Statt Regime Changes möchte Trump lieber eigene Probleme lösen

YT Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=5ibh2qZ1Xmw

Hat sich jemand die erste Rede Donald Trumps vor dem US-Kongreß angehört? Zugegeben, wir haben uns wegen der Zeitverschiebung nicht die Nacht um die Ohren geschlagen, sondern nach Sonnenaufgang die Wiederholung auf Youtube gesehen, aber wenn der Spiegel von einem anderen, gar einem zweiten Trump spricht, dann stellen wir uns die Frage, was der Autor meint.

Donald Trump spricht so, wie er bereits im Wahlkampf aufgetreten ist – und zwar jenseits irgendwelcher verzerrten deutschsprachigen Berichte: In einem klaren und verständlichen Englisch. Auch wir als Fremdsprachler können seinen Reden ohne größere Probleme folgen und haben uns bereits 2015 und 2016 zahlreiche seiner Auftritte angeschaut. Ja, es wurde gelegentlich ganz vorsätzlich suggeriert, daß dieser Mann sich nicht im Griff habe, aber das stimmt nicht. Donald Trump ist niemand, der aus einer Kurzschlußreaktion heraus die Welt in Schutt und Asche bombt.

Bei der Tagesschau ist zumindest die Rede von einem neuen Ton. Ina Ruck schreibt für Tagesschau.de: Anders als bei seinen typischen Auftritten, bei denen er häufig assoziativ von Thema zu Thema irrlichtert, Sätze unvollendet lässt oder bestimmte Worte und Wendungen gebetsmühlenartig wiederholt, war dies eine stringent geschriebene, konzentriert und ungewöhnlich diszipliniert vorgetragene Rede.

Und wir fragen uns, welchen Donald Trump Frau Ruck wahrgenommen haben mag. Gut, uns bezahlt die GEZ keinen Dauerurlaub in Amerika, aber bei all dem, was wir von Donald Trump gesehen und gehört haben, können wir nicht nachvollziehen, wo dieser Eindruck herkommt. Wir jedenfalls haben einen komplett anderen Eindruck. Donald Trump weiß, wovon er spricht und er tut nach den Wahlen das, was er vor den Wahlen angekündigt hat.

Das mag für manche deutschsprachige Leitmedien kurios sein, aber im Grunde ist doch gerade das Sinn und Zweck von Wahlkämpfen und politischen Überzeugungen: Man hat verschiedene Ansichten und die Kandidaten werben für ihre Überzeugungen. Donald Trump will illegale Einwanderung sowie den Schmuggel von Rauschgift und Waffen ebenso verhindern wie massenhafte Billigimporte aus Mexiko. Das kann man gut oder schlecht finden, aber das war und ist seine Agenda – immer noch.

Donald Trump steht für etwas anderes, Roland Koch hat das im Interview mit Achim Winter gut erkannt: Die Globalisierung wird neu verhandelt. Um die Verhältnisse zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten darzulegen: Achtzig Prozent der Exporte aus Mexiko gehen in die Vereinigten Staaten, das Land profitiert zudem ganz massiv von Direktinvestitionen US-amerikanischer Firmen. Mit anderen Worten: Mexiko macht ein gutes Geschäft damit, daß amerikanische Unternehmen zu Billiglöhnen bei ihnen produzieren lassen und die Ware im Hochpreisland USA absetzen wollen.

Gleichzeitig profitieren bestimmte Unternehmen massiv davon, daß illegale Einwanderer aus Mexiko und anderen mittelamerikanischen Staaten für geringe Löhne in den USA arbeiten und einen Teil ihres Verdienstes zurück nach Mexiko schicken. Für Firmen wie Amazon ist das eine attraktive Möglichkeit, im US-amerikanischen Inland billige Arbeitskräfte für die eigenen Logistikzentren anzuheuern.

Dabei hat gerade Amazon jüngst angekündigt, wieder verstärkt in Amerika investieren zu wollen. Ein erster Trump-Effekt? Darüber kann man natürlich nur spekulieren. Aber ohne Frage vertritt der neue US-Präsident die Interessen inländischer Arbeitnehmer und will verhindern, daß diese es mit Billigkonkurrenz zu tun kriegen: Sowohl mit illegalen Einwanderern, die für Niedriglöhne im US-Inland arbeiten als auch mit Firmenstandorten in Mexiko, die keinen anderen Zweck haben, als vom niedrigen Lohnniveau Mittelamerikas zu profitieren.

Youtube https://www.youtube.com/watch?v=8nGYkEBDjX8

Und in unseren Augen ist genau das, was die These „America first“ ausmacht. Vielleicht stellt sich in einigen Jahren raus, daß wir uns irren, aber im Moment sieht es aus, als würden die Vereinigten Staaten künftig weniger wert auf Regime Changes in Südamerika oder Nahost legen, sondern ihre eigenen Probleme lösen wollen.

Und davon gibt es wahrlich genug, die Barack Obama schlichtweg ignoriert hat. Amerika hat eine über weite Strecken desolate Infrastruktur und erhebliches Investitionspotential. Gleichzeitig hat das Land eine zumindest teilweise komplett verelendete Unterschicht mit immer schlechter werdenden Aufstiegschancen durch bessere Bildung.

America First heißt, daß die US-Politik sich deutlich stärker um die Situation im Inland kümmern wird als bislang und wir sind gespannt, was in der nahen Zukunft folgt. Nur in einem sind wir uns sicher: Hillary Clinton im Oval Office wäre für die Welt deutlich gefährlicher gewesen als der Mann, der jetzt dort ist.

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Heribert

Heribert bewertete diesen Eintrag 03.03.2017 15:52:13

Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 03.03.2017 09:59:00

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