diema https://pixabay.com/de/karl-marx-ensemble-denkmal-1396080/
Zuerst: Vor einer Karl-Marx-Statue ein Konzert gegen Totalitarismus zu veranstalten, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Aber wahrscheinlich sind die politischen Spitzen der BRD inzwischen so abgestumpft, daß sie selbst sowas nicht mehr merken. Angekündigt haben sich Bands wie KIZ, Feine Sahne Fischfilet und natürlich die allgegenwärtigen Toten Hosen. Also die, die nie zu den Scheißbayern gehen würden.
Hey, bitte keine Fäkalsprache! Das Problem ist: Wenn man sich mal einige der ...äh… Musikstücke ansieht, die die dort auftretenden Bands so auf Lager haben, da sieht man: Hier wird Fäkalsprache zum Programm. Texte, die immer ordinärer werden zu Melodien, die von den allermeisten wohl schlicht als Krach wahrgenommen werden. Über Geschmack läßt sich streiten – aber über Anstand nicht.
Wir haben uns daher heute Nachmittag mal die Mühe gemacht, und einfach ein paar Liedzeilen der Bands herausgesucht, die am Abend in Chemnitz gegen das vierte Reich und für das Narrativ der unbegrenzten Zuwanderung musiziert haben. Die, wie wir den Frontmann der toten Hosen im staatlichen Radiosender WDR 4 gehört haben, sich nicht über links oder rechts definieren, sondern über Anständige und Nazis.
Die Verwahrlosung in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf
So heißt es im Song Wut der Musiker Feine Sahne Fischfilet und wir bitten jetzt schon um Entschuldigung.
Zieh lieber eine Line Zement
als down zu sein mit Rainer Wendt*
Ich mach mich warm
weil der Dunkelheitseinbruch sich nähert
die nächste Bullenwache
ist nur einen Steinwurf entfernt
*Rainer Wendt ist seit 2007 Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft
Wir fragen uns, was die Polizisten, die diese Gegen-Rääääääächtz-Veranstaltung bewachen müssen, wohl denken, wenn sie solche Texte hören. Also mithin genau die Berufsgruppe, für die sich kein Mensch interessiert, wenn sie nach einer Straßenschlacht mal wieder im Krankenhaus landen oder wenn deren Kinder von kriminellen Clans bedroht werden.
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Ebenfalls zu hören ist die Band K.I.Z., die u.a. den Song Ringelpietz mit Anscheißen (Entschuldigung!) auf dem Album Sexismus gegen Rechts veröffentlicht hat.
Baby ich fick in dein Arschloch
bis mein Herz in deinem Darm pocht
Oh mein Gott ist das romantisch
Ich spür' deine Bandscheibe
Baby ich fick in dein Fett, bis
du vor Geilheit in mein Bett pißt
Oh mein Gott ist das romantisch
Ringelpiez mit Anscheißen
Wenn man von der hier triefenden Ekelhaftigkeit absieht, könnte man ein solches Pamphlet glatt an unseren letzten Beitrag anheften. Es zeigt, daß die multiple Verwahrlosung, die Verrohung und die Frühsexualisierung bzw. die völlige Reizüberflutung in puncto Sexualität in unserer Gesellschaft Hand in Hand gehen. Bei jeder Gelegenheit #Aufschrei und #MeToo rufen, aber Sexismus gegen Räääääächtz ist voll gut.
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Das ist Schund und nichts anderes. Okay, Schund ist immer schon produziert worden und manch einer hält vielleicht auch alte Heintje-Filme für Schund. Die Kunstfreiheit deckt auch vulgären, asozialen Schund. Auch hier. Es ist allerdings bemerkenswert und sagt viel über den Zustand unserer Gesellschaft aus, wenn solche Figuren als Publikumsmagnet für eine semistaatliche „Kultur“veranstaltung herhalten sollen.
Das war mal anders
Diverse Gegen-Räääääächtz-Aktionen gab es schon immer. Vor 25 Jahren haben diese sich gegen die CDU gerichtet und werden heute von dieser unterstützt. Okay, aber ansonsten hat sich nicht viel geändert. Oder doch? In Köln gibt es seit über 25 Jahren immer wieder Veranstaltungen unter dem Motto „Arsch huh – Zäng ussenander“, bei denen verschiedene örtliche Musiker glauben, ihren Beitrag gegen die von ihnen empfundene Renaissance des Nationalsozialismus leisten zu müssen.
Raimond Spekking https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:H%C3%B6hner?uselang=de#/media/File:De_H%C3%B6hner_-_Demonstration_%E2%80%9EK%C3%B6ln_stellt_sich_quer%E2%80%9C_(4752).jpg
Selbst in der aktuellen Asylkrise hat die Kölner Band Höhner Anfang 2016 und Anfang 2017 gleich zwei politische Lieder herausgegeben. Diese sind – auch durch ihre Dauerpräsenz im Radio sowie die Allgegenwärtigkeit auf allen Sammelalben – zwar keine kommerziellen Flops geworden, jedoch beim Publikum durchgefallen. Das macht aber nichts. Es handelt sich um handwerklich solide gemachte Musik mit einem Refrain, mehreren Strophen und ganz ohne Fäkalsprache. So plump die Botschaft auch sein mag, so ist das Niveau deutlich höher als das, was heute in Chemnitz war.
Wobei: Was ist eigentlich los in Chemnitz? In Chemnitz steppt schon seit längerem der Bär. Und die Politiker und Journalisten, die in den letzten Tagen dort hingefahren sind, haben keine Ahnung über die Lebensrealität dort. Zugegeben: Wir auch nicht. Aber es gibt, abseits der üblichen Massenmedien, sehr wohl die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren. Schon letzte Woche erschien ein NuoViso-Video mit Frank Höfer und Frank Stoner, das wir allen Lesern nur wärmstens ans Herz legen können.