Abschied in Raten - irgendwas wird immer gesucht

Wer braucht schon Schlaf? Also mehr als 3 Stunden am Stück etwa vor Mitternacht - oder auch nach Mitternacht. Das sind doch alles Ammenmärchen. Oder Schönheitsschlaf? Einfach lächerlich!

Vor allem, weil man ja in der Zeit, in der andere schlafen, soviel Sinnvolles machen kann. Man kann zum Beispiel innerhalb einer Stunde dreimal aufstehen und Monster verjagen. Böse, böse Tiere, mit funkelnden Augen, messerscharfen Krallen und furchterregendem Schnurren. Falls jemand Zweifel daran hat.... fragen Sie meine Mutter.

Dabei hätte ich mich gerade heute über ein bisschen Ruhe gefreut. Es war ein Tag, der mir gewisse, nur mehr spärlich vorhandene Ressourcen gnadenlos abverlangt hat. Es ist ja nicht so, dass ich sehr leicht ungeduldig werde. Ganz bestimmt nicht. Das Großziehen meiner vier Kinder hat mich demütig gemacht, und geduldig und bescheiden in den Forderungen an mein eigenes Leben.

Aber meine Mutter hat so gewisse Tage, da übertrifft sie bei weitem das herausfordernde Potential von vier gleichzeitig pubertierenden Menschen. Locker, ohne jegliche Anstrengung.

Das beginnt schon mit der Verweigerung des Frühstückskaffees. Erst ist er zu heiß, nach geschätzen 30 Sekunden ist selbiger Kaffee zu kalt. Hut ab, was so ein harmlos aussehender Kaffee alles kann. Also ab in die Küche, den Kaffee in eine andere Tasse leeren und schwupps ist das Gesöff auf einmal trinkbar. Meine Mutter hätte ja auch gleich sagen können, dass ihr das alltägliche Design der Kaffeetasse nicht zusagt. aber das hätte vermutlich die Spannung des Dramas versaut.

Dann beginnt ein lebhaftes Gespräch übers Frühstück. Obwohl lebhaft nur für eine Seite zutrifft - meine! Meine Mutter beschränkt sich weitgehend aufs Verweigern der Nahrungsaufnahme. Sie habe keinen Hunger. Basta.

Ich erzähle ihr, dass die Marmelade auf dem Frühstücksbrot genau die Marmelade ist, bei deren Zubereitung sie geholfen hat. Dass ist zwar sehr großzügig ausgelegt, denn die Hilfe hat sich, wenn man es ganz genau betrachtet darauf beschränkt, dass sie einen Teil der mühsam von Hand entkernten Kirschen gefuttert hat, aber man darf die Dinge ja nicht so eng sehen. Josef befreit mich aus meiner misslichen Lage. Er setzt sich dazu, schneidet ein Brot auseinander und teilt mit meiner Mutter. Eine Hälfte isst er, die andere schiebt sich meine Mutter genüsslich hinter die Backen. Auf wundersame Weise verputzt dann meine Mutter vier Brothälften, Josef auch. Es ist fast biblisch. Immerhin lagen ja nur 2 Scheiben Brot am Teller.

Ich werde hier nicht mehr gebraucht. Die Bügelwäsche wartet auf mich. Wenn ich es recht überlege, schon eine ganze Weile. Ziemlich weit unten im Wäschekorb schaut ein Zipfel eines dicken, warmen Pullovers raus. Ich denke, ich kann dieses Teil so ungefähr im März einordnen. Ich richte also mein Bügelbrett, dreh mir den Fernseher auf und.....

helfe meiner Mutter beim Suchen von Josef. Josef ist in der Küche. Er hat das Frühstücksgeschirr meiner Mutter rausgetragen. Da Josef wieder unter uns weilt, ist das Leben meiner Mutter nicht mehr akut bedroht und ich darf mich entfernen. Wie überaus gnädig. Ich unterdrücke den Impuls, rückwärts unter tiefen Verbeugungen das Zimmer zu verlassen, so viel Güte habe ich nicht verdient.

Also wieder ran ans Bügeleisen. 2 T-Shirts lang habe ich meine Ruhe, dann ist Josef offensichtlich abermals verschwunden. Und meine Mutter einer hysterischen Ohnmacht nahe, wie mir ihr zartes Stimmchen nahelegt. Josef, der Schuft hat sich doch tatsächlich auf die Toilette verzogen um zu Pinkeln. Versteh einer die Männer. So ein rücksichtsloses Stück. Da lässt er meine Mutter doch glatt für so profane Dinge wie einen Toilettengang im Stich.

Heute wird es wohl nichts mehr mit der Bügelwäsche. Josef hat offensichtlich einen unbändigen Wandertrieb, zuerst in die Küche, dann zur Toilette, wenn das so weitergeht, dann brauchen wir bald einen Notarzt hier. Mit meiner Mutter ist in dieser Hinsicht nicht zu scherzen.

Irgendwie bringen wir den Tag dann doch hinter uns.

Damit keine Langeweile aufkommt, dehnt meine Mutter ihre Beschäftigungstherapie für uns, selbstlos wie sie ist, auch auf die Nacht aus.

Es ist 23:25. Übers Babyphon dringt ein herzerweichender Schrei nach Josef. Ich bin sofort hellwach. Josef nicht. Wahrscheinlich ist er von seinen unnötigen Wandertouren in die Küche oder zur Toilette immer noch vollends müde. Ich drehe also das Babyphon ab, gehe zu meiner Mutter und frage, was los sei. Sie sieht mich an, nennt mich mit leichtem Zweifel in der Stimme Josef und erzählt mir, dass die Katze im Zimmer sei. Ich entdecke den Störenfried eingerollt schlummernd am Bettende meiner Mutter. Ich nehme Emma, die nett wie sie ist, gleich zu schnurren beginnt und trage sie raus. Dann gehe ich wieder zu meiner Mutter, sage ihr, dass sie ruhig weiterschlafen kann, Emma sei draußen.

Ich darf mich entfernen, schließlich will meine Mutter ja schlafen. Und um diese Zeit sowieso. Also wieder ab ins Bett.

Um 23:41 reisst mich die Stimme meiner Mutter aus dem Bett, zum Einschlafen war die Zeit ja nicht lange genug. Josef schläft immer noch, offensichtlich hat er heute maßlos übertrieben mit seinem Bewegungsdrang. Ich gehe also wieder rüber. Meine Mutter sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, nennt mich Josef und erklärt mir, dass die Katze im Zimmer sei. Ich habe ein daja vu. Ich suche das elende Vieh, das sich erstaunlicherweise an exakt der selben Stelle wieder eingerollt hat, um zu schlafen. Emma, gutmütig wie immer, schnurrt zufrieden, als ich sie raustrage. Ich gehe wieder zu meiner Mutter, sage ihr, dass sie ruhig weiterschlafen kann, Emma sei draußen.

Ich starte einen neuerlichen Versuch, ein bisschen Schlaf zu bekommen.

Um 00:26, ich war gerade so am Dahinschlummern, weckt mich die liebliche Stimme meiner Mutter abermals. Josef schläft - vielleicht ist er auch an Überanstrengung gestorben - und hat nur vergessen, dass er zu atmen aufhören sollte, wenn das so wäre. Ich gehe also ins Zimmer meiner Mutter, die Tür ist einen kleinen Spalt offen. Meine Mutter spricht mich mit Josef an und erklärt mir, dass sie nicht schlafen kann, weil die Katze im Zimmer sei. Dass die Katze nur im Zimmer ist, weil meine Mutter ganz offensichtlich die Tür aufgemacht hat, um dem Vieh Zutritt zu verschaffen, ist nicht relevant und hat auch keinerlei Einfluss auf das nächtliche Geschehen.

Ich muss jetzt mit härterern Bandagen kämpfen und werfe Emma aus dem Haus. Emma ist davon unbeeindruckt und setzt sich genüsslich auf die Stufen vor dem Haus, um sich eine frühe Morgentoilette zu gönnen. Ich schleppe mich ins Bett, klopfe mir dabei in Gedanken auf die Schulter um mich zu meiner grandiosen Idee, die Katze aus dem Haus zu entfernen, zu beglückwünschen. Es wäre doch gelacht, wenn ich jetzt nicht meine Ruhe hätte.

01:53. Josef, der augenscheinlich von den Toten zurückgekehrt ist, stupst mich an. Ich öffne ein Auge, fürs zweite reicht meine Energie grad nicht. Er wäre grad bei meiner Mutter gewesen. Sie habe nach ihm gerufen. Obwohl ich keinerlei Interesse daran zeige, mir die Geschichte anzuhören, spricht Josef weiter. Er macht einen verdächtig augeschlafenen Eindruck. Meine Mutter habe ihn nach Emma gefragt. Emma kommt ja für gewöhnlich, wenn man sie ruft. Aber meine Mutter konnte Emma nicht finden und jetzt mache sie sich Sorgen. Ob ich wisse, wo Emma sei.....

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Steirermadl

Steirermadl bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:12

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