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Die UN-Charta als Grundlagendokument der Vereinten Nationen beinhaltet als tragende Säule das Gewaltverbot, welches die Ausrichtung der 1945 ins Leben gerufenen internationalen Organisation maßgeblich prägte. Die leidvollen Erfahrungen des 2. Weltkrieges, damals noch frisch im Gedächtnis und Teil der Gegenwart, waren der Nullpunkt einer neuen Ära, die sich der Eingrenzung der entgrenzten Gewalt verschrieben hat. Man glaubte den permanenten Kriegszustand indem sich die Welt seit Jahrhunderten, gar Jahrtausenden, befand, zu beenden. Der Grundstein für die ab da beginnende „wahre“ Zukunft des Menschen schien gelegt. Heute wissen wir, dass die Gründerväter der UN einem naiven Trugschluss zum Opfer fielen.
Vietnam, Afghanistan, Kosovo, Jugoslawien, der Irak, Ukraine und immer wieder Syrien – die in diesen Ländern geführten Kriege, nur um sich auf die großen Konflikte seit Bestehen der UN zu fokussieren, fußen auf meist sehr vagen Rechtsgrundlagen und haben darüber hinaus nie die Legitimation durch den Sicherheitsrat erhalten. Der Sicherheitsrat, als höchstes Organ der Vereinten Nationen, ist das einzige Rechtssubjekt, welches im Rahmen geltenden Völkerrechts militärische Handlungen legitimieren darf. Gewaltakte sind unter der Voraussetzung, dass diese der Selbstverteidigung dienen und/oder durch den Sicherheitsrat autorisiert wurden, legal. Das Problem an der gesamten Geschichte ist, dass im Gegensatz zu innerstaatlichen Strukturen Richter, Gesetzgeber und Vollstrecker nicht voneinander getrennt sind. Staaten vereinen all diese Gewalten in sich. Die Problematik verschärfend kommt das Veto-Stimmrecht der fünf Siegermächte im höchsten aller UN-Gremien hinzu.
Den Bock zum Gärtner machen
Die Kernproblematik des Völkerrechts ist hierin offensichtlich und hat ihren Ursprung in der anarchischen Ordnung des internationalen Staatensystems. Innerstaatlich bestimmen die Herrscher über die Beherrschten, welche rechtliche Grundlage auch immer gewählt wird. Das Recht liegt nicht in den Händen des Volkes, welches selbst in Demokratien bestimmten Menschen den Auftrag erteilt in ihrem Namen Recht zu schaffen, zu sprechen und zu vollstrecken. Die Führung eines Landes entwickelt daraufhin Gesetze, ahndet Verstöße und wendet in letzter Konsequenz Gewalt an, in ihrer schwersten Form in der Todesstrafe zu finden. Anders im internationalen System. Hier nehmen Staaten oft gleichzeitig, was vor allem für Global Player gilt, alle drei Rollen ein. Mit der abwechselnden Fokussierung auf verschiedene Konflikte wechseln ebenso die Rollenverteilungen. So ist es die Regel, dass ein Staat einem „Verbrecher“ gleich handelt und gleichzeitig aber auch ein Veto-Stimmrecht im Sicherheitsrat innehat, was es unmöglich macht auf dieser Ebene regelgerecht Sanktionen zu erlassen. Staaten sind in erster Linie Nutzenmaximierer, sofern sie Bestand haben wollen, mit der Folge, dass sie in genanntem Fall für sich, oder Verbündete, stets vom Veto-Recht Gebrauch machen würden, um negative Konsequenzen ihres zu Teilen illegalen Handelns zu verhindern.
Schild und Schwert – Die Doppelmoral
Wie anfangs erwähnt sollte jedem klar sein, dass das Völkerrecht nicht in der Lage ist illegale Gewaltakte zu verhindern. In Fragen von Krieg und Frieden ist es ein Papiertiger, vor allem in Bezug auf die Großmächte. Dennoch ist das Völkerrecht von Nutzen, gerade für jene Staaten, die es sich leisten können es nicht beachten zu müssen. Auffällig ist die Argumentation, die diese Staaten für ihre Standpunkte bei jeweils verschiedenen Konflikten verwenden. Mal ist die territoriale Integrität höchstes Gut, mal ist diese völlig irrelevant. Bürgerkriege sind je nach Sichtweise rein innere Angelegenheiten, oder auch alle betreffende Tragödien, die es zu beseitigen gilt. Es kommt nur drauf an wen man fragt. Die Argumentationen der USA oder auch Russlands unterscheiden sich in ihrem Wesen nicht, nur der Konfliktherd auf den diese angewendet werden. Meist wählt der eine die Strategie und Rechtsauffassung, die der des Gegenspielers diametral gegenübersteht. Dies ist nicht eine Konsequenz verschiedener Rechtsauffassungen, nein, das ist Realpolitik in Reinform. Wo gegensätzliche Interessen stehen, stehen sich gegensätzliche Rechtsauffassungen gegenüber, um das eigene Handeln zu legitimieren und das des anderen zu diskreditieren – „Blame & Shame“ ist eine berühmte Taktik im internationalen Bereich. An sich wenig wert, doch ist auch immer Gesichtswahrung und Prestigegewinn durch Herabwürdigung des anderen ein wiederkehrendes Verhaltensmuster.
Völkerrecht – Maske der realpolitischer Verhältnisse
Somit ist die UN nur ein weiteres Instrument im Werkzeugkasten der Staaten mit dem sie glauben die Welt nach ihren Gunsten formen zu können. Jeder ist auf seinen Vorteil bedacht, was mit unter der Grund ist wieso Jahre über bestimmte völkerrechtliche Verträge debattiert und verhandelt wird, jeder will sein Stück vom Kuchen, wohingegen dem anderen nur unter Zähneknirschen der Dreck unter den Nägeln gegönnt wird. Interessant ist auch, dass sich immer der im Konflikt unterlegene auf das Völkerrecht beruft, weil er schlicht keine anderen Mittel mehr zur Verfügung hat. Den Überlegenen schert das wenig, sodass dieser stets seine vitalen Interessen weiter durchsetzen wird, weil schlicht die Ressourcen es hergeben und der Einsatz dieser als notwendig für die Interessenverfolgung betrachtet wird. Das Völkerrecht nutzt den Schwachen wenig bis gar nichts und die starken wechseln ihre Positionen wie andere ihre Unterwäsche, um letztlich im Fall der Fälle bekanntzugeben, dass man eine andere Sichtweise als die Weltgemeinschaft vertritt und man diese durchsetzen werde.
Zu erst erschienen auf - www.freisprech.org