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Kaum kündigt die Bundeskanzlerin ihren Rückzug von der Parteispitze an, läßt Friedrich Merz – der es über die Jahre immer irgendwie geschafft hat, nicht völlig in Vergessenheit zu geraten – seine Kandidatur ausrichten. Ob er es wird ist eine andere Frage und es spricht vieles dafür, daß Annegret Kramp-Karrenbauer in der Funktionärsstruktur der Partei den besseren Rückhalt hat. Vergessen wir nicht, daß die CDU aus vielen Karteileichen und passiven Mitgliedern besteht, die allenfalls hin und wieder mal zu Ortsvereinsstammtischen gehen, aber auf dem Parteitag nicht wählen dürfen. Dazu kommt, daß Friedrich Merz und Jens Spahn wohl mit ihrer Konkurrenzsituation dafür sorgen könnten, daß sich am Ende die dritte aus dem Saarland freut.

Doch lassen wir das einmal außen vor und stellen uns eine andere Frage: Was würde es über den Zustand der CDU aussagen, wenn genau ein solches passives Parteimitglied wie Friedrich Merz von jetzt auf gleich – und das gegen zwei Berufspolitiker – zum Vorsitzenden gewählt würde? Wäre das nicht das Eingeständnis, daß das vorhandene Personal gänzlich ungeeignet ist, die nach wie vor größte Partei der BRD zu führen? Ist die Lage so dramatisch, daß man jemanden braucht, der auch in seiner Zeit als Abgeordneter seine Nebentätigkeiten geheimhalten wollte?

Und wofür steht Friedrich Merz eigentlich? 132 Euro Arbeitslosengeld 2 sind ihm genug? Damit die (natürlich faulen) Arbeitslosen endlich einen Grund haben, arbeiten zu gehen? Und falls ja: Wie sieht er in der Asylpolitik die Geldleistungen für Asylbewerber? Hat er sich jemals zu der Tatsache geäußert, daß bereits der illegale Grenzübertritt einen Rechtsanspruch auf Geldzahlungen auslöst? Wie bewertet Friedrich Merz, der einheimische Arbeitslose offensichtlich für das allerletzte hält, den großen Migrationsmagneten Sozialstaat? 2008 war das Thema sicher noch nicht aktuell, dafür heute aber umso mehr.

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Und da man den faulen Arbeitslosen seiner Ansicht nach ja Beine machen sollte: Wie sieht Friedrich Merz die Verdrängungseffekte, die es auf dem Arbeitsmarkt allein dadurch gibt, daß gerade im Bereich der Geringsqualifizierten und Niedrigverdiener eine quasi grenzenlose Konkurrenz doch nur symbolisch oder gar nicht bezahlte Praktikanten aus dem nahen Osten und Schwarzafrika auf den Plan treten? Braucht der Arbeitnehmer in den Augen des Vorsitzenden der Atlantikbrücke noch einen Nationalstaat als Schutzmacht oder können wir alle auf den globalen Kapitalismus vertrauen?

Mehr EU, weniger Leitkultur

Erst kurz bevor Friedrich Merz seine Absicht angekündigt hat, zurück in die Politik zu gehen, hat er sich an einem Aufruf beteiligt. Gemeinsam mit den früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und Hans Eichel sagte er, die BRD müsse „Kompromisse“ für eine bessere Europapolitik machen. Dazu gehören auch eine europäische Arbeitslosenversicherung – so wie Frankreichs Präsident Macron sie fordert – und die Auflösung der nationalen Armeen hin zu einer EU-Militärstruktur. Von deutscher Leitkultur (da war mal was) ist keine Rede mehr.

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Friedrich Merz möchte demnach, daß der hiesige Straßenbahnfahrer und seine sich gerade nicht in Teilzeit bei Tchibo als Kaffeezapferin selbst verwirklichende Ehefrau mit ihren Sozialversicherungsbeiträgen die Massenarbeitslosigkeit in Südeuropa mitfinanzieren. Wobei nach wie vor ungeklärt zu sein scheint, wie er das Thema Regelsatz außerhalb der BRD sieht. Möchte er die Transferleistungen in Italien, Spanien oder Griechenland auch vom Armuts- auf Verelendungsniveau absenken? Wie sehen seine Partner in den Ländern das, die jemanden suchen, der ihre Arbeitslosigkeit finanziert?

Heute hier, morgen dort

Und kurze Zeit später stellt sich raus, daß er das alles gar nicht so gemeint haben will. Friedrich Merz distanziert sich von sich selbst. Jetzt will er doch keine europäische Arbeitslosenversicherung. Zumindest sagt er das. Ja was gilt denn jetzt? Unser Eindruck ist, daß Friedrich Merz ganz gezielt darauf baut, von der Basis der CDU und den Delegierten des Parteitages als Projektionsfläche gesehen zu werden. Merz, den Merkel einst – wie soviele CDU-Männer – weggebissen hat, ist jetzt wieder da und was er konkret machen will, besprechen wir dann mal später.

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Derweil scheint er durchaus mit dem politisch-medialen Establishment aus Berlin-Mitte auf Du und Du zu gehen. Schon seit längerem ist es der Traum der links und/oder grün angestrichenen Hauptstadtpresse, die Unionsparteien mit den Grünen in eine Koalition zu bringen. Was 2017 noch gescheitert ist, soll nach dem Willen derer, die die Meinung in er BRD machen, ab 2021 Realität werden. Klar, für CDU, CSU und Grüne wird es nicht reichen, aber vielleicht steigt die FDP als Mehrheitsbeschaffer wieder ein. Friedrich Merz jedenfalls stellt sich gleich gekonnt auf.

Dafür hat er in diesem Jahr einen Preis abgelehnt, weil er nicht mit Roland Tichy auf einer Bühne stehen möchte, den er für einen Rechtspopulisten hält. Nach deutscher Leitkultur klingt das nicht mehr, sondern auch hier wird wieder opportunistisch mit den Wölfen geheult. Kann so jemand aber ein ernsthafter Hoffnungsträger für eine seriöse Reform der CDU sein? Wir sagen Nein. Friedrich Merz ist gerade nicht der Gegenentwurf zu Angela Merkel – auch wenn er jetzt versucht, die Gunst der Stunde für seine Rückkehr in die Politik zu nutzen.

Offene Fragen

Doch gerade in der europäischen Geldpolitik sind dieser Tage viele Fragen offen, denen sich Friedrich Merz wird stellen müssen. Wie sieht er die sich weiter dramatisierenden Targetsalden? Mit fast einer Billion Euro stehen andere Zentralbanken bei der Bundesbank in der Kreide, ein Ende ist nicht abzusehen. Inzwischen ist diese von ihren Schuldnern abhängig, sie haben den Gläubiger in der Hand. Wie das halt ist bei besonders hohen Summen. Hat Friedrich Merz jemals was dazu gesagt? Weiß das jemand?

Wie steht Friedrich Merz zum vielzitierten Migrationspakt und welche Konzepte hat er zur Bekämpfung der eskalierenden Gewaltkriminalität in der BRD? Kann man das seiner Ansicht nach mit der Phrase „mehr Europa“ beantworten und falls ja, wie soll das konkret aussehen? Welche Konzepte hat Friedrich Merz gegen die zunehmende Deindustrialisierung unseres Landes und die verfallende Infrastruktur? Als Vorsitzender der größten Regierungspartei und potentieller Bundeskanzler muß er Antworten finden. Im Moment sieht es danach aber nicht aus.

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