Die SPÖ beendet selbst gewähltes Dilemma und steuert uns alle gleich ins nächste

Da kann das SPÖ-Präsidium tausend Mal sagen, dass sie auf Bundesebene nicht mit der FPÖ paktieren wollen. Durch den burgenländischen Bruch des selbst gegebenen Versprechens, nie mit den Freiheitlichen zu koalieren, tun sich für die Sozialdemokraten neue Möglichkeiten auf.

Rechnerisch wäre es ja schon nach der Nationalratswahl 2013 möglich gewesen: Eine Dreierkoalition aus ÖVP, FPÖ und Team Stronach. Rot-grün-pink hingegen war unmöglich. Der damals stimmenstärksten Partei SPÖ blieb also so gut wie nichts anderes übrig, als in die ungeliebte große Koalition zu gehen und sich nun seit zwei Jahren von der ÖVP die Hose runter zu ziehen zu lassen. Gefühlt hat die SPÖ genau nichts erreicht, außer den Steigbügelhalter für VP-Finanzminister*innen zu spielen. „Django“ Mitterlehner ist in wenigen Monaten mehr kanzlerhaft aufgereten, als es Werner Faymann in all den Jahren tat.

Antizipiert man ein bisschen, wie die Nationalratswahlen 2018 ausgehen werden, dann ergibt sich wohl folgendes Bild: In Ermangelung einer populären und populistischen Linkspartei wird sich der Protestwähler*innenanteil bei der FPÖ befinden, die NEOS werden leichtest wachsen, TS aus dem Parlament fliegen und die Grünen marginal dazu gewinnen. Damit ergeben sich drei in etwa gleich starke Parteien. Weil es am Wahltag dann doch nicht so deutlich sein wird, wie es Umfragen suggerieren. Und viele enttäuschte Sozialdemokrat*innen dann doch wieder SPÖ wählen und einigen, die im Ärger über manche Punkte bei der Sonntagsfrage „FPÖ“ statt „ÖVP“ sagen, dann doch wieder die Volkspartei wählen werden, weil die Freiheitlichen doch zu krass sind.

Das SPÖ-Dilemma bislang: Die ÖVP hätte wohl kaum ein großes Problem, mit den Freiheitlichen zu koalieren. Been there, done that. Mittlerweile wird ja sogar darüber spekuliert, ob die per Verfassung freien Mandata*innen des TS nicht gleich zu schwarz oder blau wechseln und die ÖVP wahllos eine rechts-rechte Regierungsmehrheit hat. Weil genau das auch nach der Wahl 2018 möglich sein wird, muss die SPÖ fast notgedrungen einen Schritt auf die FPÖ zu gehen. Ohne inhaltlicher Bewertung (ihr wisst sicherlich, wie ich das persönlich sehe) ist dieser Schritt wirklich notwendig. Und selbst wenn das SP-Präsidium sagt, man werde im Bund rot-blau nicht machen, so zeigt der burgenländische Tabubruch doch, dass es irgendwie machbar wäre. Sieht man sich Norbert Darabos Aussagen an („Die FPÖ im Burgenland ist nicht rechtsextrem.“), kann man sich das schon irgendwie schön reden.

Im machtpolitischen Poker mit der ÖVP braucht die SPÖ diese Öffnung wie einen Bissen Brot. Sich nach so vielen Jahren des Larifari und gegenseitigen Blockierens im Paarlauf mit der ÖVP auf ein mögliches rot-grün(-pink) zu verlassen, wäre rein taktisch falsch. Wenn die SPÖ es schaffen sollte, noch einmal als stimmenstärkste Partei aus der nächsten Wahl zu gehen, braucht sie Verhandlungsspielraum. Die ÖVP hält sich eine schwarz-blaue Regierung offen, die SPÖ bislang nicht. Was hielte ein schwarzes Verhandlungsteam ab, die SPÖ, wie bei den letzten Verhandlungen, wieder über den Tisch zu ziehen, wenn man jederzeit sagen kann: „Dann halt FPÖ.“ Wolfgang Schüssel hat es ja vorgemacht. ÖVP/FPÖ würden, egal, wer von den beiden den Kanzler stellt, koalieren und die VP so schnell wie möglich Neuwahlen provozieren (Anlassfälle gibt es ja beinahe wöchentlich) und sich die notwendigen Wähler*innenstimmen holen.

Durch die implizite Öffnung nach rechts außen hat die Bundes-SPÖ dieses Druckmittel gegenüber der ÖVP nun auch. Ganz egal, ob das geplant war oder nicht. Rote Verhandler*innen können so ebenfalls jederzeit vom möglichen Koalitionspacktierertisch aufstehen und sagen: „Dann halt FPÖ.“ Wie das alles schon einmal ausgegangen ist, weiß man. Wem eine solche Koalition letztlich mehr schaden würde, steht in den Sternen. Die SPÖ befindet sich nun aber auf Augenhöhe mit der ÖVP, egal was nach außen verlautbart wird. Aber ob da dann am Ende des Tages etwas anderes als ein Riesendilemma für uns alle raus schaut, ist mehr als fraglich.

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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