Es wird oft gesagt, daß die Menschheit nichts aus ihrer Geschichte lernt. Das gilt zwar uneingeschränkt für die humane Spezies als Gesamtheit, aber zwischen den einzelnen Individuen bestehen in dieser Hinsicht erhebliche Unterschiede. Dem historischen Lern-Defizit unterliegen natürlich in erster Linie Leute, die bestimmte geschichtliche Episoden nicht oder nicht bewußt mitbekommen haben. Man kann das häufig bei älteren Menschen feststellen, die lange Zeit in der DDR gelebt hatten, wo über gewisse politische Ereignisse und Entwicklungen entweder gar nicht oder in stark tendenziöser Form berichtet wurde. Zu solchen älteren Leuten aus der DDR zählt die derzeit amtierende Regierungschefin der Bundesrepublik Deutschland.

In ihren Ansprachen und Interviews hat Angela Merkel in den letzten zwei Jahren immer wieder eine BEDINGUNGSLOSE Willkommens-Kultur für Flüchtlinge gefordert. Neben der bereits als Teil des Merkel-Sprechs bekannten und häufig zitierten "Alternativlosigkeit" gibt es also auch noch eine weitere gebetsartig wiederholte Platitüde, die "Bedingungslosigkeit." Rational durchdacht müßte man diese Forderung als einen Treppenwitz der Geschichte betrachten, denn Migranten ohne jegliche Bedingung in Horden ins Land zu lassen, bedeutet einen bevölkerungspolitischen Blindflug. Aber diese Kanzlerin kann auf weite Strecken durchaus ohne Sicht fliegen, denn sie hat einen eingebauten Autopiloten, die Machterhaltung.

Man kann diesen monströsen Unsinn zu einem gewissen Teil auch auf die mangelhafte Geschichtskenntnis dieser promovierten Physikerin zurückführen, denn im Westen hat es Ereignisse gegeben, von denen sie ganz offenbar nichts weiß, deren pädagogischer Inhalt ihre politische Entscheidungsbasis aber wesentlich bereichern würde. Ich möchte hier über eine solche Episode berichten, die in gewisser Weise eine Ähnlichkeit mit der gegenwärtigen europäischen "Flüchtlingskrise" aufweist, und die zeigt, welche Folgen eine solche BEDINGUNGSLOSIGKEIT haben kann.

In meiner letzten beruflichen Tätigkeit war ich Geschäftsführer eines Medizingeräte-Hersteller in Miami, dessen Belegschaft zu mehr als 80% aus Exil-Kubanern bestand. In der Montage-Halle arbeiteten fast ausschließlich ältere Frauen. Eines Tages fragte ich eine von ihnen, wann sie denn nach Miami gekommen sei. Sie wich der Frage geschickt aus und lenkte das Gespräch auf ein anderes Thema. Etwas später erinnerte mich eine der anderen Arbeiterinnen, die das Gespräch mit angehört hatte, daran, dass es problematisch sei, jemanden in Miami zu fragen, wann er oder sie aus Kuba herausgekommen sei. Das sei der Grund, warum ihre Kollegin meine Frage nicht beantwortet hätte. Sie fügte hinzu: "Gloria kam 1980 mit dem "Boatlift," aber sie will natürlich nicht, dass man sie als eine "Marielita" erkennt.

Was ist eine "Marielita" oder, wenn es ein Mann ist, ein "Marielito?" Die Bezeichnung ist von der kubanischen Hafenstadt Mariel abgeleitet, besagt also, dass die betreffende Person aus Mariel gekommen war. Und was war der "Boatlift?" Nun, die meisten der in Florida lebenden Exil-Kubaner waren schon kurz vor Castros Machtübernahme oder kurz danach in die USA geflüchtet. Das waren die Wohlhabenden, die einen großen Teil ihres Geldvermögens rechtzeitig in die USA geschafft hatten. Aber in der Zeit danach erlebte Florida analog betrachtet genau das, was sich heute zwischen Nordafrika und Europa abspielt: Massen von Kubanern flüchteten vor dem Castro-Regime übers Meer in die USA.

Die Süd-Spitze der Vereinigten Staaten, die Insel Key West, ist weniger als 170 km von der Nordküste Kubas entfernt. Also versuchten über die Jahre und Jahrzehnte Tausende von Kubanern auf allen möglichen "Wasserfahrzeugen" die Südküste der USA zu erreichen. Einige schafften das tatsächlich, aber sehr viele kamen auf selbstgebastelten Kähnen, Fischkuttern und sogar auf Flößen, die alles andere als seetüchtig und meistens auch noch mit Menschen überladen waren. Viele davon kenterten und die Insassen ertranken, genauso wie heute viele Migranten aus Afrika im Mittelmeer ums Leben kommen.

Diese Ereignisse brachten das kubanische Regime immer stärker in Verruf, vor allem auch deswegen, weil dieses Flüchtlings-Elend die Schlagzeilen der US-amerikanischen Medien beherrschte. In Havanna bemühte man sich jahrelang die Boots-Flüchterei einzudämmen, aber ohne sichtbaren Erfolg. Aber dann, im Jahre 1980, griff Fidel Castro zu der Maßnahme, die als der "Boatlift" von Mariel in die Geschichte einging. In einer Fernseh-Rede erklärte der "Maximo Lider," Kuba wolle niemanden zurückhalten, der mit seinem Regime nicht einverstanden sei. Wer das Land verlassen wolle, brauche nicht mehr das Risiko einer Seereise auf selbstgebastelten Booten auf sich zu nehmen. Diejenigen, die in die USA emigrieren wollten, sollten sich in den folgenden Tagen im Hafen von Mariel einfinden. Die Gringos (Schimpfwort für die US-Amerikaner) dürften dann mit Schiffen kommen und diese Leute abholen. Kuba würde sie nicht daran hindern.

So kam es dann auch. Aber Castro hatte sich verrechnet. Er hatte gedacht, dass die Boots-Flüchtlinge Ausnahmen waren, und dass nur eine relativ geringe Zahl von Kubanern ihrem Land wirklich den Rücken kehren wollte. Statt dessen aber machten sich Zigtausende aus allen Teilen der Insel auf den Weg nach Mariel. Bald wimmelte es im Hafen dieser Stadt von Leuten die Kuba verlassen wollten.

Da kam Fidel ein raffinierter und hinterlistiger Gedanke, wie er den Gringos schaden und sich selbst nützen könnte. Er ließ die Tore der Gefängnisse öffnen und den Insassen mitteilen, sie könnten ebenfalls von seinem Angebot Gebrauch machen und in die USA ausreisen. Die kubanische Regierung ließ sogar viele von ihnen mit staatlichen Bussen nach Mariel bringen. Man weiß aber auch, dass viele der auf freiem Fuß befindlichen kubanischen Verbrecher sich unter die Wartenden im Hafen von Mariel mischten. Schließlich waren die USA ein viel reicheres Land und man konnte sich dort bei Raubzügen größere Beute erwarten.

Es kam dann in der Tat eine große Anzahl von Schiffen aus den USA, um die wartenden "Flüchtlinge" abzuholen. Diese Maßnahme wurde hauptsächlich von den bereits in Miami lebenden Exil-Kubanern organisiert und finanziert und von der US-Regierung wohlwollend geduldet. Aber auch die amerikanische Marine beteiligte sich an der "Rettungs-Aktion." Jeder, der von Kuba fort wollte, wurde BINDUNGSLOS an Bord genommen, denn die Mannschaften der Schiffe konnten ja nicht zwischen unbescholtenen Kubanern und Verbrechern unterscheiden. Obwohl die USA grundsätzlich keine BEDINGUNGSLOSE Willkommens-Kultur pflegen, machten sie in diesem einen Fall eine Ausnahme.

Aber Miami und Washington wussten nicht, worauf sie sich da einließen: Castro hatte die Freilassung der Gefängnis-Insaßen natürlich nicht an die große Glocke gehängt, und die Betreiber der Abhol-Aktion hatten keine Ahnung, dass viele der 125,000 "Flüchtlinge" in Wirklichkeit hartgesottene Kriminelle waren. Erst lange nach dem "Boatlift" kam die volle Wahrheit langsam ans Licht der Öffentlichkeit. Zwar wurden die Einwanderer zunächst in Internierungslager gesteckt (wie vorher auch alle Boots-Flüchtlinge). Sie durften diese Lager aber ziemlich bald verlassen, wenn ein amerikanischer Staatsbürger für sie eine Bürgschaft erstellte (man beachte den Unterschied zu Deutschland!). Aber die Unbescholtenen unter den Flüchtlingen hatten damit keine großen Probleme, denn viele von ihnen hatten in den USA Verwandte, die bereit waren, für sie zu bürgen.

Diejenigen, für die niemand bürgte, wurden einer Nachforschung unterworfen, die sich über mehrere Wochen hinziehen konnte aber in den meisten Fällen keine Resultate erbrachte, so dass man diese Leute bald als "unbedenklich" einreisen ließ. Aber die meisten Kriminellen warteten das Ende dieser "checks" gar nicht ab sondern fanden ziemlich schnell Wege, aus der Internierung zu entkommen. Die Lager waren nicht hermetisch abgeriegelt und nur leicht bewacht, und was ein hartgesottener Verbrecher ist, der lässt sich nicht von einem Zaun oder einem Wachposten aufhalten. Bald tummelten sich in den Straßen von Miami die "Marielitos," die jetzt in Florida das taten und immer noch tun, wofür sie seinerzeit in Kuba hinter Schloss uns Riegel gesteckt worden waren. Castro war es gelungen, seine Verbrecher in die USA zu exportieren, wo sie auch heute noch ihr kriminelles Unwesen treiben.

Die Marielitos sind für Miami das, was die Mafia für Sizilien und die Camorra für Neapel ist. Marielitos-Banden betätigen sich hauptsächlich im Rauschgifthandel aber auch in allen anderen Verbrechensarten bis hin zum Auftrags-Mord. Zwar sind viele der heutigen Marielitos nicht mehr jene, die 1980 aus Kuba kamen. Manche sind verstorben, im Kampf mit der Polizei gefallen, oder sie bevölkern inzwischen amerikanische Gefängnisse. Aber wenn sich das organisierte Verbrechen einmal etabliert hat, dann hat es auch keine Probleme, laufend Nachwuchs zu rekrutieren. Man wird das Übel dann nicht mehr los.

Bevor der "Boatlift" begonnen hatte, war Miami eine der sichersten Städte der USA, seit dem Ende dieser Aktion gehört ganz Süd-Florida zu den unsichersten Gegenden Nord-Amerikas. Der Begriff "Marielito" bezog sich anfänglich auf alle Kubaner, die im Rahmen des "Boatlifts" von 1980 in die USA kamen, aber heute wird diese Bezeichnung nur noch für die Mitglieder des Verbrecher-Syndikats verwendet. Damit wird auch klar, warum mir meine Mitarbeiterin nicht auf die Nase binden wollte, wann sie aus Kuba ausgereist war. Auch wenn für jemanden durchaus die Vermutung der Redlichkeit besteht, bleibt es irgendwie an einem hängen, dass man zusammen mit einer Horde von Kriminellen ins Land gekommen ist, und das vermutlich auch noch auf demselben Schiff.

Miami und seine Marielitos sind ein gutes Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn man eine BEDINGUNGSLOSE Willkommens-Kultur pflegt und jeden Migranten unbesehen als politisch Verfolgten betrachtet. Die USA haben zwar im Gegensatz zu Deutschland klare Richtlinien dafür, wer einwandern darf und wer nicht, aber sie machten traditionell einen schweren Fehler, der ihrer vorherrschenden anti-kommunistischen Ideologie entspringt: Wer aus einem kommunistischen Land flüchtete, für den galt grundsätzlich die Vermutung, dass er ein politisch Verfolgter war.

Zwar war man auch dann noch vorsichtig, denn der Betreffende konnte ja ein einzuschleusender kommunistischer Spion sein, aber bei dem Erzfeind Kuba ließ man alle Regeln der Vorsicht außer Acht. Wer der Hölle des "Satans" Castro entfloh, der konnte nach amerikanischer Vorstellung gar nichts anderes sein als ein guter Mensch. Inzwischen hat man aus der Marielitos-Affäre gelernt. Nicht daraus gelernt hat man diesseits des Atlantiks, denn selbst jene, die dieses Ereignis seinerzeit in den Medien mitverfolgten, haben es längst vergessen, und von unseren jüngeren Zeitgenossen hat kaum einer jemals etwas von einer kubanischen Flüchtlingskrise gehört.

Die Geschichte wiederholt sich nicht aber sie reimt sich, sagte einst Mark Twain. Es ist daher nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Diktator in Afrika oder Vorderasien sich ein Beispiel an Fidel Castro nimmt und seine Kriminellen auf Schiffe setzt, um sie nach Europa zu exportieren. Aber genau so, wie die Amerikaner und Exil-Kubaner nicht auf den Gedanken kamen, dass Castro tun könnte, was er tat, genauso unbefangen verhalten sich unsere Politiker in Bezug auf die Leute, die sie zur Zeit in Massen aus dem vorderen Orient und aus Afrika in unser Land hereinholen.

Eine BEDINGUNGSLOSE Willkommens-Kultur widerspricht jeglicher politischen Vernunft und Vorsicht und ist daher eine sträfliche Missachtung des an die Politiker gerichteten verfassungsmäßigen Auftrags und des von ihnen geleisteten Amtseids, Schaden vom Volke abzuwenden. Im Geiste der Verfassung gilt aber als "Volk" die Gesamtheit jener Leute, die in ihrer Mehrheit diese Politiker ins Amt gewählt haben, und nicht, wie die deutsche Regierungschefin meint, alle Menschen, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Lande aufhalten.

Leider verhalten sich die deutschen Staatsbürger, von denen Schaden abgewendet werden soll, in ihrer überwiegenden Mehrzahl genauso einfältig wie ihre Politiker, denn sie wählen diese Politiker, die ihnen den Schaden verursachen statt ihn abzuwenden, nach wie vor sehenden Auges in die Ämter. Aber in der Politik bleibt auf die Dauer kein Stein auf dem anderen, und sobald die Leute von ihrer Willkommenskultur ausgenüchtert sind, wird die Mehrheit von ihnen über den vergangenen Zeitgeist ungläubig den Kopf schütteln.

Man wird sich fragen, wie es kommt, dass erwachsene Menschen, die ein Gehirn besitzen, einer derartig infantilen Haltung anheimfallen können. Dabei werden sich die Fragensteller nicht eingestehen, daß sie lange Zeit selbst zu diesen Einfaltspinseln gehört hatten. Denn wie immer will ja hinterher keiner nichts gewesen sein. Die Ernüchterung wird allerdings erst erfolgen, wenn die Leute die Auswirkungen ihrer BEDINGUNGSLOSIGKEIT am eigenen Geldbeutel und am eigenen Leib zu spüren bekommen.

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