Ich bin kein politischer Mensch. Ich bin auch kein sonderlich intelligenter Mensch. Ich bin ein Normalo, nicht besonders attraktiv, aber so schlecht nun auch wieder nicht. Ich mag Bücher. Ich mag gutes Essen. Ich mag Frauen. Und ich mag Multi Kulti. Mein syrischer Gemüsehändler ist mir lieber als mein übertrieben patriotischer Nachbar, der seinen sechsjährigen Jungen Kriegshosen kauft und ein kleines, legales Waffenlager sein Eigen nennt. Doch heute, heute fühle ich mich zum ersten Mal seit langem politisch. Der Grund dafür ist CETA. Belgien machte soeben den Weg für CETA frei. Mal ehrlich, wir haben es ohnehin alle gewusst, nicht wahr? Gewusst, dass CETA durchgewunken würde, das war doch von Anfang an allen klar.
Wir brauchen also, so viel ist laut den Nimmersatten sicher, noch mehr Handel, noch mehr Einnahmen, noch mehr von dem vielen Überfluss, der ohnehin Schuld an der ganzen Scheiße ist, in der wir und die vielen Menschen, die in ihrer Verzweiflung nun in unsere Länder strömen, stecken. MEHR MEHR MEHR. Gebt mir mehr! Ist es nicht so wie in dieser Szene, als der dicke Mann den Kellner zukotzt?
Denken wir gut an diesen Tag zurück. Und an die vielen anderen, die noch folgen. Es sind jene Tage, an denen wir uns verkauft haben, Stück für Stück, immer mehr, bis wir zerplatzen.
Ich möchte aus einem Beitrag von Attac zitieren, und mich danach in eine kleine Depression verabschieden:
"Ähnlich wie beim TTIP-Abkommen zwischen den USA und der EU droht auch mit CETA ein massiver Abbau von Demokratie, öffentlicher Daseinsvorsorge und Umweltschutz"
Privatisierung und Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge
Anders als GATS, das Dienstleistungsabkommen unter dem Dach der WTO, listet CETA nicht die zu liberalisierenden Bereiche auf (Positivliste), sondern nur die Ausnahmen davon (Negativliste). Damit wird ein unbestimmt weites Feld dem Zwang zu Privatisierung und Deregulierung überantwortet. Einmal deregulierte und privatisierte Bereiche dürfen nicht mehr zurückgenommen werden („Stillstand“- und „Sperrklinken“-Klauseln). CETA sieht keine eindeutige, grundsätzliche Ausnahme von öffentlichen Dienstleistungen von der Liberalisierung vor.
Außerdem stellt CETA ökologische und soziale Vergabekriterien in der öffentlichen Beschaffung infrage – und damit ein zentrales Element in der kommunalen Selbstverwaltung. Auch Sozial- und Arbeitsstandards sind durch CETA von Aushöhlung bedroht. Ausländische Investoren könnten unter CETA sogar gegen neue Steuern und Abgaben, etwa eine Vermögenssteuer, klagen. Die öffentliche Förderung von Kultureinrichtungen ist ebenfalls gefährdet.
Türöffner für Gentechnik, Fracking und dreckige Teersande
CETA untergräbt bestehende Umweltstandards und schränkt zukünftige Umweltgesetzgebung ein. So wurde schon im Laufe der CETA-Verhandlungen durch eine umfangreiche Lobbykampagne für das extrem klimaschädliche Schweröl aus kanadischen Teersanden die Treibstoffrichtlinie der EU aufgeweicht. Unter CETA könnten Unternehmen auch gegen ein mögliches künftiges Verbot der Schiefergasförderung (Fracking) klagen. Fracking steht im Verdacht, das Grundwasser durch Chemikalien zu vergiften und sogar Erdbeben auszulösen. Kanada ist unter dem CETA-ähnlichen NAFTA-Abkommen bereits verklagt worden, nachdem die Provinz Québec Fracking gestoppt hatte.
Vorsorgeprinzip
In CETA kommt in keiner Formulierung das in den EU-Verträgen festgeschriebene Vorsorgeprinzip vor, sondern der Vertrag bezieht sich allein auf den „wissenschaftsbasierten“ Ansatz der WTO: Potentiell gefährliche Produkte und Technologien können demnach erst dann aus dem Verkehr gezogen werden, wenn ihre Risiko wissenschaftlich zweifelsfrei nachgewiesen ist – und damit oft viel zu spät. Durch regulatorische Zusammenarbeit könnten so Gentechnik oder mit hormonellen Masthilfen erzeugtes Fleisch durch die Hintertür wieder auf unseren Tisch kommen.
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