Sejin (Name geändert) kann gut klettert. Sie klettert Fassaden hoch, auf Dächer und durch Fenster und Balkontüren in Wohnungen, wo sie Geld und Wertgegenstände mitnimmt. Vergangene Woche sollte eine Gerichtspsychiaterin feststellen, ob sie vielleicht einen Knall hat, weil sie das immer wieder tut. Sejin musste zu diesem Zweck von der Justizanstalt Schwarzau in Niederösterreich nach Linz fahren. Dazu nahm sie eine Buslinie, die, wenn alles so stimmt, wie sie es mir erzählt hat, eine eher nervende Seite des österreichischen Strafvollzuges zeigt: Der Bus verkehrt regelmäßig zwischen den österreichischen Gefängnissen, weil immer wieder Insassen überstellt werden müssen.
Bei ihrer Fahrt von Schwarzau nach Linz saß Sejin in einem Kobel innerhalb des Busses, in dem, wenn sie aufrecht saß, zwischen ihren Kniescheiben und der Wand vor ihr wenige Zentimeter blieben. Gurt gab es keinen, und als der Bus einmal scharf bremste, holte sie sich eine leichte Blessur über der Augenbraue. Der Kobel hatte auch kein Fenster, sondern bloß einen Sehschlitz, durch den sie aber nur schauen konnte, wenn sie aufstand.
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Ihre Notdurft verrichten durfte sie einmal, in der Justizanstalt Stein, in einem Klo ohne Brille und ohne Klopapier. „Wer dazwischen mal muss, hat Pech gehabt“, sagte sie mir. Die Fahrt von Niederösterreich nach Wien in dieser Buslinie dauerte wegen all der Stopps acht Stunden. Das soll jetzt keine Aufforderung an den Strafvollzug sein, die Gefangenen lieb zu behandeln. Wenn eine Gesellschaft übereinkommt, Strafgefangene wie Vieh zu behandeln, zum Beispiel der abschreckenden Wirkung wegen, soll sie es tun. Doch wenn sie übereinkommt, auch Strafgefangene wie Menschen zu behandeln, könnte die Justiz zum Beispiel mit dem Klopapier in Stein damit anfangen.
Anmerkung der Redaktion: Fischer Horst bloggt unter einem Pseudonym. Er macht in seinen Beiträgen immer wieder auf Missstände aufmerksam.
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