Vielleicht sind Sie gar nicht krank.

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Die Geschichte, die von einer anonymen Wortspenderin auf dem Blog Kleinerdrei.org erzählt wird, klingt für viele Betroffene wie ihre eigene. Eine erwachsene Frau, die ihre Kindheit noch immer nicht abgeschlossen hat. Obwohl ich ihr hier ganz einfach unterstelle, dass sie das bestimmt gerne tun würde. Loslassen. Ganz und gar erwachsen sein. Leben. Aber es gibt sie. Die Kindheit, die einen Menschen sein Leben lang gefangen halten kann, wenn man sie nicht konkret bearbeitet. Eine Kindheit, die im schlimmsten Fall das ganze Leben bestimmt, ohne dass sich das Opfer dessen bewusst ist.

Als Kind einer narzisstischen Mutter wurde ihr bereits im zarten Kindergartenalter von der Person, der sie am meisten vertraute, erklärt, die Kindergärtnerinnen hätten gesagt, sie sei ein schreckliches und merkwürdiges Kind. Was solch eine Aussage bei einem Kind im Alter von drei oder vier Jahren auslösen muss, ist schwer vorzustellen. Fest steht, dass ein Kind alles, was die Eltern sagen, als wahr ansieht. Der Grundstein für vielerlei Krankheiten war gelegt. Was die erwachsene Frau heute noch weiß, ist, dass sie ab diesem Zeitpunkt anfing, vor anderen Kindern Angst zu haben. Sie war das erste Mal in ihrem Urvertrauen erschüttert worden.

Sie wurde auf Drängen der Mutter einer Therapeutin vorgestellt. Während die Therapeutin nichts fand, das irgendwie auffällig gewesen wäre, tat die Mutter zu Hause das weiter, was sie am besten konnte. Anderen Schuldgefühle machen. Immer und immer wieder. Wenn etwas kaputtging, behauptete die Mutter, dass es das Kind das gewesen sei. Sie hätte genau gesehen, dass das Kind es kaputt gemacht hätte. Obwohl sich das Mädchen daran nicht erinnern konnte.

Was passiert in der Entwicklung eines Kindes, wenn ihm immer wieder eingeredet wird, es sei an etwas schuld, das es gar nicht getan hat? Die Frau hat bis heute, mit 30 Jahren, ein schlechtes Gewissen, wenn irgendwo etwas kaputtgeht. Sie hat Angst, etwas getan zu haben und sich daran nicht erinnern zu können.

Das ist aber wahrscheinlich noch das kleinere Übel an destruktiven Verhaltensweisen, die man nach solchen Kindheitserfahrungen entwickelt.

Die Mutter legte noch eins drauf: Sie redete der Jugendlichen ein, man könne sie nicht alleine lassen, weil man ihr nicht über den Weg trauen könne. Das war es auch, was sie Bekannten und Verwandten über das Mädchen erzählte. Sie wurde vom gesamten Umfeld als das angesehen, was ihre Mutter über sie verbreitete. Schwierig, eigenartig, nicht vertrauenswürdig, schrecklich.

Wie kann sich so ein Mensch auf dem Weg ins Erwachsenenalter entwickeln? Kann aus solch einer Kindheit jemand unbeschädigt herausgehen und ein erfolgreicher Erwachsener werden?

Vielleicht sind Sie gar NICHT krank.

Vielleicht werden Sie krank GEMACHT.

Viele fangen an, an ihrer Wahrnehmung zu zweifeln. Sie meinen, etwas stimme nicht mit ihnen. Eine innere Stimme sagt, dass hier irgendetwas nicht passt. Aber was? Ein Kind nimmt Geschehnisse in der Familie als Gegeben hin. Wenn es älter wird, kommt die Erkenntnis, dass man dem nicht trauen kann, was die Mutter oder der Vater sagt. Es fängt an, nur noch sich selber zu trauen. Dem zu vertrauen, was es selbst wahrnimmt. So kann es destruktiven Erlebnissen einen Sinn verleihen. Denn es ist eine Gabe, seiner eigenen Stimme vertrauen zu können.

Wenn man sich nur auf sich selbst verlassen kann, kann das einen Menschen verwirren. Denn der Kampf/Flucht-Schalter ist die ganze Zeit an, leuchtet die ganze Zeit. Durchgehend bereit, zu reagieren. Auch noch nach Jahren, als Erwachsener.

Die Umwelt hat den Körper der Betroffenen negativ beeinflusst, sodass sie auf verschiedenste Arten krank wurde.

Vielleicht war der Mutter in der Geschichte oben gar nicht bewusst, was sie anstellte. Und dass sie ihr Kind mit ihrem Verhalten krank macht. Man könnte vermuten, dass diese Kindheit ein trauriger Irrtum war. Bedauernswert, aber leider geschehen.

Es gibt aber Täter, die einen Menschen bewusst auf solche Weise beeinflussen, in der Absicht sie krank zu machen.

„Die Psychotechnik ist die Wissenschaft von der praktischen Anwendung der Psychologie im Dienste der Kulturaufgaben.“

Zu DDR-Zeiten nannte die Stasi gewisse wissenschaftlich erforschte und bürokratisch geplante Vorgehensweisen „Operation Zersetzung“. Die Zersetzung sollte Menschen, die für den Staat ein Risiko darstellten, psychisch destabilisieren. Dazu wurde im Januar 1976 die geheime Richtlinie mit dem harmlosen Titel „1/76“ erlassen. Bis heute gibt es Menschen, die an den Stasi-Methoden von damals leiden und mit psychosomatischen Erkrankungen, Depressionen, Angstzuständen, Panikattacken oder der Posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen haben. Stefan Trobisch-Lütge, ein Psychotherapeut, der vor allem mit Stasi-Opfern arbeitet, kennt viele solcher Geschichten. Bis heute gibt es aber auch Betroffene, deren Geschichten niemand kennt, weil sie sich noch immer nicht trauen, sie zu erzählen. Und so tragen sie diese Gräuel mit sich herum, nur um die Welt nicht damit zu belästigen, was ihnen widerfahren ist. Denn zu viele Außenstehende reagieren auf solche Geschichten mit Verachtung, Schuldvorwürfen, Verharmlosung oder Negation.

Es gab einen richtigen Maßnahmenkatalog zur Richtlinie „Zersetzung“. Es gab an der Juristischen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit ein Forschungs- und Lehrfach mit dem Namen „Operative Psychologie“. Dort bekamen Stasi-Spitzel vor allem auf eine Frage vielerlei Antworten: Was muss man tun, um den sogenannten „Feind“ dauerhaft in seiner Persönlichkeit zu verunsichern und zu destabilisieren?

Dort lernten die Schüler unter anderem, mit welchen Mitteln man Einfluss auf Personen in der Form nehmen konnte, dass „diese erschüttert und allmählich verändert werden […] um eine Zersplittung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung“ derjenigen herbeizuführen.“ (Ministerium für Staatssicherheit (Hg.): Wörterbuch zur politisch-operativen Arbeit, 2. Auflage (1985), Stichwort: „Zersetzung“, S. 464.)

Die Zersetzung wurde sehr individuell und persönlichkeitsorientiert gestaltet. Es wurde die empfindlichste Stelle des Opfers so lange angegriffen, bis es zerbrach. Das konnten Misserfolge beruflicher Natur sein, provozierte psychisch belastende Lebenskrisen, Gerüchte über moralische Verfehlungen, systematische, unwiderlegbare Diskreditierung des öffentlichen Rufes. Sehr beliebt war es auch, die Realität zu leugnen und eine andere Wahrheit als Richtig darzustellen.

Es gibt Menschen, die genau darüber Bescheid wissen, wie man andere Menschen manipuliert und/oder psychisch zerstört.

Gaslighting: Eine altbewährte Methode, um nahestehende Menschen krank zu machen

Die Frau aus der anfangs erwähnten Geschichte hatte bereits als Teenager ihre erste Panikattacke inklusive Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Zittern, trockenem Mund, Übelkeit und Atemnot. Es folgten Jahre, die geprägt waren von Panikattacken und dem Gefühl, verrückt zu werden. Irgendwann konnte sie innen und außen nicht mehr unterscheiden: Sie hörte ein Auto und dachte, das Geräusch käme von ihrer Lunge und sei ein Anzeichen dafür, dass sie gleich sterben würde. Sie hatte Todesangst.

„Irgendwann war ich völlig außerstande, noch einzuschätzen, ob ich etwas falsch gemacht hatte […] Ich hatte auch Angst, man würde mich eines Tages verhaften und eines Verbrechens bezichtigen und ich müsste dann wohl oder übel sagen, „Ja, also, ich weiß davon zwar nichts, aber wenn Sie es sagen, dann wird es sicher so gewesen sein.“

Ein Gaslighting-Opfer erleidet oft komplexe, schwergradige psychische Erkrankungen. Darunter fallen vor allem Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen und dissoziative Störungen. Es kann aber sogar bis zu einem psychotischen Schub gehen.

Die Wahrnehmung der Realität des Opfers wird infrage gestellt

Wenn ein oder mehrere Personen aus dem Vertrauensumfeld über einen längeren Zeitraum die Wahrnehmung des Opfers infrage stellen, beginnt das Opfer, am eigenen Verstand zu zweifeln. Solche Methoden werden oft unbewusst, aber noch viel öfter gezielt angewandt. Die Motive sind vielfältig, führen aber immer zu der Befriedigung eines Bedürfnisses: Macht.

„Es geht um Macht und Einflussnahme. Wenn ich den anderen nach meinen Vorstellungen definieren kann, beherrsche ich ihn gewissermaßen. Das gibt mir ein Gefühl von Stärke und Überlegenheit.“ Dr. Bärbel Wardetzki

Wie leicht es sogar mit Personen gehen kann, die nicht in einem Vertrauensverhältnis zueinanderstehen, zeigt dieser kurze, humorvolle Film, in dem ein Maler damit hereingelegt wird, dass man ihm weismacht, er hätte eine falsche Wahrnehmung:

Der verwirrte Maler:

https://www.youtube.com/watch?v=rnYYPfAH1q0

Die Therapie dauert lange, erzielt jedoch gute Erfolge

Dabei ist es besonders schwierig, dass das Opfer die Manipulationsmuster des Gaslightings erst einmal erkennt und erfasst. Bis das Opfer dem Täter auf die Schliche kommt, können Jahrzehnte vergehen. In der Akutsituation kann das Opfer die Manipulation nicht begreifen und ist deshalb oft lange Zeit der Meinung, wahnsinnig oder verrückt zu sein. Geeignete Therapien finden Sie in der nächsten Zeit auf meinem Blog.

Außerdem auf diesem Blog: Test „Bin ich Gaslighting ausgesetzt?“

Weitere gute Informationen hier: Energievampire – Vampfree – Nia Tiasela

https://energievampireburnout.wordpress.com

Gaslighting ist subtiler psychischer Missbrauch

http://www.jetzt.de/kleiner-drei/gaslighting-subtiler-psychischer-missbrauch

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