Wir sind 5 Minuten vor Schwarz/Blau

Man braucht kein Politikwissenschaftler zu sein, um die Koalition der kommenden Regierung vorauszusagen. Kern und Mitterlehner haben durch diverse Handlungen der letzten Wochen (z. B. CETA), erneut "Wahlwerbung" für Blau getrieben und die Tage des Vizekanzlers sind aus meiner Sicht ohnedies seit längerem gezählt.

Die ÖVP weiß seit längerem, dass sie mit einem Mitterlehner nicht in die nächste Wahl gehen kann, denn mit ihm ist ein Zurückfallen auf den 3ten Platz unaufhaltbar. Sebastian Kurz steht also ante portas und vermutlich wartet man nur auf einen günstigen Zeitpunkt, um den Tausch durchzuführen.

Es ist für mich durchaus denkbar, dass die Schwarzen im Hintergrund bereits mit blau Schattenverhandlungen führen und sobald man sich da einig ist, setzt man Sebastian Kurz auf den ÖVP Thron, kündigt die Koalition mit der SPÖ auf und begibt sich in Neuwahlen.

Das Auftreten und die Positionen eines Sebastian Kurz sowohl Innen- als aus auch Außenpolitisch haben Ihm als Person sehr viel Sympathien eingebracht, die die ÖVP nutzen kann und wird, wenn sie ihn auf die Führungsposition stellen, denn dann ist es der ÖVP Chef der hier spricht und nicht nur der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

Auch wenn sich unser Außenminister in Detailfragen sehr von der FPÖ unterscheidet, ist die Schnittmenge wesentlich größer als zwischen Rot und Schwarz. Aber nicht nur bei Migrations- und Integrationsfragen sind die Schwarzen näher bei Blau als bei Rot, auch in wirtschaftlichen und steuerlichen Fragen, ist die FPÖ von Ihrem Stimmverhalten eher im bürgerlichen Lager zu sehen, als beim „kleinen“ Mannes oder der „kleinen“ Frau!

Im Gegensatz zu der von HC Strache nach außen kommunizierten Nähe zum Volk, ist das Stimmverhalten bei diversen Gesetzesentwürfen ein ganz anderes. Zitat aus der Internetseite: "Gegen eine Erhöhung der Mittel zur Unterstützung für den Wiedereinstieg älterer arbeitsuchender Menschen in der Höhe von 350 Millionen Euro bis zum Jahr 2016 votierte die FPÖ am 27. März 2014. Am 20. November 2014 wollte die FPÖ ein Gesetz verhindern, das Lohn- und Sozialdumping stärker bekämpft, etwa durch die Anhebung von Strafen und eine automatische Information bei Unterentlohnung. Keine Zustimmung gab es von der FPÖ zur Begrenzung besonders hoher Sonderpensionen ( „Luxuspensionen" ) im Juni 2014.“ Eine Plattform für eine Zusammenarbeit zu finden, wird also nicht schwer werden und dann Gnade uns Gott.

Übrigens der Gott, bei dem Hofer meint, er würde Ihm helfen. Nur ein Nebensatz zu der Kritik an dem Satz „So wahr mir Gott helfe“. Man kann diesen Satz kritisieren, oder zerlegen, man sollte aber nicht vergessen, dass er in der Eidesformel z. B. bei Zeugenaussagen, aber auch Angelobungen gesagt werden kann und darf, er ist also durchaus gelebte Praxis und kein Faible und schon gar keine Erfindung Hofers!

Auch wenn ich die Geister von Schwarz/Blau 1999 – 2007 nicht wieder bemühen will, weil die handelnden Personen heute natürlich andere wären als im Kabinett Schüssel 1 und 2, müssen Vergleiche trotzdem erlaubt sein.

Erhofft man sich von Schwarz/Blau die Reformen auf die Österreich schon so lang gewartet hat, dann wird man enttäuscht werden. Die ersten Handlungen der beiden Parteien werden nämlich nicht Reformen sein, sondern wie im Jahr 1999 wird man zuerst einmal alle roten Entscheidungsträger aus Ihren Ämtern entheben und mit schwarzen oder blauen Personal besetzen. Das ist ja gelebte österreichische Tradition (vermutlich nicht nur bei uns), das zuerst einmal die eigene Klientel mit Posten beglückt werden muss, sonst verliert man ja die Unterstützung.

Auch wenn man von den Roten politisch enttäuschst ist, sollte man nicht die Augen davor verschließen, dass in der 2ten und 3ten Reihe durchaus viele kompetente gute Menschen mit Parteinähe zu den Sozialdemokraten arbeiten. Diese Kompetenz zu verlieren, nur um die schwarzblaue Freunderlwirtschaft zu bedienen ist eher kontraproduktiv, als Reformfördernd.

Viel gefährlicher ist für mich aber die Tatsache das die FPÖ für mich weder personell noch programmatisch Regierungsfähig ist. Die ÖVP hätte kein Problem jetzt und sofort ein Schattenkabinett zu präsentieren, aber wer wäre das bei der FPÖ? Strache hat sich bis dato ja nicht einmal die Mühe gemacht ein solches zu präsentieren und wenn ich mir die in der ersten Reihe stehenden blauen Politiker ansehe, dann mache ich mir um mein Österreich in deren politischer Verantwortung mehr Sorgen, als unter einem Kanzler Faymann.

Programmatisch ist es um keinen Deut besser! Die FPÖ ist als Oppositionspartei schon schwer zu verkraften, weil sie praktisch keine durchdachten Lösungsansätze präsentiert, sondern nur quer schlägt, daher stellt sich die Frage mit welchen Visionen und/oder Ideen würde man hier Regierungsverantwortung übernehmen? Liest man sich das FPÖ Wahlprogramm 2015 für die Wiener Gemeinderatswahl durch, oder das FPÖ Parteiprogramm, dann finden sich dort (nur als Beispiel) keine anständig ausformulierten wirtschaftlichen Ideen (Im Wahlprogramm für die Wiener Gemeinderatswahl ist über Wirtschaft eigentlich überhaupt nichts zu lesen). Was in diesen Programmen steht sind Plattitüden, die man seit Jörg Haider von blauen Politikern vorgetragen bekommt, ohne Inhalt und Vision.

Hinzu kommen die immer unerträglicher werdenden Ausflüge in braune Sümpfe durch blaue Politiker. Hoffen diese Menschen denn wirklich, dass niemand den Ursprung diverser Zitate und Textpassagen herausfindet? Wenn ein FPÖ Obmann am Nationalfeiertag ein nachweislich faschistisches Lied zitiert, dann kann man das nicht mehr ins positive argumentieren, man kann es mit keiner Silbe rechtfertigen. Ein Politiker der so etwas absondert, ist RÜCKTRITTSREIF!! Er hat an der Spitze einer in Österreich legitimierten Partei nichts verloren.

Zurück aber zum eigentlichen Thema. Es gibt vermutlich nur wenige ÖsterreicherInnen, die die große Koalition noch erträglich finden, aber Schwarz/Blau ist nicht die Lösung. Diese Koalition ist eher die Büchse der Pandora, die man besser nicht öffnen sollte. Es geht mir hier nicht um Vergleichsbeispiele wie die Hypo, oder das Bundesland Kärnten, das aufgrund der blauen Politik nahe am Konkurs ist. Diese beiden Parteien sind, mit Regierungsverantwortung ausgestattet, nicht gut für unser Land, sie werden anstehende Problem nicht lösen, im Gegenteil sie werden das eine oder andere noch größer machen.

Man kann über die SPÖ denken was man will, man sollte nur dabei eines nicht vergessen. Die Reformverhinderer in dieser unsäglichen großen Koalition ist zu einem größeren Teil die ÖVP. Die Bildungsreform, also die große Reform, nicht das Stückwerk das hier aktuell umgesetzt wird, scheitert an der ÖVP. Bei der Pensionsreform wird man sich ebenfalls nicht einig, doch auch hier sehe ich tendenziell eher die ÖVP als blockierer, nicht die SPÖ.

Keineswegs möchte ich die SPÖ und Ihre handelnden Politiker glorifizieren, aber ich warne jede(n) Wahlberechtigte(n) davor, die Hoffnung in Schwarz/Blau zu setzen. Nicht das Kabinett Schüssel 1 und 2 sollten uns als Warnung dienen, sondern das Handeln der aktuellen Politiker.

Ich empfehle jedem und jeder Wahlberechtigen, ein wenig an der Oberfläche der Worte zu kratzen (speziell bei HC Strache), die über Lautsprecher ins Volk getragen werden. Zwischen dem lauten agitieren bei Wahlkampf- oder Parteiveranstaltungen und der täglichen politischen Arbeiten liegen teilweise Welten und genau diese Differenz ist es, die es gefährlich macht Ihm politische Verantwortung zu geben.

Er ist Politiker und kein Popstar, das sollte man niemals vergessen! Wenn sich ein Politiker als Popstar darstellt und feiern lässt, dann ist schon einmal was an seiner Grundeinstellung falsch und wenn man ein wenig in der Geschichte blättert, dann wird man wenige Politiker finden, die mit dem Popstarimage, wirklich etwas bewirkt haben.

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