Der vorübergehende Kontrollverlust an den Grenzen ist längst beendet. Auch die mehrfache Stellung von Asylanträgen ist inzwischen technisch nicht mehr möglich. Solche und ähnliche beruhigende Erklärungen hören wir im Superwahljahr 2017 allerorten und wir wissen: Alles ist gut. Die Krise war vorübergehend, jetzt ist die Sache vorbei und #WirSchaffenDas.

Der Focus erzählt eine andere Geschichte. Der pakistanischstämmige deutsche Journalist Shams Ul-Haq (Foto) hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach verdeckt in Unterkünftige für Asylbewerber eingeschlichen, um aus erster Hand zu berichten, wie es den „Geschenkmenschen“, die uns wertvolleres als Gold bringen, wirklich geht.

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Und ganz offensichtlich ist es bis heute ohne weiteres möglich, daß ein- und dieselbe Person mehrfach Asyl beantragt. Auch daß es in solchen Fällen mehrfache Auszahlungen finanzieller Geldleistungen (Sozialhilfe oder äquivalente Regelungen für Asylbewerber) gibt, scheint noch immer möglich zu sein. Zuerst ging es nach Dortmund in die Erstaufnahmeeinrichtung und von da aus weiter ins benachbarte Unna. Natürlich müßten hier Fingerabdrücke genommen und in eine zentrale Datenbank zum automatisierten Abgleich hochgeladen werden. Und zwar auch dann, wenn jemand sagt „mir ist übel, ich kann jetzt nicht“; nach dieser Ausrede brauchte Shams Ul-Haq zunächst keine Fingerabdrücke abgeben.

In einer aktuellen Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mainz geht Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft genau darauf ein. Einige sind mehrfach da und auch wenn die Fingerabdrücke zentral gespeichert werden sollen passiert das eben häufig nicht. Die technischen Anlagen dazu müßten erstmal vorgehalten werden und viele Kreise und kreisfreien Städte denken gar nicht daran, sich sowas anzuschaffen.

Und wenn Shams Ul-Haq dann mit einer Kollegin nach Bremen weiterreist, mit einem arabischen Namen behauptet, Inder zu sein, offen angibt, bereits in Wien gewesen zu sein und kein Mitarbeiter der zuständigen Stellen sagt: „Moment, warum hast Du in Wien kein Asyl beantragt?“, dann stimmt etwas gewaltig nicht. Und erst recht dann, wenn ein Mann mit einem arabischen Namen sagt, Inder zu sein, ist das ein Grund, mal nachzugucken – im Zweifel auch in den Smartphones, die anders als die Ausweise so gut wie immer dabei sind.

Und man muß sich vor diesem Hintergrund die Frage stellen: Passiert das wirklich nach wie vor nur aus Versehen? Wir wissen inzwischen, daß man bewußt weggeschaut hat, um ein freundliches Gesicht zu zeigen. Das Bild des armen Menschen, der direkt aus einem Kriegsgebiet kommt und nichts außer ein paar alter Klamotten am Leib besitzt, ist eben zu romantisch und verklärt, als daß man sich mit organisiertem Sozialbetrug und der möglichen Einschleusung von Terroristen befassen könnte.

Aber Tatsache ist: Erst in Bayern ist das Spielchen aufgeflogen. Weder in Dortmund, noch in Unna, Karlsruhe oder Bremen hat irgendjemand gemerkt, daß der Mann bereits an anderer Stelle Asylanträge gestellt hat. Und wenn selbst die Information „Ich bin aus Wien hergekommen“ nicht mehr schädlich für den Asylantrag und das -verfahren ist, dann haben wir nach wie vor ein ernsthaftes Problem mit der Rechtsstaatlichkeit. Und solange das der Fall ist, brauchen wir weder über Obergrenzen noch über sonstige Rechtsverschärfungen oder -anpassungen diskutieren.

Ganz besonders aber freut es uns, daß es wieder der Focus war, der sich mit dieser Sache so umfassend beschäftigt und Mißstände aufgedeckt hat. Wo andere Mainstream-Medien dieser Tage in die kollektive Schulzomanie verfallen, der Spiegel beispielsweise "SANKT MARTIN" titelt, bringt Focus hingegen ein kritisches Cover.

Aber gut, vermutlich haben sie ob des letzten Gefechts gegen Rechts keine Kapazitäten mehr für die echten Probleme in diesem Land während der Focus bis heute vom positiven Einfluß des Gründers Helmut Markwort profitiert: Fakten, Fakten, Fakten! Ob das nun den Grünen paßt oder nicht. Danke, Focus!

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