SV Barrera https://www.flickr.com/photos/24706657@N06/4033865007/in/photolist-79sBwF-nxKCN-47AdZ-7hvAXD-6G4sKG-47zVL-8AAcDU-8AAcj1-47A5p-47A8J-8AA9Xj-47zQC-dbPRPN-7KV9Fo-3Vkim-7V66N7-7BiM4Y-6Yjg9-97TB8E-9bKB3X-7

Seit dem heutigen Sonntag (1. Oktober) gilt in Österreich ein allgemeines Vermummungsverbot. Auch aus religiösen Gründen darf sich niemand in eine Burka oder was auch immer zwängen, sondern das Gesicht muß frei und erkennbar bleiben. In der Schweiz ist das schon länger so und wir müssen leider feststellen, daß man in der BRD damit einen politischen Sonderweg geht. Während natürlich Sparkassen und Banken das Recht haben, vermummte Personen hinauszubitten gibt es keine allgemeine gesetzliche Regelung.

Anfang des Jahres jedoch kam ein Rechtsgutachten zu dem Ergebnis, daß eine Vollvermummung in öffentlichen Schulen in Niedersachsen rechtens ist. Solange ein Sehschlitz verhindert, daß die Schülerin ständig vor Türrahmen und Wände läuft, sei nichts dagegen einzuwenden. Spontan fällt uns ein, daß das Gesetz dann eben geändert werden muß. Wir wollen keine vermummten Personen im öffentlichen Raum, weder an Schulen, noch in Banken und Sparkassen oder sonstwo. Wir möchten den Menschen gerne ins Gesicht schauen, mit denen wir zu tun haben.

Und machen wir uns einen Augenblick lang Gedanken über die Frage, was das konkret bedeutet: Wenn Eltern lieber außerhalb der Schulferien Urlaub machen wollen, weil das dann billiger ist, dann haben sie Pech: Das geht nicht, denn die Schulpflicht gilt für alle. Man kann sein Kind nicht einfach ein paar Wochen aus der Schule nehmen. Wenn die Kinder aber stets vermummt sind, könnte man einfach wen anders hinschicken und keiner würde es merken. Wenn Kind A. durch Kind B. ersetzt wird, wird es auffallen. Es sei denn, alle sind stets vermummt.

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Spinnen wir diesen Gedanken noch etwas weiter: Man stelle sich mal vor, Kind A. ist gut in Mathematik, Kind B. kann gut Schreiben, dafür ist Kind C. im Kunstunterricht bewandert. Kind D. hingegen hat Chemie als Lieblingsfach. Sowas kommt ja durchaus vor, trotzdem muß man eben auch für die Sachen lernen, die weniger Spaß machen. So ist das im Leben, man kann sich nicht immer nur das spaßige aussuchen. Oder doch?

Wer sagt denn, daß eine Schülerin, die gut in Mathe ist, nicht für ihre Freundinnen die Klassenarbeiten gleich mitschreibt? Im Gegenzug werden dann die Deutschaufsätze wieder von anderen Kindern geschrieben. Klar, wenn bei einer Klassenarbeit nicht mehr Aishe, sondern Aylin da ist, fällt das auf. Aber nicht, wenn sie beide stets vermummt sind. Dann kann niemand nachvollziehen, wer die Person ist, die gerade am Unterricht oder an der Klassenarbeit teilnimmt. Sie sind ja vermummt.

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Und wo führt uns das hin? Am Ende dessen steht der totale Verlust von Persönlichkeit, Identität und Individualität. Es gäbe nicht mehr Aisha und Aylin, sondern nur noch Kind 1 und 2 – beliebig vertauschbar. Die Individualität und die damit einhergehende Selbstfindung des Menschen ist abgeschaltet. Aus einer Vielzahl einzelner wird ein anonymes Kollektiv. Der einzelne verliert seinen Stellenwert, er verliert was er ist und was er tut. Der Mensch verschwindet und wird zur Masse.

Wir wollen das nicht. Wir wollen auch in Zukunft in einer Gesellschaft leben, in der sich Menschen ins Gesicht gucken. Wir wollen wissen, mit wem wir es zu tun haben – und wollen Leute, die wir kennen auch erkennen. An der Nase, an der Frisur, am Mund, an allem möglichen. Der vollständige Verlust der Individualität war bislang nur aus Horrorszenarien des Kommunismus bekannt. In Nordkorea kann man Menschen vielleicht austauschen, ohne daß es einer merkt. In der BRD wollen wir das nicht. Und wer in einem Land leben will, indem Vermummung üblich ist: Die Grenzen sind doch offen. Auf Nimmerwiedersehen!

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