Der Bus biegt ein. Vier “Guten Morgen” haben wir schon an der Haltestelle gewechselt. Es ist 6.10 Uhr. Bergdorf im Mühlviertel. Sagen wir es direkt: Kirchschlag. Wir kennen einander. Die Lust am “Plauscherl” ist heute noch etwas eingefroren. Minus 10 Grad. Der Busfahrer öffnet und warme Luft strömt heraus. Schnell hinein, Ticket und etwas hinten Platz nehmen. Um diese Zeit ist Platz. Abfahrt. Einfach hinausschauen. Die Gegend zieht vorbei. Da unten liegt Linz. Ganz hinten die Alpenkette. Die Sonne deutet sich an. Die Seele erwacht mit.
Mit Chauffeur
Ich genieße das Fahren mit Chauffeur. Das habe ich mit den “hohen Herren” (manchmal Damen) gemeinsam. Sie sind aber alleine. Das ist bei mir anders. Bei jeder Station kommt jemand dazu. Guten Morgen. Ich bin im öffentlichen Raum. “Wer mit dem Auto fährt, bleibt daheim.” An manchen Tagen entwickelt sich ein Gespräch, an anderen wieder nicht. Aber: Wir fahren gemeinsam. Wer mit Öffis fährt, ist nicht alleine. Ein, zwei, drei, vier Autos fahren vorbei. Ich schaue heute genau. Vier Autos und vier Köpfe. Schön getrennt voneinander belegen sie mit geschätzten 4.000 Kilogramm den Asphalt. Sie reihen sich vor uns ein in die zäh dahinfließende Lichterkette. Sie bewegt sich. Noch. Seit 2 1/2 Jahren bin ich ein recht konsequenter Öffi-Fahrer. Habe eine ÖBB-Österreichcard. In Wien eine Jahresnetzkarte. In OÖ vermisse ich das für die Busfahrten. In diesen Tagen werde ich mir ein Bus-Jahreskarte leisten. “Zu teuer”, höre ich in vielen Gesprächen immer wieder, wenn ich von meiner Lust am Öffi-Fahren erzähle. Ich darauf: “Ja, wenn du das Auto auch noch finanzieren musst mit monatlich mindestens 400.- EUR. Dann sind das 5.000.- EUR im Jahr. Ich habe das Auto weggegeben.” Staunen. Abwehr: Das Auto ist nicht so teuer. Dann rechnen sie und gestehen: “Da komme ich gar nicht aus im Jahr.” Ungeschminkt hinschauen. Mit offenen Augen. “Aber der Bus fährt ja so selten”, klingt es an mein Ohr. Ich darauf: “Jedes Stunde und das bis 22.50 Uhr ab Linz.” “Gibt es nicht”, erklingt es ungläubig. Die meisten Menschen wissen überhaupt nicht, “was Öffis können”. Außerdem: “Mit dem Öffi fahren ist ein neues, anderes Lebensgefühl verbunden.” Das meine ich ernst. Es hat viel mit dem Gehen zu tun.
Stau, Anschluss und Übergänge
Wir im Bus – das sind heute kurz vor Linz etwa 20 Personen – kommen zum Stillstand. Stau. Wir stauen mit. Aber ich denke: Ich muss mich nicht kümmern. Ich fahre mit Chauffeur und er schaut, dass wir vorwärts kommen. Die Autofahrer müssen “sich selber fahren”. Anspannung. Wir sind gleich schnell. Wenn ich genau bedenke, sitzen im Bus etwa 15 Autos. Da sollten wir Vorfahrt bekommen in einer Busspur. Am Bahnhof angekommen, ist der Fußweg 5 Minuten. Der RJ (für NichtbahnfahrerInnen: der RailJet) kommt aus Salzburg. Am Bahnsteig fallen auch ein paar “Guten Morgen”. Man kennt sich schon, ohne den Zwang zur Kommunikation. Einfahrt. Zu 95 % pünktlich. Platz nehmen. Laptop auf. Zeitung heraus. Das Buch weiterlesen. Oder einfach die Gegend vorbeiziehen lassen. Nach 1 Stunde 15 Minuten Wien Westbahnhof. Der Weg in die U-Bahn geht mit der Zeit von selbst. Alle 4 Minuten kommt eine U-Bahn. Es ist etwa 8.35 Uhr und um diese Zeit haben mehrere Menschen den Gedanken, in die Arbeit zu fahren. Der Platz ist eng bemessen. 4 Stationen. Ein Fußweg von etwa 5 Minuten hinüber in die Freyung. Wenn ich nicht getrödelt habe, dann sitze ich um 8.50 Uhr “auf meinem Platz”. Keine Parkplatzsorgen. Keine Müdigkeit vom Autobahn-Fahren. Konzentriert und meist schon alle Emails abgearbeitet. Ich genieße es, mit Chauffeur zu fahren.
Haltung der Gelassenheit
“Ich halte das nicht aus, auf den Bus zu warten”, hat dieser Tage ein passionierter Autofahrer gemeint, der sich damit “abstresst”, in der Nähe seines Arbeitsplatzes (Bahnhofsnähe Linz) einen Parkplatz zu finde. Ich habe ihn ermutigt, die Such-Energie in Warte-Energie umzuwandeln. Außerdem lerne ich, das Leben “einzutackten” nach dem Bus. Die ÖBB-Scotty-App ist da eine wunderbare Hilfe. Alle Öffis werden darin angezeigt. Auch die Busse. Das wissen viele nicht. Es ist gut, wenn man viel im Kopf hat, aber bei meinen unterschiedlichsten Fahrbedürfnissen aus verschiedenen Richtungen und zu verschiedenen Zeiten ist mein Fahrplan-Navi am Smartphone. Ganz einfach. Überhaupt ist die grundsätzliche Sichtweise zum Leben – “Das Leben kommt mir entgegen” – unglaublich hilfreich. Ich laufe keiner U-Bahn nach. In 5 Minuten kommt die nächste. Das “Öffi” kommt dir entgegen. Das hat meine Haltung gegenüber dem Leben mitgeprägt wie das Gehen. Außerdem: Ich bin viel gelassener geworden. Jene, die das auch schon über längere Zeit tun, bestätigen mich.Nochmals: Danke meinen Chauffeuren und manchmal Chauffeurinnen.Manchmal nehme ich “Ohrstöpsel”. Ganz selten eigentlich. Dann höre sehr gerne die Nummer von Ich+Ich, Gute Reise, Danke