Folgend soll die Grundlage für ein differenziertes Verständnis bezüglich der unterschiedlichen Natur der Innen- und Außenpolitkik gelegt werden. In meinen Augen ist es von entscheidender Bedeutung, dass man den grundsätzlichen Unterschied zwischen den Zielen der Innen- und Außenpolitik eines Staates kennt und versteht, um damit zusätzlich, auf vereinfachte Art und Weise, eine Lehrmeinung des wissenschaftlichen Feldes der Internationalen Beziehungen nachvollziehen zu können.
In Gesprächen fällt mir immer wieder auf, dass meine Bewertung und Empfehlung bezüglich politischer Maßnahmen einfach nicht verstanden wird, weil das Gegenüber die Natur des internationalen Staatensystems und der daraus resultierenden Gesetze nicht kennt. Eine Ablehnung meiner Sicht der Dinge folgt automatisch auf die verbale Äußerung eben dieser. Allzu oft wird die Außenpolitik an Maßstäben, die der Innenpolitik innewohnen, gemessen. Dieser Transfer ist grundfalsch. Wie kann ein und der selbe Satz an Regeln und Normen für zwei Realitäten gelten, wenn die Rahmenbedingungen eben jener völlig unterschiedlich sind?
Hierarchie als Basis für Solidarität
Die innere Verfasstheit der meisten Staaten dieser Welt gleicht sich in einer Sache, ob wir die Schweiz oder auch Nordkorea betrachten mögen – dem grundsätzlichen Gewaltmonopol des Staates. Was ein Staat ist, wäre natürlich auch zu definieren. Einen Konsens setze ich voraus und werde von den Staaten, die Mitglied der UN sind, ausgehen. Das Gewaltmonopol besitzen Staaten seitdem die „Gesellschaftsverträge“ geschlossen wurden und diese einst theoretischen Gebilde, die Staaten wie wir sie kennen, überhaupt erst im realen Leben entstehen konnten. Der Mensch gab seine allumfassende Freiheit auf indem er sich Staaten unterordnete und ihre Rechtsschaffung, -sprechung und –durchsetzung als legitim anerkannte. Im Gegenzug gewährt der Staat Schutz. Diesen Schutz kann er aufgrund der Befugnisse und Ressourcen meist auch leisten und Verstöße gegen gesetztes Recht ahnden. Das eröffnet dem Menschen ungeahnte Möglichkeiten, da er sein Verhalten anpassen kann und davon auszugehen hat, dass ihm nicht jeder Zweite den Schädel einschlägt, um ihm Haus und Hof zu nehmen. Der Staat kann einen Verstoß effektiv sanktionieren, was in der Regel Abschreckung genug ist, um ein Wirksamwerden des Recht des Stärken zu verhindern. Die Möglichkeit der Existenz von Nächstenliebe, der Solidarität und der friedlichen Koexistenz ist damit eröffnet.
Menschenrechte, Freiheit, Gewaltenteilung – moderne Staaten müssen das garantieren, da sie nur deshalb existieren. Sie wirken für das Volk und arbeiten an einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Leben ihrer ihnen anvertrauten Bürger.
Paranoia als Überlebensinstinkt?
Wodurch kennzeichnet sich nun die Welt der Außenpolitik, die alle internationalen Beziehungen zwischen Staaten beinhaltet? Durch ein Fehlen der gerade beschriebenen Hierarchie. Es herrscht Anarchie. Und das ist der „Game-Changer“. Staaten sind in ihrer grundlegenden Stellung im Staatensystem von Natur aus gleichwertig. Keiner steht über dem anderen, da jeder abgesehenen von seinen Machtpotentialen, die verfallen können, keine besondere Stellung einnimmt. Nicht ein Staat ist in der Lage eine Machtfülle, sprich ein Gewaltmonopol aufzubauen und durchzusetzen, dass es ihm ermöglichen würde über die anderen zu herrschen, wie Staaten über ihr Volk befehligen. Eine effektive und automatische Sanktionierung von bestimmten, nicht gewünschten Verhaltensweisen ist nicht möglich. Keiner kann sich darauf verlassen, dass a.) niemand einem gegenüber insgeheim feindlich gesonnen ist, möge er auch das Gegenteil beteuern und b.) feindliche Akte, seien sie auch noch als so ungerecht empfunden, von irgendwem geahndet werden. Daraus ergibt sich ein Selbst-Hilfe-System. Keiner sollte dem jeweils anderen zu 100% trauen. Tut er dies dennoch, kann sich das bitter rächen. Man erinnere hier nur an den Hitler-Stalin-Pakt. Stalin hielt an seinem Vertrauen zu Hitler fest, wenngleich seine Berater ihn warnten, dass Hitler die Sowjetunion angreifen werde. Das Ergebnis sollte allumfassend bekannt sein. Staatliches Handeln, welches nicht die eigenen Interessen forciert, gar von Selbstlosigkeit und Humanismus geprägt ist, kann die eigenen Ressourcen schmälern, und die der anderen dahingehend steigern, dass bestimmtes, selbstloses Verhalten mittel- bis langfristig das eigene Fortbestehen gefährdet, da man nie zu 100% wissen kann, was die übrigen „Anarchisten“ im Schilde führen. Vorsicht ist hier allemal besser als Nachsicht, vor allem unter Anbetracht der Machtpotentiale die Staaten, oder Staatenverbunde einnehmen können. Misstrauen sichert das eigene Überleben, während ein Glaube an das „Gute“ des anderen schnell die eigene Existenz gefährden kann.
Ich habe ein sehr komplexes Thema nur kurz angerissen, um mit das gängigste Missverständnis bezüglich der politischen Umwelt(en) zu korrigieren, welches sich bis in die höchsten Führungsetagen bestimmter Staaten auswirkt. Wer mehr dazu wissen will, dem kann ich, vor allem diese Thematik betreffend, folgendes Werk von Carlo Masala, Professor an der Universität der Bundeswehr München, empfehlen: Kenneth N. Waltz: Einführung in seine Theorie und Auseinandersetzung mit seinen Kritikern.
Zu erst erschienen auf - https://freisprech.org/2017/06/14/von-hierarchie-und-anarchie/