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Was mußten wir in der letzten Woche lesen? Italien und die Europäische Union streiten um den geplanten italienischen Staatshaushalt. Na sieh mal einer an. Hat die Europäische Union den nationalen Finanzministerien und vor allem den demokratisch gewählten Parlamenten gegenüber ein Vetorecht? Gilt das Etatrecht nicht traditionell als das Königsrecht der Legislative? Und dann kann Herr Juncker, dem wir bei seinem schweren Ischiasleiden eine schnelle Genesung wünschen, einfach mit „Daumen runter“ alles ablehnen? Wo sind wir denn?!
Klar: In der Praxis ist auch ein Parlament bei der Haushaltsberatung an viele gesetzliche und verfassungsmäßige Vorgaben gebunden. Manche Dinge muß der Staat finanzieren und auch die tatsächlichen Steuereinnahmen sind immer nur bedingt kalkulierbar. Nicht selten muß ein Parlament sich deshalb auf Nachtragshaushalte einigen. Aber auch hier: Das Parlament beschließt diesen mehrheitlich. Keine Autokraten, die heute schon das Selbstverständnis einer europäischen Ober-Regierung haben. Kleiner Hinweis: Das ist die EU-Kommission nicht.
Der ebenso umtriebige wie meinungsfreudige italienische Innenminister Matteo Salvini fand gleich deutliche Worte, sagt aber auch klar und deutlich, daß Italien und sein Volk an erster Stelle stehen. Eine Form der Arbeitseinstellung, die man bei politischen Mandatsträgern in der BRD schon lange vermißt. Zumal, seien wir ehrlich: Bislang hat man das mit den Maastricht-Kriterien im Euroraum ja auch nicht so eng gesehen. Oder versucht man hier, einer mißliebigen Regierung Steine in den Weg zu legen? Es sieht fast so aus.
Italien zeigt, warum der Euro nicht funktioniert
Klar: Man hat sich bei der Einführung des Euros gemeinsam auf bestimmte Stabilitätskriterien geeinigt. Hintergrund ist, daß die Staatsverschuldung eines einzelnen Landes ja an anderer Stelle wieder erwirtschaftet werden muß. Zumal ein Staat im Euroraum nicht mehr die Möglichkeit hat, seine Schulden auf dem Weg der Inflation real zu senken oder durch eine Währungsabwertung dafür zu sorgen, daß die Wettbewerbsfähigkeit auf diesem Wege steigt.
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Dabei ist Italien in einem ähnlichen, aber wahrscheinlich aufgrund der Größe deutlich dramatischerem Dilemma als Griechenland: Einerseits ist klar, daß das Land ein Infrastrukturproblem hat und dringend gegensteuern muß. Gleichzeitig müssen Mittel und Wege gefunden werden, um die Arbeitslosigkeit, gerade unter jungen Menschen, zu senken. Derweil ist das Land aber schon hoffnungslos überschuldet und steckt in einer Währung fest, mit der es nicht klarkommt.
Ganz offiziell ist Italiens Kreditwürdigkeit knapp über Ramschniveau. Und hier glauben wir auch nicht, daß das übertrieben ist, sondern es wird schon so sein. Aber was soll die Regierung denn machen? Weiterhin zusehen, wie das Land verfällt? Sollen noch mehr Brücken einstürzen? Wir halten es nicht nur für legitim, sondern für die Pflicht der italienischen Regierung, eine Massenverelendung, wie sie in Griechenland real ist, zu verhindern – ob das der EU-Führung paßt oder nicht.
Schuldner und Gläubiger
Wenn Du der Bank zehn Millionen Mark schuldest, dann hat die Bank dich in der Hand. Wenn Du der Bank aber zehn Milliarden Mark schuldest, dann hast Du die Bank in der Hand und – kleine Ergänzung zum Volksmund – wenn Du der Bank zehn Billionen Mark schuldest, dann hast Du die Bundesregierung in der Hand. So ähnlich sind die Effekte hier auch, denn niemand könnte sich einen Euro-Ausstieg Italiens leisten. Die Gläubiger wären die gelackmeierten. Das wissen die Herren Conte und Salvini – und auch sie können nur das Blatt spielen, das sie auf der Hand haben.
Zusätzlich zu einem Großteil der in Euro lautenden italienischen Staatsverschuldung müßten dann wohl auch die offenen Target-2-Salden in Höhe von einer knappen halben Billion Euro abgeschrieben werden. Hauptlastträger wäre die Deutsche Bundesbank, deren offene Forderungen seit einigen Monaten aufsummiert bei rund einer ganzen Billion Euro – oder tausend Milliarden Euro liegen. Was also sonst soll man vor diesem Hintergrund sagen als „too big to fail“?
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Denn was würde in Italien passieren, wenn sie morgen keine Euros mehr bekämen? Der italienische Staat würde seine Verpflichtungen nach außen nicht mehr erfüllen können. Wohl aber hat der Staat ja Kraft Landesrecht auch Verpflichtungen nach innen. Hierfür müßte man dann Geld drucken – ob mit dem Namen Lira oder was auch immer. Die Forderungen an Italien wären alle futschikato und das Land könnte seine Waren wahnsinnig billig auf den Markt schmeißen – die Abwertung wäre erfolgt.
Klar: Italien wäre nicht mehr kreditwürdig und ein ungeordneter Euroausstieg wäre mitnichten die Rettung, sondern könnte chaotische Folgen mit sich bringen. So gesehen pokern hier zwei Seiten. Es ist wie bei der Logik der Abschreckungspolitik: Beide drohen sich gegenseitig mit etwas, das sie beide nicht wollen in der Hoffnung, daß der jeweils andere so rational ist, im Zweifel klein beizugeben. Weil man Italien aber nicht einfach – wie das kleine Griechenland – mit Geld zukleistern kann (das bei den Menschen nicht ankommt), dürfte die Krise hier schwerwiegender sein.
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