3.000 DM oder 21.000 Schilling reichten einem Alleinverdiener monatlich, für Eigenheim und allem Pipapo, Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre.
Dieser kurze Auszug hat keinen aktuellen Bezug, aber es ist ja irgendwie daueraktuell. Ich wollte es nur mal endlich loswerden, weil der Text in meinem Handyspeicher so vor sich hergammelte. Da ich eine ähnliche Thematik bereits bearbeitet hatte, habe ich vorerst eh keine Verwendung dafür. Deswegen hatte ich das bei Facebook gepostet und "elf meiner acht" Follower meinten, dass man das als Blog verwursten sollte.
Das war aus einem Gespräch während des ersten Lockdowns mit einem Bekannten, der auch ein Gastarbeiterkinder ist. Eigentlich ging es um etwas völlig anderes, das geschilderte ist quasi nur ein Abfallprodukt daraus:
"Mein Vater hat damals 3000 DM brutto verdient und war wirklich nur ein durchschnittlich verdienender Arbeiter in seinem Betrieb. Er hat davon sein Haus und einen Jahreswagen abbezahlt. Wir sind immer zwei bis drei Wochen in die Türkei geflogen um Urlaub zu machen. Und es konnte immer etwas auf die hohe Kante gelegt werden. Meiner Schwester hat er den Führerschein und den Peugeot gekauft, in bar. Und mir hat er doch auch das Meiste vollständig bezahlt. Egal ob wir gejobbt hatten, "Vattern" hat immer einen Schein dazu gelegt. Geerbt hatten wir nichts und "Muttern" musste gar nicht arbeiten. Ich glaube, wir waren ganz zufrieden.
Und heute, da verdiene ich auch 3000 "Öcken" brutto, aber eigentlich ist es das Doppelte von meinem Vater. Meryem [seine Frau, Name geändert] arbeitet natürlich auch. Und obwohl wir echt nicht über unsere Verhältnisse leben, reicht die Kohle nur bis zum Monatsende und manchmal muss ich sogar "ins Dispo gehen". Und mit der Schei*e um Kurzarbeitergeld und so, da haben wir dann noch weniger Geld zur Verfügung. Sparen und jährlich in den Urlaub fliegen kannste eh Haken. Ob Meryem noch ihren Job in paar Monaten hat, wissen wir nicht. Vielleicht kommt mein Chef auch noch auf komische Ideen. Ich verstehe das alles nicht mehr."
Ich habe ihm am nächsten Tag, soweit ich mich erinnere, das blaue Buch* in die Hand gedrückt und gesagt, dass er darin vielleicht ein paar Antworten findet und verriet ihm vorab: "Das Meiste hat selbst inflationsbereinigt nichts mit natürlichen Preisen zu tun."
Nun, was soll ich weiter erzählen? Der Mann hat weiterrecherchiert, ich habe ihm weitere Buchempfehlungen usw. gegeben und er ist auf dem besten Wege ebenso ein böser rechtspopelnder Verschwörungstheoreticus zu werden wie ich und viele viele viele andere mehr da draußen. Und das ist gut so.
*Damit ist mein Buch gemeint.
https://www.brookings.edu/research/giving-secondary-earners-a-tax-break-a-proposal-to-help-low-and-middle-income-families/?amp https://i1.wp.com/www.brookings.edu/wp-content/uploads/2016/06/family008-2.jpg?w=1024&crop=0%2C52px%2C100%2C576px&ssl=1