Ich habe meinen Haustieren Neonicotinoide auf den Rücken geschmiert. Weil ich a) nicht nachgedacht habe, was ich da besorge und b) nicht aufgeklärt wurde. Das ist problematisch.
Hunde bekommen Flöhe. Das passiert einfach so. Vielleicht hat unser Hündchen neulich beim Gassigehen Kontakt zu einem Hund gehabt und hat deshalb Flöhe. Sei es wie es ist – am Montag ging es ab zur Tierärztin, weil sich die arme Maus ständig kratzen musste. Dort bekam ich ein neues Präparat in die Hand gedrückt. Vectra 3D heißt das Zeug. Eine kleine Tube wird der Hündin am Rücken verteilt und nach einiger Zeit soll der Spuk vorbei sein. Als vertrauensseliger Mensch verließ ich die Praxis nach wenigen Minuten mit dem gekauften Mittel und wendete es daheim an. Obwohl ich ein gutgläubiger Mensch bin, habe ich mich mit den Inhaltsstoffen befasst. Einer heißt „Dinotefuran“ und dabei handelt es sich um ein Neonicotinoid. Wer sich noch an 2008 erinnern kann, weiß, dass diese hochtoxische Nervengifte vor allem für Bienen absolut tödlich sind. Die Gruppe der Neonikotinoide werden als Pestizide eingesetzt, sind um ein vielfaches schädlicher als das „klassische“ Insektizid DDT und sind in Österreich derzeit drei Jahre, in der EU zwei, verboten. Dinotefuran selbst hat als Pestizid in der EU noch dazu überhaupt keine Zulassung.
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Ich ließ mich in weiterer Folge von der Tierärztin bei einem weiteren Besuch noch einmal aufklären, da diese auftragbaren Mittel für Hunde bei Katzen tödlich sein können und wir nun einmal auch Kätzchen haben. Es ist Gott sei Dank nichts passiert. Allerdings habe ich mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass man mir es bitteschön vielleicht schon mitteilen könnte, wenn ich meinen Tieren Pestizide auf den Rücken knalle, egal in welcher Dosierung.
Der Ärger war vor allem auf mich selbst groß, weil ich mich nicht informiert habe – und weil ich mich nicht ausreichend selbst informiert habe. Ich musste dann an einen Blog hier über Homöopathie nachdenken. Da sagte der Arzt Reinhard Mitter über die Behandlung: „Es kommt drauf an, wie die Befragung, die vor der Wahl des Mittels steht, durchgeführt wird. Und die dauert eine Stunde, wenn nicht sogar eineinhalb.“ Das finde ich absolut toll. Zur Homöopathie habe ich persönlich keine Meinung, aber den Zeitaufwand finde ich bemerkenswert. Gut, es muss jetzt nicht immer eine Stunde sein, aber ich würde mir schon wünschen, wenn ich – egal ob bei Tier- oder Menschenärzt*innen – mehr aufgeklärt werden würde. Wenn man mir erzählt, was das Hündchen oder ich da überhaupt zu mir nehme und was für Nebenwirkungen auftreten könnten.
Bis hierhin können Sie meinen Text gerne als hypochondrische Spinnerei abtun. Oder erwarten, dass ich jetzt mit Verschwörungstheorien gegen die Pharmaindustrie um die Ecke komme. Aber darum geht es freilich nicht.
Denn Aufklärung in Sachen Arzneimitteleinnahme ist eine unglaublich wichtige Sache. Piernicola Pedicini, Berichterstatter im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments, monierte das neulich. Durch „unangemessenen Gebrauch“ von Antibiotika und die darauf folgende Resistenz von Bakterien könnten bis 2050 zehn Millionen EU-Bürger*innen sterbe – schon heute sollen es 25.000 jährlich sein. Laut Pedicini sind gemäß einer Untersuchung auch 50 Prozent der Bürger*innen überzeugt, Antibiotika würden gegen Viruserkrankungen helfen.
Nur allzu oft passiert es halt, dass man mit sich mit seinen Beschwerden in die Ordination schleppt, es folgt eine kurze Untersuchung, kurz darauf marschiert man mit einem Rezept für ein paar Mittelchen wieder hinaus. Diese werden eingeschmissen und das war's.
Mir geht dabei die Zeit für die Aufklärung verloren. Der rechnerische Schnitt liegt gemäß einer Untersuchung bei 10,7 Minuten Zeit pro Patient*in, mehr als ein Viertel gab an, nur rund fünf Minuten im Behandlungszimmer verbracht zu haben. Das erscheint mir einfach sehr wenig.
Ob sich in den paar Minuten wirklich alle Fragen beantworten lassen? Und fordern wir die auch vehement genug ein?
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