grund für die fehlende Kooperation ist die Angst vor Stigmatisierung.
Die Lösung: Virtual EMDR
Seit geraumer Zeit gibt es für genau diese Fälle ein Tool aus den USA. Es nennt sich Virtual EMDR und verspricht, ein klinisch geprüftes Tool zur effizienten Bekämpfung von PTBS-Symptomen, Angst- und Panikzuständen, Depressionen, Aggression, und einem schlechten Selbstwertgefühl zu sein.
Die Liste der möglichen Anwendungsbereiche ist lang. Von der Bearbeitung von Flugangst bis zur „Military PTSD“ soll dieses Tool die Lösung sein.
Entwickelt wurde es von dem Kriminalreporter Jeffery Tejcek, dem EMDR-Therapeuten Robert Grigore, dem Investor Steve Munich und dem Investment Manager Scott Cham.
Eine Therapie am Bildschirm: Was kann das bringen?
Während ich zwar noch immer der Meinung bin, dass menschliche Interaktion das Beste zur Heilung von Krankheiten ist (und auch immer wieder in meinen Artikeln erwähne), kann ich mir durchaus vorstellen, dass unter gewissen Umständen eine virtuelle EMDR-Therapie sehr wohl hilfreich sein kann. Beispielsweise eben genau für diejenigen, die nicht den Mut oder die Gelassenheit aufbringen, allgemeine Vorurteile über Bord zu werfen, seinen eigenen Bedürfnissen zu vertrauen und einen Therapeuten aufzusuchen. Oder für all diejenigen, die sich die Psychotherapie schlichtweg nicht leisten können. Sie profitieren von dem viel günstigeren Preis des Tools. Betroffene mit einer ausgeprägten Depression, die es nicht schaffen, regelmäßig in Therapie zu gehen, können von dem Programm ebenfalls profitieren.
Für Veteranen, Polizisten und Feuerwehrmänner ist das Tool übrigens kostenlos. Derzeit gilt diese Aktion jedoch leider nur für Betroffene aus den USA.
Kann EMDR am Bildschirm tatsächlich helfen?
Die Macher von Virtual EMDR sind sich ihrer Sache jedenfalls so sicher, dass sie eine Geld-zurück-Garantie gewähren.
Die Erfahrungsberichte von Usern klingen durchaus vielversprechend. Da die Software noch relativ neu ist, gibt es leider noch keine unabhängigen Erfahrungsberichte im Netz.
Meine Probe aufs Exempel
Ich habe mich daraufhin entschlossen, einen kostenlosen Probe-Account zu eröffnen, um das Tool zu testen.
Dazu soll ich mir ein belastendes Ereignis ausdenken und diesem eine Zahl von eins bis zehn zuordnen. Zehn für außerordentlich belastend und eins für fast nicht belastend. Ich entscheide mich für eine Situation mit der Zahl sechs, setze die Kopfhörer auf und starte das Programm.
Mein erster Eindruck: Erinnerungen aus der lang vergangenen Amiga-Zeit holen mich ein. Ein leuchtender Ball hüpft hin und her und ich muss diesem Ball mit den Augen folgen, während ich an ein belastendes Ereignis denke. Die im Hintergrund laufenden Tick-Tack-Geräusche dringen abwechselnd in mein rechtes und linkes Ohr. Ich spiele besagte Situation im Gedanken noch einmal durch und folge mit den Augen der Leuchtkugel.
Nach etwa zehn Minuten soll ich das Programm beenden und an eine beliebige Situation denken, die mich glücklich macht. Mit diesem Grundgedanken soll ich das Programm noch einmal für zehn Minuten starten. Ich denke an Sonne, Sand und Meer.
Nach Beendigung werde ich aufgefordert, der belastenden Situation noch einmal eine Zahl zwischen eins und zehn zu geben und ich entscheide mich spontan für zwei bis drei.
Wie wirkt EMDR?
Nach dem EMDR-Therapeuten und Mitbegründer von Virtual EMDR, Robert Grigore, verändert die EMDR-Technik die Pfade im Gehirn, welche die Patienten dazu bringen, ungesund und selbstdestruktiv zu denken. Durch Augenbewegungen, die denen während der nächtlichen REM-Phase ähneln, sollen sich negative Gedanken in eine positivere Grundhaltung und ein gesünderes Verhalten transformieren.
Auch im Schlaf verarbeitet das Gehirn Erlebnisse. Genau denselben Effekt soll EMDR auf das menschliche Gehirn haben.
Was sagen Experten allgemein zur EMDR-Therapie?
Die EMDR-Technik ist eine durch etliche Studien an Veteranen sowie Opfern sexueller Gewalt durchgeführte psychotherapeutische Methode. Die Ergebnisse belegen eine Erfolgsquote von bis zu 70%. Das heißt, um die 70% der Betroffenen zeigen schon nach drei Settings keinerlei Symptome mehr.
Das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten hat EMDR in ihre Behandlungs-Guidelines aufgenommen. Dort ist nachzulesen, dass diese Technik mit Kategorie „A“ zu bewerten und als besonders empfehlenswert für die Behandlung von Trauma anzusehen ist.
EMDR zur Behandlung anderer Indikationen
Inzwischen ist EMDR bereits so populär, dass die Behandlungsindikationen ausgeweitet wurden. Die Technik zeigt Erfolge bei:
- Akuten Belastungsreaktionen
- Angststörungen
- Anpassungsstörungen
- Depression
- Komplexen Traumafolgestörungen bei schweren Belastungen in der Kindheit
- Phantomschmerzen
- Phobien
- Psychosomatischen Störungen (z.B. Migräne)
- Schmerzzuständen
- Senkung der Rückfallneigung bei Alkoholkranken
- Substanzgebundenen Süchten
- Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen
- Verlusterlebnissen
EMDR als Werkzeug für Coaching und Training
Aufgrund der vielen Erfolgsberichte wird EMDR heute auch erfolgreich als Coaching- und Supervisionstool eingesetzt.
Weiterführende Links und Literatur findet ihr auf auf dem Blog www.entwirren.at