Markige Sprüche, meinungsfreudige Talkshowauftritte und Bücher, über die die Republik diskutiert sind bei Gewerkschaftsfunktionären üblich und gehören ein Stück weit dazu. Auch bei Rainer Wendt. Jede Gewerkschaft äußert sich zudem regelmäßig über die politische Situation ihrer Branche. Es ist daher legitim, daß auch aus der Deutschen Polizeigewerkschaft klare Ansagen zur Sicherheitspolitik im Land kommen. Und daß Ralf Stegner vieles davon nicht gefallen dürfte, nunja – aus unserer Sicht spricht das eher für als gegen Rainer Wendt.

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Wir haben sein Buch Deutschland in Gefahr gelesen. Hier schreibt ein Polizist und stellt seine Sichtweise dar. Das muß man wissen und einordnen können. Die Forderungen müssen nicht jedem gefallen, aber aus unserer Sicht hat Deutschland definitiv ein Problem mit seiner Strafverfolgung. Wir brauchen kein härteres Strafrecht, sondern eine Umsetzung dessen, was heute schon möglich ist. Das gilt nicht nur für die Asylpolitik sondern generell.

Die Aussage, daß ein krimineller Asylbewerber sein Asylverfahren im Zweifel auch in einem deutschen Gefängnis verbringen kann, ist so trivial wie richtig. Das gilt gerade für gemeingefährliche Terroristen wie den Massenmörder Anis Amri. Ja, angeblich hätte man den trotz abgelehntem Asylverfahren nicht einfach außer Landes schaffen können, aber daß die hiesigen Behörden außerstande waren, diesen Typen zumindest hilfsweise in ein deutsches Gefängnis zu verbringen, kann man keinem anderen Staat dieser Welt vorwerfen.

Auch nach der Axtattacke in einem Regionalzug bei Würzburg, hat Rainer Wendt klare Kante gezeigt. Zur Erinnerung: Renate Künast von den Grünen hatte sich (und die Welt) empört über Twitter gefragt, ob der Täter nicht hätte „angriffsunfähig“ geschossen werden können: Ob man ihm nicht wie in den Wild-West-Filmen Lucky-Luke-mäßig die Axt hätte aus der Hand schießen können.

Twitter Screenshot https://twitter.com/RenateKuenast/status/755165764060078081

Dazu hat Wendt die richtigen Worte gefunden und wir fragen uns: Warum nochmal haben die deutschen Polizisten weder Elektroteaser noch Gummigeschosse? Wendt spricht sich aus unserer Sicht zurecht dafür aus.

Dann hört man gelegentlich in den sozialen Medien, bei Wendt sei ein Angriffspunkt gefunden worden und nun werde ein mißliebiger Gewerkschafter eben zu Fall gebracht. Doch ist das wirklich so? Wir meinen Nein! Wendt hat sich selbst angreifbar gemacht. Warum ist er für die hauptamtliche Tätigkeit als Gewerkschafter nicht unbezahlt beurlaubt worden? Man stelle sich einmal vor, Michael Vassiliadis – der Vorsitzende der IG BCE – würde zusätzlich zu seinen Bezügen als hauptamtlicher Gewerkschafter noch sein Gehalt von der Bayer AG bekommen, obwohl er dort seit 1986 beurlaubt ist, eben um in der Gewerkschaft zu arbeiten. Und so ist das hier auch.

Und dann geht es um Tantiemen für Aufsichtsratsposten. Wir finden es in Ordnung, daß ein Unternehmen wie die Axa-Versicherung ihren Aufsichtsrat mit einem breiten gesellschaftlichen Spektrum besetzt. Auch daß Rainer Wendt als Bundesvorsitzender einer DBB-Gewerkschaft solche Posten innehat, ist weder ungewöhnlich noch halten wir es für unethisch. Aber er hätte diese Bezüge natürlich bei seinem Dienstherren angeben und die Nebentätigkeit anmelden bzw. genehmigen lassen müssen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß er das Geld, das er mit seinem Buch verdiente und verdient, für gemeinnützige Zwecke spendet.

Trotzdem vermuten wir, daß der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sich wahrscheinlich innerlich ziemlich darüber freut, den mißliebigen Gewerkschafter womöglich bald los zu sein. Denn Nordrhein-Westfalen ist nicht nur im Zusammenhang mit der Kölner Silvesternacht ein Hotspot der organisierten Kriminalität, der man politisch zwischen Rhein und Weser vorne und hinten nicht Herr zu werden scheint. Daran ändern auch beschönigende Aussagen nichts und es braucht Leute, die diese Probleme ansprechen deren Leugnung durch die Politik wohl allenfalls als komisch betrachtet werden kann.

Ja, Rainer Wendt hat sich aus eigenem Verschulden angreifbar gemacht. Wir hoffen aber trotzdem, daß er in der deutschen Öffentlichkeit erhalten bleibt. Ob er den Posten als Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft behalten wird, können wir weder beurteilen noch entscheiden. Das ist eine interne Angelegenheit der Gewerkschaft und geht uns nichts an. Aber wir sind der Auffassung, daß Deutschland jede kritische Stimme im Zusammenhang mit Gewalt- und Kriminalitätsproblemen brauchen kann.

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