Wann beginnt jemand sich zu radikalisieren? Wann ist jemand radikal? Wie werde ich radikal? Ist man nicht grundsätzlich immer auf die eine oder andere Weise radikal?
Bin ich radikal? Mitnichten! Doch wenn etwas die Menschheit verändert hat, waren es immer jene Kräfte, welche radikal auf den Plan traten oder radikale Erfindungen, die die Welt grundlegend ummodelten und neugestalteten.
Somit glaube ich, dass wenn wir eine Veränderung in unserer Gesellschaft herbeiführen wollen einen radikalen Bruch mit den gewissen, mittlerweile selbstverständlichen Anschauungen, ob politisch links, rechts, neoliberal oder religiösen zu vollziehen haben. Radikal deswegen, da wir gezwungen sind diesen Wahnsinn, dem wir scheinbar vollkommen ausgeliefert sind, entgegentreten zu können.
Der erste radikale Schritt heißt sich zu informieren! Wir müssen aufhören nur noch eine Seite zu konsumieren. Weder die linke Presse noch die Rechte noch sonst irgendeine hat die Wahrheit für sich gepachtet, ebenso die Religionen. Wer nur die eigene Doktrin liest ohne jemals einen wirklichen Blick nach links und rechts zu werfen sieht letztlich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das ist dann in etwa so, als ob eine Tanne gleich einer Föhre wäre oder einer Buche, denn Baum ist Baum und damit basta. Alles hat sich dieser Doktrin gemäß zu unterwerfen und anzupassen, so nach dem Motto und wenn du nicht willst, dann hacke ich dich um. Erzählen sie mal einer Buche sie sollte jetzt zu einer Tanne mutieren, es wird ihnen nicht gelingen, logisch, beziehungsweise keiner wird auf diesen dämlichen Gedanken kommen den Baum deswegen gleich umzuhacken? Aber bei uns lebenden Wesen wird dieser Versuch der Erpressung ohne Unterlass vorgenommen. Und es scheint zu funktionieren. Moment einmal, wie war diese Meldung aus Saudi-Arabien, wo ein Scheich seinen Millionen teuren Hengst erschoss, nur weil er einen anderen Hengst besprang! Selbstverständlich sind Tiere auch Lebewesen, doch gehen ihnen unsere Verhaltenskodizes und Normen völlig am Arsch vorbei. Das ist natürlich ein fataler Auswuchs einer Geisteshaltung, wenn man stur einer Ideologie folgt und es verabsäumt sie zu hinterfragen und der Zeit als auch den damit verbundenen Erkenntnissen angleicht.
Immer wieder sehe ich so eine komische Liste auf den Social-Media auftauchen, welche Medien man nicht lesen sollte, da sie angeblich rechts sind. Diese Liste scheint relativ lang. Doch wenn ich mir dann die Liste ansehe von den Medien, welche nicht darauf aufgelistet sind, so umfasst diese dann fast schon ein Buch. Mit anderen Worten sollen die Menschen schön brav rein linkes Gedankengut in sich aufnehmen, ohne Wenn und Aber und ohne zu denken.
Oder die religiösen Organisationen, egal welcher Richtung. Die Muslime zum Beispiel wollen nicht, dass du die Bibel liest oder andere Schriften. Die Christen kennen zwar kein derartiges Verbot mehr, doch wer von ihnen hat jemals wirklich andere Schriften gelesen, um sich fundiert schlau zu machen? Auch bei den Buddhisten gibt es solche Strömungen, bei denen nur noch das gelesen wird, was die eigene Gemeinschaft hervorbringt, denn alles andere ist und hat ja nichts mit dem Glauben zu tun. Was ist mit den Juden? Die halten sich sowieso für das auserwählte Volk und sind deswegen schon als bedenklich einzustufen. Wobei ich hier dezidiert sagen möchte, dass ich solche und solche kenne, trifft im Übrigen auf jedes Volk zu. Einseitigkeit ist immer fatal, da man dadurch sehr stark dazu neigt letztlich zu spalten.
Der zweite radikale Schritt denn wir machen müssen besteht darin, unser Leben selber wieder in die Hand zu nehmen. Was genau meine ich damit? Ich meine, wir müssen anfangen bewusst zu leben, uns bewusstwerden, was wir konsumieren, nicht im obigen sinne von Ideologie, wobei dies natürlich hier mit hineinwirkt. Ein Beispiel: Eine Person, welche man durchaus als eine öffentliche Person bezeichnen kann, präsentiert sich stolz mit einem T-Shirt, auf dem ein Nutellaglas abgebildet ist seiner Fangemeinde. Die Fangemeinde jubelt, muss mir selber gleich ein Nutella Brot richten usw. Dass aber Nutella, sprich, die Firma Ferrero für Kinderarbeit steht, für die Rodung von Regenwald, für die Tötung von ca. 100 Orang-Utans pro Tag, für die Enteignung von Bauern, für die Zusammenarbeit mit Monsanto und Bayer also für GMO und Glyphosat, und somit auch für das weltweite Bienensterben, scheint dieser Person und seiner Fangemeinde vollkommen am Arsch vorbei zu gehen, vor allem wenn man daran denkt dass diese Person und Personen indirekt und direkt mit Jugendarbeit zu tun hat und haben. So gesehen kann ich auch keine Produkte der Firmen Nestle, Coca-Cola, Henkel, Unilever und vieler anderer mehr, konsumieren. Da muss ich die Härte besitzen und einen radikalen Schnitt in meinem Leben vollbringen und soweit wie einem möglich keine Produkte dieser Unternehmen mehr kaufen. Leider wird sich das nicht ganz verhindern lassen, da wir nicht genau wissen, wo diese Konzerne noch überall ihre Finger mit im Spiel haben.
Der dritte radikale Schritt, den wir zu tätigen haben ist der hin zur Nachhaltigkeit. Wir leben in Saus und Braus und denken in keinster Weise darüber nach, ob morgen das System auf dem unsere Gesellschaft basiert noch funktionstüchtig sein wird. Wie dumm sind wir alle eigentlich? Ein zentrales Thema in der buddhistischen Philosophie ist das sich Beherrschen. Den inhärenten Durst oder Hungerzustand zu überwinden, das was in uns ohne Unterlass nach immer mehr und noch mehr schreit. Dieses, im 18. Jhdt. durch die Industrialisierung aufkommende utilitaristische Weltbild in dem dann die Masse an dem immer mehr und besser und höher teilhaben konnte, führte letztlich zu den gegenwärtigen Problemen weltweit. Nachhaltig sind wir mit Sicherheit nicht. Vorausblicken auch nicht. Wir leben einfach in den Tag hinein. Wir denken nicht einmal daran wie wir die Krisen, die wir durch unser Verhalten ausgelöst haben, in den Griff bekommen könnten. Nein wir bauen noch mehr Öl- und Gaspipelines, anstatt Wasserpipelines um Wasser in die Wüstengebiete zu leiten, damit diese urbar gemacht werden können. Wir hören auch nicht auf den Plastikmüll in das Meer zu kippen und schon gar nicht hören wir auf Umwelt zerstörende Technologien einzusetzen, siehe Fukushima und Tschernobyl, sondern unterstützen diese Industrie gerade Wegs noch. Sind wir wirklich schon jenseits von Gut und Böse?
Ja, ich bin dabei mich zu radikalisieren! Hin zu einem Weg der Mitte! Weder dieses Extrem noch jenes Extrem, weder ideologisch Links noch Rechts, weder kreationistisch gläubig noch atheistisch ungläubig, weder alles in sich hineinstopfend noch sich kasteiend.
Sich zu radikalisieren bedeutet heute vielmehr ein Leben mit Vernunft zu leben, denn in der Tat sind alle schon völlig radikalisiert und somit ist eine radikale Deradikalisierung vonnöten.