Nennen wir die Dinge doch endlich beim Namen: Es wird nicht nur einen nächsten großen Terroranschlag in Europa geben, sondern viele, und wir müssen uns immer die Tatsache vor Augen halten, dass wir das nicht hundertprozentig verhindern können. Nachrichtendiensten und der Polizei kann es gelingen, 999 Anschläge vorzeitig aufzudecken. Das sind dann 999 Erfolge. Aber die Terroristen brauchen nur ein einziges Mal Erfolg zu haben, um immensen Schaden anzurichten und mitunter das Leben tausender Menschen auszulöschen, wie uns die schrecklichen Attentate von Paris in der Vorwoche gezeigt haben. In den vergangenen zwanzig Jahren kam es zu mehreren tausend radiologischen Schmuggelfällen, die aufgedeckt wurden. Es genügt aber schon einer mit ausreichender Menge an waffenfähigem Uran, der nicht aufgedeckt worden ist, um die wichtigste Voraussetzung für den Bau einer primitiven Atombombe zu schaffen. Erst wenn wir dieses Bewusstsein geschaffen haben, können wir mit den nächsten Schritten beginnen, uns proaktiv auf einen möglichen Terroranschlag vorzubereiten. Die Terrorismusbekämpfung muss aus mehreren perfekt funktionierenden Teilen bestehen, um dem Terror nachhaltig Einhalt zu gebieten.
Internationale Zusammenarbeit
Ein wichtiger Schritt ist eine verbesserte Kooperation zwischen den Staaten. Die einzelnen europäischen Länder müssen sich noch enger zusammenschließen und an einem Strang ziehen. Sonst haben sie keine Chance. Sicherheitsausbildung, Training, Sicherheitsüberprüfungen und Sicherheitstechnologie müssen optimal koordiniert werden. Gleiches gilt für die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Regelungen, wie zum Beispiel einheitliche Pass- und Frachtgutkontrollen oder die Vereinheitlichung von Auslieferungsabkommen.
Teilweise funktioniert dieses gemeinsame Vorgehen der Staaten schon sehr gut. Viel zu wenig wird in dem Zusammenhang etwa gewürdigt, dass Russland schon vor mehr als zehn Jahren eine UN-Resolution gegen Nuklearterrorismus durchgesetzt hat. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Gesetzen und Resolutionen, die zeigen, dass die Staaten zu einer echten Kooperation bereit sind. Auch die EU selbst hat schon viel auf überstaatlicher Ebene unternommen. Laut ihren derzeitigen Ge-setzen ist Terrorismus eine strafbare Handlung, die der Sicherheit auf dem Kontinent, den Werten der Demokratie und den Freiheiten der Bürger bedeutenden Schaden zufügen kann.
Im Jänner 2010 trat darauf basierend die Konvention zur Prävention von Terrorismusin Kraft. Sie soll es der EU ermöglichen, den Terrorismus zu bekämpfen und gleichzeitig die Menschenrechte und die Freiheit ihrer Bürger zu garantieren. Als erster internationaler Vertrag inkriminiert sie auch die Ausbildung von Terroristen, sowie deren Anwerbung und Anstiftung. Die Konvention geht ins Detail und ist sehr weitreichend, wofür sie auch Kritik erntete. So besagt ihre erste Klausel, dass sich eine Person schon dann strafbar machen kann, wenn sie nur äußert, möglicherweise eine terroristische Tat begehen zu wollen. Der Satz »Ich sprenge das jetzt in die Luft« könnte also streng genommen schon als Terrorakt ausgelegt werden. NGOs wie Human Rights Watch sehen darin einen Eingriff in die Meinungsfreiheit.
Die Konvention selbst hat vier Ziele.
Das erste Ziel soll, wie oben erwähnt, verhindern, dass sich Menschen überhaupt dem Terrorismus zuwenden.
Das zweite Ziel basiert auf einer bestmöglichen Reduzierung der Verwundbarkeit unserer Gesellschaften: Den Terroristen soll es so schwer wie möglich gemacht werden. Deswegen werden Grenzen, der Verkehr und wichtige Infrastruktur sicherer gemacht. Wir kommen später noch auf die dafür vorgesehene Sicherheitstechnologie zu sprechen.
Ein drittes Ziel stellt die Verfolgung der Terroristen dar, sowohl auf Unions- als auch auf internationaler Ebene. Die Terroristen sollen schon in der Planungsphase behindert und ihre Reisen und ihre Kommunikation erschwert werden. Netzwerke, die sie logistisch unterstützen, sind umgehend zu zerschlagen. Ihr Zugang zu Waffen, welcher Art auch immer, soll unterbunden werden. Sie sind durch die Sperrung ihrer Konten finanziell auszuhungern.
Das vierte Ziel befasst sich mit der Schadensminimierung. Gelingt trotz allem ein Anschlag, sollen die Auswirkungen so gering wie möglich gehalten werden. Die Rettungskräfte sind so schnell und reibungslos wie nur möglich zu koordinieren, um den Opfern die bestmögliche Hilfe zuteil werden zu lassen.
Europa steuert turbulenten Zeiten entgegen und ist auf kommende Anschläge nicht vorbereitet. Hoffen wir, dass sich das ändert.