Bitte spenden Sie! ... und warum ich das lasse.

Wie alljährlich in der Adventszeit werde ich von Spendenaufrufen oder Spendenbitten aller möglichen Organisationen für alle möglichen Zwecke aufgefordert, "meinen" Obulus zu entrichten. Am liebsten ist den Aufrufern ein monatliches "Spendenabonnement" von - sagen wir mal - 5,-€. Damit kann ich wahlweise gegen verhungernde Kinder vorgehen, sie davor schützen, zu erblinden. Ich kann Schulpatenschaften für Mädchen abschließen, auf dass sie zur Schule gehen können, wobei mir nicht klar ist, warum Jungen nicht auch zur Schule gehen sollten.

Ich kann aber auch den Regenwald am Amazonas retten oder das Überleben von Walen oder Elefanten sicherstellen.

Offenbar wurde das Internet erfunden, um Katzenbilder zu posten, und so verwundert es nicht, dass ich mit einem Spendenabo auch die medizinische Versorgung streunender Katzen garantieren kann. Dass die Besitzer der Kater bzw. Katzen es versäumt haben, ihre Tiere rechtzeitig zu sterilisieren, wird nicht erwähnt.

Andere Mildtäter reden mir ein, dass es eine gute Idee ist, aus Rumänien importierte, herren- bzw. natürlich auch frauchenlose Hunde auf Dauer zu füttern.

Interessant dabei ist, dass die visuelle Ästhetik und die verbale Untermalung dieser Spots überhaupt keinen Unterschied macht, ob es um Menschen, Tiere oder eine Landschaft geht.

Wer nicht über die Mittel verfügt, per Werbespot "Güte" zu evozieren, versucht es mit Artikeln in der lokalen Werbepresse. Da bittet dann das benachbarte Tierheim um Abnahme der putzigen Kaninchen, die klein-Luisa letztes Jahr bekommen hat, aber nicht weiter versorgen mag.

Am Rand: Ich habe mal ernsthaft versucht, im Tierheim Kaninchen zu "adoptieren", um sie nach einem Kaninchenleben in Saus und Braus zu inkorporieren (will sagen: zu schlachten und meiner Ernährung zu zuführen). War natürlich erfolglos.

Ich mag nicht behaupten, dass diese Aktivitäten nicht sinnvoll sind. Allerdings jedoch bin ich der Meinung, dass strukturelle Mißstände durch individuelle caritative Akte nicht aufgehoben werden können.

Die örtliche katholische Kirchengemeinde bittet in der lokalen Werbepresse um "Weihnachtspakete mit besonderen Lebensmitteln für die Zubereitung eines Festtagsmenüs zu Weihnachten"(sic!), die aber bitte noch offen sein sollen, "damit noch umgepackt werden kann, etwa wegen religiöser Restriktion bei Schweinefleisch" (sic!).

Intentional hat das was mit der Verwechslung von Hilfe zur Selbsthilfe mit Nothilfe zu tun.

Ich betrachte da zunächst mal die Nothilfe. Diese ist für Menschen, die sich auf die jüdisch-christliche Tradition berufen mögen, in der Bibel und den Heiligengeschichten hinreichend und abschließend kodifiziert bzw. beschrieben. Der Samariter findet den überfallenen Reisenden, versorgt ihn und übergibt ihn gegen Erstattung der aktuellen und ggf. künfigen Kosten an einen Herbergswirt. Sankt Martin findet den Bettler und überlässt ihm seinem halben Mantel, dass er nicht erfriere.

In beiden Fällen ist das reine Nothilfe, die sich übrigens nur auf Menschen bezieht.

Ich sollte einfügen, dass es sich dabei auch um Nächstenhilfe handelt, da der Überfallene und übrigens der Bettler im Moment gerade die Nächsten des Helfers sind. Über Notrettungen der "Fernsten" berichten die sog. "Heiligen Schriften" nichts.

Hilfe zur Selbsthilfe finden wir bei Konfuzius (also ca. 500 Jahre v.u.Z.: "Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.";)

Natürlich schließt Konfuzius damit Nothilfe nicht aus, aber daneben ist ihm darum zu tun, diesen Mann auf "eigene Beine zu stellen".

Und genau darum bekommen die Spendenfischer nichts von mir. Ich möchte nicht, dass sich solche Organisationen auf ein moralisches Podest stellen.

Ihr Ziel müsste sein, sich überflüssig zu machen. Und das ist es definitiv nicht. Denn sobald ein Problem gelöst werden könnte, fänden sie das nächste.

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trognon de pomme

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