Man stelle sich mal vor, einstige CDU-Granden wie Roland Koch, Erwin Teufel oder Kurt Biedenkopf hätten ernsthaft eine Koalition mit der Linkspartei oder damals noch mit der PDS vorgeschlagen. Unvorstellbar, oder nicht? In der heutigen Merkel-CDU sieht die Welt ganz anders aus. Da ist es überhaupt kein Problem, solche Koalitionen zu fordern.
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1994 ist die CDU mit ihrer Rote-Socken-Kampagne gegen eine mögliche Zusammenarbeit von SPD und PDS erfolgreich gewesen, 1998 nicht mehr. Zu groß war die Wechselstimmung, zu viele Menschen riefen „Kohl muß weg“. Es war damals noch nicht gesellschaftlich geächtet, den Rücktritt der Bundesregierung zu fordern, so wie heute. In jedem Fall aber war eine Regierungsbeteiligung der damaligen PDS noch in den 90er Jahren ein Horrorszenario der CDU.
Natürlich ist man gleich zurückgerudert und auch die Bundeskanzlerin hat klargestellt, daß sie eine andere Wunschvorstellung hat. Ja, hat sie. Sie würde am liebsten wahrscheinlich mit den Grünen regieren und wir vermuten, daß diese ihr deutlich näherstehen als die bayrische Schwesterpartei. Wenn CDU, CSU und SPD 2021 keine gemeinsame Mehrheit mehr haben, müssen sie sich ohnehin die Grünen ins Kabinett holen. Und wenn alle Stricke reißen? Dann ist da ja noch die Linkspartei.
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Das Szenario ist auf Bundesebene sicher noch sehr weit weit. Gerade in den ostdeutschen Ländern hingegen ist das mitnichten der Fall. In Sachsen-Anhalt haben CDU, SPD und Grüne eine sehr knappe gemeinsame Mehrheit und bilden dort die Koalition, die wir auch ab 2021 im Bund vermuten. Wäre die FDP dort nicht knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, wäre auch die wahrscheinlich Teil der Koalition.
Weimar im 21. Jahrhundert
Aber was passiert, wenn eines Tages AfD und Linkspartei eine gemeinsame Mehrheit in einem Landtag haben? Wenn CDU, SPD, Grüne und/oder FDP nicht mehr gemeinsam regieren können, dann müssen sie sich andere Mehrheiten suchen. Ob die AfD und die Linkspartei in der Lage sind, gemeinsam Politik zu machen, ist eher unwahrscheinlich. Tatsächlich würden dann Verhältnisse wie in Weimar drohen, zumal die meisten Landtage – anders als der Bundestag – ein relativ unkompliziertes Recht zur Selbstauflösung haben. Aber vorgezogene Neuwahlen ändern die Mehrheitsverhältnisse nicht so ohne weiteres in die von den Mandatsträgern gewünschte Richtung.
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Bei der CDU muß man sich dann entscheiden. Die Bundeskanzlerin aber plant nicht spontan, sondern denkt die Dinge vom Ende her. Unserer Ansicht nach ist ihr ein solches Szenario sehr wohl bewußt. Was liegt also näher als einen relativ jungen Politiker zu bitten, einen Testballon starten zu lassen. Wir bringen das mal ins Gespräch und gucken was passiert. Vielleicht macht man dann in einigen Jahren in irgendeinem Landtag eine Duldung oder Kooperation oder was auch immer.
Nur eins will man bei der CDU verhindern: Daß es politische Mehrheiten von SPD, Grünen und Linkspartei gibt, an denen sich vielleicht sogar Sahra Wagenknechts neues Bündnis beteiligt – wir wissen ja immer noch nicht, in welchem Verhältnis der Verein Aufstehen zur Parteienstruktur stehen soll. Und dann sucht man sich doch lieber eine durchaus systemnahe Partei – in diesem Fall die Linkspartei – zum Mitregieren aus.
Wir halten das für fatal, aber es zeigt: Ja, hier kann jeder jederzeit mit jedem eine Koalition machen. Die etablierten Parteien unterscheiden sich nicht mehr großartig voneinander. Deshalb werden wir auch in Zukunft die AfD wählen – die einzige echte Oppositionspartei, an die wir die Erwartung haben, daß sie aus der Opposition heraus, wie einst die Grünen, etwas bewegt; aber zum guten!
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