Heute ist der 31.Oktober 2021. Für viele ein (beinahe) ganz normaler Tag - doch für die evangelische Christenheit in Europa eine einschneidende Zäsur. Denn selten ereignet sich die Möglichkeit den geistigen, politischen und kulturellen Verfall Europas aus erster Hand mitzuerleben.
"Es ist was faul im Staate Dänemark" lies Shakespear noch Marcellus in seinem bekannten Werk Hamlet sagen - im englischen Original klingt die Aussage natürlich noch gravierender, als in der höfisch anmutenden deutschen Übersetzung: "Something is rotten in the state of denmark". Ich möchte daher diesen legendären Ausspruch diesem Artikel voranstellen und meine: Something is rotten in the european Union. Und ich bezweifle, dass der leicht süßlich-süffisante Mief tatsächlich von den heute in großer Zahl herumlaufenden Gruseldödeln stammt, die als Zombies oder Vampire verkleidet am kitschig-süßlich-sauren Halloweenklamauk unkritisch sich beteiligen.
Der 31 Oktober war auch in meiner Jugend ein besonderer Tag. Dies aber nicht, weil wir irgendeine Art von amerikanischem Gruselevenet gefeiert hätten, sondern weil wir - als evangelische Christen - an diesem Tag alljährlich der Reformation, und damit einem der historischen Prozesse und Ereignisse gedenken, die die Geschichte des aufgeklärten, modernen Europas entscheidend mitgeprägt hat.
Wussten Sie beispielsweise, dass die Reformation als einer der ersten großen Vorläufer und Wegbereiter der Aufklärung gesehen wird? Sie ist somit ein wesentlicher Bestandteil jener geistesgeschichtlichen Entwicklung, die Europa aus dem finsteren Mittelalter hinaus zu einer neuen intellektuellen und kulturellen Blüte geführt hat. Evangelische Christen waren - und sind bis heute - Teil eben dieser Entwicklung. Die evangelische Kirche hat neben der Verkündigugn des Evangeliums gerade primär auch die Wissenschaft und Bildung als wesentliche Elemente ihres Selbstverständnisses gefördert und in einem historisch einzigartigen Prozess vorangebracht. Der Bildungsprotestantismus hat seinen Teil dazu beigetragen, dass sich Wissenschaft und Kunst so frei entfalten konnten, wie sie es eben im Laufe der Geschichte Europas getan haben. Er hat auch - ob wissentlich oder unwissentlich - seinen Beitrag zur Definition der uns heute als "die Menschenrechte" bekannten europäischen Grundwerte unseres modernen Wertekanons geleistet, der heute in Gestalt der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auch in Österreich den Rang eines Verfassungsgesetzes hat. Und so in ganz Europa - ja im gesamten Westen - einen übergeordneten, einheitlichen, positiv geprägten Kulturraum geschaffen hat. Doch im Unterschied zu zahlreichen Feiertagen anderer Religionen, haben wir heute - in Österreich und Deutschland 2021 - keinen Beitrag hochrangiger Politiker gesehen, der evangelischen Christen zu diesem internen Feiertag und dieser historischen Beteiligung und Mitwirkung an der europäischen Geistesgeschichte gratulieren würde. Und das ist durchaus bemerkenswert.
Denn all dies scheint heutigen Politikern und Amtsträgern europäischer Länder weder als eigenständige Leistung im Gedächtnis zu sein, noch überhaupt ein Kommentar wert. Anders als diverse Feierlichkeiten anderer Religionen - wie etwa dem sehr offensiv auftretenenden politischen Islam - zu deren Anlässen sich hochrangige europäische Politiker geradezu euphorisch an Glückwünschen und rituellen Grußformeln beteiligen. Uns evangelischen Christen indessen erkennt man in Österreich unter der Egide der türkis-grünen ÖVP zunehmend unsere Rechte, unsere Feiertage und damit einen Teil unserer spirituellen und kulturellen Identität ab. Als evangelische Christen und Europäer werden wir in unserem Land also schlechter behandelt, als politisch verbrämte Islamisten, die offen angeben zentrale europäische Werte (wie etwa die Menschenrechte) abzulehnen und stattdessen eher ein Leben im Geiste und nach dem Vorbild der Scharia leben zu wollen. Und das sollte man erst einmal sacken lassen.
Es ist was faul in der europäischen Union. Und es ist etwas faul, im Lande Österreich. Es ist der 31. Oktober 2021 - Reformationstag. Doch aus den politischen Schaltzentralen dieses Landes ertönt statt einer Wertschätzung der eigenen Geschichte, vielmehr der süffisante Gruselruf kostümierter Ami-Zombies: "Geeeehiiirrrrrnneeeeeee. Geeeehiiirrrrrnneeeeeee" und es steht zu befürchten, dass dieser einmal mehr ungehört verhallen wird.
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