Das Missverständnis was Jana aus Kassel ausdrückt, ist leider symptomatisch für Deutschland geworden. Ebenso andere schiefe Vergleiche von den "tapferen linken Aktivisten".
Janas Vergleich ist absurd und völlig unangebracht. Darüber dürften sich alle einig sein. Aber jetzt kommt mal wieder ein "aber" und das stieß bei einigen ziemlich auf, mit denen ich darüber sprach. Jana meinte bzw. sie sagte, dass sie sich so fühle wie Sophie Scholl, aus diesen und jenen Gründen. Aber sie sagte nicht, dass es bei ihr so sei, wie einst bei Sophie Scholl. Es ist also ein Gefühl, ihr persönliches Gefühl, was sie offenbar total fertig macht. Ich bin kein Psychiater, aber ich fühle mich z.B. auch manchmal mutig hinter meiner winzigen Smartphone-Tastatur, aber wirklich mutig sind jene, die mit Klarnamen publizieren und ihre Gesundheit und Arbeitsstelle direkt riskieren. Bei mir ist noch eine Mauer, wenn auch sehr dünn mittlerweile. Egal, das ist ein anderes Thema.
Ich finde es erstaunlich, dass keiner der Organisatoren die Rede von einer so jungen Rednerin vorher abnahm. Bei zukünftigen Querdenker- Demos muss das jeweilige Redemanuskript bei der Stadt vorgelegt werden. Daher wurde die Demo am 28.11.2020 abgesagt, weil die Verantwortlichen das natürlich nicht einsehen. Ich gehe davon aus, dass es wegen dem Sophie Scholl Vergleich absofort immer verlangt wird.
Ich habe nichts mit den Querdenkern zu tun, finde aber auch, dass die Coronamaßnahmen übertrieben sind und glaube, dass es bessere Möglichkeiten geben würde, wenn man denn mit allen relevanten Leuten sprechen würde. Aber auch das ist jetzt nicht das Thema.
Alle Vergleiche in die andere politische Richtung sind für die Presse und die Politiker aber völlig akzeptabel, was allerdings falsch und erbärmlich ist, worauf ich gleich kommen werde.
Angeblich waren bei dieser besagten Demo Nazis im Publikum, was natürlich sein kann. Diese Nasen mögen die Auflagen demnach auch nicht. Jetzt kommt ein Whataboutism: Bei linken Demos sind offenkundig beinharte Kommunisten und ähnliche Freiheitsfeinde bei den Mitmarschierern. Warum sagt man nichts über diese Leute? Dann argumentieren die Rotgrünen zumeist, dass die ja nicht gewalttätig seien und wenn, dann meist nur Sachbeschädigungen verursachen oder benutzen andere Verharmlosungen. Das Schönste ist aber, wenn suggestiv gefragt wird, ob man denn Nazismus oder Faschismus - was fast immer fälschlicherweise als Synonym verwendet wird, weil man zumeist das Wort Sozialismus beim Begriff Nationalsozialismus vermeiden will - ernsthaft mit Kommunismus gleichsetzen wolle. Ich antworte der Einfachheit halber zumeist mit mit Ja, wenngleich der rote Sozialismus mehr Opfer forderte.
Nazivergleiche von beiden Seiten sind dennoch in jedem Fall falsch und dumm. Es ist daher völlig richtig, wenn man empört reagiert, wenn Demonstranten auf sog. Coronaleugnerdemos (damit will man wohl Assoziationen an Holocaustleugner wecken, oder etwa nicht?!) mit gelben Sternen herumlaufen. Dort steht dann "ungeimpft" drauf, was Erinnerungen an den gelben Stern mit "Jude" aus der NS-Zeit weckt und quasi untrennbar damit verknüpft ist. Nein, das geht wirklich zu weit.
Aber auch das geht zu weit: So hatte Frau Pau, ehemalige Bundestagsvizepräsidentin von der Mauermördernachfolgepartei, die Linke, in dieser Woche die AfD mit der NSDAP verglichen, auch wenn sie nur deren Anfangstage damit gemeint habe. Eine ähnliche Diktion verfolgen offenbar sehr viele Linke. Vor kurzem musste ich mich in solch eine Diskussion einklinken, weil tatsächlich die AfD mit der NSDAP unwidersprochen verglichen wurde. Siehe hier einen Auszug auf Frontanos Facebookseite: Es war nicht das erste Mal in einer linken Gruppe und ich lese so einen Unsinn auch bei den hochgelobten Kemalisten, die angeblich ja alle total demokratisch und freiheitlich wären. Normalerweise tangiert es mich nicht, wenn die AfD und deren Politiker durch den Schmutz gezogen werden, aber ein Nazivergleich bringt mich manchmal auf die Palme. Und eben jene Personen sind es zumeist, die solche schiefen Vergleiche, wie die von Jana aus Kassel, genüsslich ausschlachten. Selbst der Außenminister hat offenbar nichts besseres zu tun als auf das junge Mädchen per Twitter einzudreschen.
Aber zurück zu meinem Online-Streit: Dabei ging es um den dümmlichen Vergleich mit Nazis in der Weimarer Republik, als Rebecca Sommer Herrn Altmeier unangenehme Fragen stellte, im Foyer des Reichstages. Auch hier könnte man ein sog. Beispiel für Bothsideism nennen, nämlich Aktionen von "Grünen Klimaaktivisten" im Plenarsaal selbst usw., was ich aber natürlich hier nicht machen werde.
Frau Kahane, ehemalige Stasi-Informantin, sagte heute im Radio, DLF müsste das gewesen sein, Demos gegen Corona-Maßnahmen wären schon irgenwie okay, auch wenn das eh alle Verschwörungstheoretiker seien und somit eigentlich irgendwie auch Rechte wären, aber fragte zugleich, weshalb die Demoteilnehmer sich immer mit Nazis zusammen stellten. Laut ihr gebe es eine Zunahme von Antisemitismus. Ich persönlich glaube dann aber nicht, dass es einen Zusammenhang mit den bösen Verschwörungstheoretikern gibt, die generell merkelkritisch sind, sondern, dass es eher mit zunehmender Moslemanzahl zu tun haben könnte.
Sicherlich gibt es auch Leute, die beispielsweise Israelkritik bzw. Zionismuskritik als Code oder Cover für ihren Judenhass benötigen. Aber Naziparanoiker sehen auch in Kabbala-Kritikern und selbst in Beschneidungsgegnern oder Religionskritikern potentielle Judenhasser. Neuerdings wird man wohl auch als Judenhasser gelten müssen, wenn man die Waffenverkäfe Israels an Aserbaidschan kritisiert. Eigentlich ist somit alles nazimäßig.
Wäre Henryk Broder kein Nachkomme von polnischen Juden, so würden ihn die üblichen Verdächtigen wohl auch als faschistoiden Rechtspopulisten bezeichnen oder was auch immer. Ich persönlich nehme keinen Menschen für voll, der unbewiesen anderen Leuten solches dummes Zeug vorwirft.
Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Die Lage in Deutschland und der EU wird keinesfalls besser werden, sofern die linken Parteien, inkl. der sozialdemokratisierten Konservativen, die Wünsche und Nöte der Wähler der sogenannten Rechtspopulisten nicht ernst nehmen und ignorieren und sogar bekämpfen. Generell muss es zu jedem Thema, das gesamtgesellschaftlich relevant ist, z.B. Corona, Verbrennungsmotor-Verbot usw., breit angelegte Diskurse geben. Dazu gehört auch, dass man die bekanntesten Stimmen aus den "bösen" Lagern einlädt. Wer weiterhin die sog. Alt-Parteien wählt, darf sich auch nicht wundern, wenn der Widerstand gegen die Regierung - auch die kommende Regierung - wächst. Breiterer Widerstand wird sich zwangsläufig im Wahlverhalten und auf der Straße zeigen.
Also lasst lieber eure ehrverletzenden Nazivergleiche und fordert endlich ein, dass ernsthaft und faktenbasiert und vor allem öffentlich diskutiert wird!
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