Es ist gute drei Jahre her. Meine Schwester hat sich bei mir gemeldet und gemeint, dass wir in Bezug auf meine Mutter nun endlich dringend was unternehmen müssen. Meinen Bruder habe sie auch schon informiert und man hätte sich schon darüber Gedanken gemacht.
Aja. Nun denn. Sich Gedanken machen ist so eine Sache. Was tun, ist dann eine andere Sache.
Fakt ist, dass meine Mutter nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben könne. Meine Schwester würde sich zwar drum kümmern, aber das könne keine Dauerlösung werden. Zusehends fehle die Zeit um all das zu erledigen, was so anfällt. Die Wohnung verwahrlose immer mehr und meine Mutter auch. Fairerweise muss ich sagen, dass ich bis dahin nicht mal einen Gedanken an die Lebenssituation meiner Mutter verschwendet hatte. Solange ich nichts Gegenteiliges hören würde, war für mich soweit alles in Ordnung. ich war damals grad umgezogen - und die Entfernung zu meiner Mutter hatte sich auf 100 km halbiert. Aber der Kontakt war seit Jahren ohnehin nur mehr sehr spärlich.
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Den von meinen Geschwistern vereinbarten Termin um eine Entscheidung darüber zu treffen, was nun zu tun sei, konnte ich nicht einhalten. Dann erhielt ich die Nachricht, dass meine Mutter im Krankenhaus wäre. Die Blutdruckwerte seien in den Himmel geschossen - und überhaupt sei der Allgemeinzustand besorgniserregend.
Zu allem Überfluss hatte man den Lebengefährten meiner Mutter, der ihr seit über 30 Jahren zur Seite stand, in die Psychiatrie einweisen lassen müssen. Der Alkoholismus und das fortschreitende Alter forderten nun mal ihren Tribut. Der Verlust des geliebten Menschen habe meiner Mutter den Boden unter den Füssen weggerissen.
Ich habe meine Mutter dann im Krankenhaus besucht. Josef, mein Mann, war natürlich an meiner Seite.
Sie war winzig. Vielleicht war auch nur das Krankenhausbett zu groß. Ihre einst so klaren, stahlblauen Augen waren trüb. Sie hat mich angesehen, hat durch mich durchgesehen. In ihren Augen war keinerlei Erkennen, wer ich sein könnte. Aber Josef hat sie erkannt. Josef ist groß und hat breite Schultern und vor allem ist er ein Mann. Und ein Mann bedeutet Schutz und Sicherheit, zumindest in der mir bekannten Gedankenwelt meiner Mutter.
Später habe ich mich mit meiner Schwester getroffen. Wir haben Kaffee getrunken und geredet. Mein vielbeschäftigter Bruder hatte keine Zeit. So ist das eben mit den vielbeschäftigen Menschen.
Josef und ich haben dann recht schnell entschieden, dass meine Mutter zu uns kommen soll. Wir würden es auf jeden Fall versuchen. Irgendwie würden wir das Kind schon schaukeln. Schließlich sind wir beide krisenerprobt und haben noch alles irgendwie auf die Reihe bekommen.
Tja... und dann sind wir nach Hause gefahren - Josef und ich und ein ganz mulmiges Gefühl.
Zu Hause hat dann stillschweigend ein Automatismus eingesetzt. Wir haben das Zimmer eines unserer Söhne leergeräumt. Passenderweise war er schon vor einiger Zeit ausgezogen. So hatten wir zumindest kein akut auftretendes Platzproblem.
Die nächsten Tage haben wir dann in stiller Übereinkunft, die Dinge so zu nehmen, wie sie auf uns zukommen würden, verbracht.
Dass sich unser Leben in ein paar Tagen förmlich auf den Kopf stellen würde, war uns wohl nur zum Teil bewusst.
Aber der Tag, an dem wir meine Mutter aus dem Krankenhaus holen würden, rückte unausweichlich näher........