Wie weiblich ist Politik?

Wälzen wir einmal ein paar Statistiken. Etwa, dass nur 6,7 Prozent der Bürgermeister*innen weiblichsind. Oder dass mit Gabi Burgstaller und Waltraud Klasnic nur zwei von 71 Landeshauptleutenin der zweiten Republik weiblich waren und sind. Anzahl weiblicher Bundeskanzlerinnen? Null. Präsidentinnen? Zero. Rechnungshofpräsidentinnen? Nö. Wenigstens beim Verfassungsgerichtshofpräsidentinnen? Denkste! Wir sollten halt nicht vergessen, dass eh nur rund 50 Prozent der Bevölkerung weiblich sind. Im Nationalrat, der irgendwie den Bevölkerungsschnitt abbilden soll, sind 30 Prozent Frauenvertreten. Nur das Team Stronach (50%) und die Grünen (54%) weisen einen Schnitt auf, der die Realität abbildet.

Natürlich sind auch andere Gruppen total unterrepräsentiert. Aber nirgends ist das augenscheinlicher als beim Vergleich nach dem biologischen Muster Mann/Frau. Vielleicht ist das eine Erklärung, warum Frauen seit 11. Oktober gratisarbeiten und der Lohnunterschied zwischen ganzjährig Vollzeitbeschäftigten nach Geschlecht 22,4 Prozent beträgt. Oder in absoluten Zahlen: Männer verdienen knapp 48.000 Euro im Jahr, Frauen etwas mehr als 37.000. Würde ein so männlicher Nationalrat, eine so männliche Regierungsspitze, eine so männliche Verwaltung ein entsprechendes Gesetz erlassen, dass dies – wenn nicht schon verbietet – weiter eindämmt? Immerhin betrug der Unterschied beim Gehalt laut Standardim Jahr 2005 noch 26,7 Prozent. Warum laufen wir nicht jubelnd durch die Straße?

Gegenbeispiele

Haken wir ein. Natürlich ist das Frau-sein kein Blankoschein für eine menschlichere Politik, siehe Angela Merkel. Wenn man sich ihre Regentschaft ansieht, dann ist Philanthropie möglicherweise auch ein Vehikel, damit in den Geschichtsbüchern dann niemand fragt, wie man Griechenland den fiskalischen Todesstoß gab oder durch die Exportwirtschaft die europäische Peripherie demolierte und den eigenen Arbeitsmarkt ruiniert - seit Jahren bekannt. Oder die mit betroffenem Gesicht-versehene Festung-Europa-Politik der heimischen Innenministerin. Oder Margaret Thatcher. Natürlich ist das schlichte Vagina-haben kein Merkmal, sich nicht wie ein Arschloch zu verhalten, genau so wenig wie das Penis-haben direkt aufs Arschlochsein schließen lässt.

Allerdings wissen wir es leider nicht so genau. Weder in Europa, noch in der Welt. Sehen wir uns kurz ein Land mit einem extrem hohen Frauenanteil im Parlament von über 60 Prozent, Ruanda. Dabei sieht die im Gegensatz zu Österreich existierende Frauenquote in Ruanda geringere Zahlen vor. Der Grund ist aber ein trauriger: Der Bürgerkrieg in den 90er-Jahren inklusive Ermordung von rund 800.000 Menschen. Nach dem hunderttägigen Massaker zwischen Hutu und Tutsi betrug der Anteil an Frauen 70 Prozent. Wie diesem Artikel zu entnehmen ist, sind Frauen somit zwar in Politik und Wirtschaft stark repräsentiert, im Privatleben herrscht aber nach wie vor das Patriarchat.

Strukturelle Diskriminierung

In Zusammenhang mit Österreich muss man aber durchaus von struktureller Diskriminierung reden. Sieht man sich beispielsweise NGOs im Sozialbereich an – die Frauenquote im Bereich Soziales und Erziehung beträgt rund 70Prozent – wird das quasi schmerzlich ersichtlich. Im Bundesvorstand inklusive Geschäftsführung und Rechnungsprüfung der Volkshilfeetwa, der Barbara Gross als Präsidentin vorsteht, befinden sich fünf Frauen. Unter den zwölf Direktor*innen der Caritasin Österreich ist eine Frau. Beim Hilfswerksind acht Frauen im 23-köpfigen Leitungsgremium. Nicht einmal in einem Bereich, der von Frauen dominiert wird wie kaum ein anderer findet sich annähernd eine die Verhältnisse repräsentierende Anzahl an Frauen in Führungspositionen. Dabei kommen die Frauen in diesem Berufszweig noch gut weg. In den Aufsichtsrätenbeträgt die Quote in den Top200-Unternehmen Österreichs unter 15 Prozent, in einem Drittel der Unternehmen findet sich gar keine Frau.

Liegt es eventuell an der Kompetenz? Eher nicht. Kehren wir zu den Landeshauptmännern zurück, gibt es hierfür keine Indikatoren. Hans Niessl war Hauptschullehrer, Peter Kaiser ist Doktor der Philosophie, Erwin Pröll ist Agrarökonom, Josef Pühringer und Wilfried Haslauer sind Juristen, Hermann Schützenhöfer Kaufmann und Journalist, Günther Platter gelernter Buchdrucker und Polizist, Markus Wallner ist Politikwissenschaftler und Michael Häupl bekannterweise Biologe. Gemein ist ihnen, dass sie sich recht früh politisch engagierten. Es ist also eine Karrierefrage. Und angesichts diverser Genderstatistiken kommt halt irgendwann die gläserne Decke für Frauen.

Ich sehe das einfach nicht ein

Wenn es 50 Prozent Frauen gibt, sehe ich es einfach nicht ein, dass es eine Landesregierung gibt, in der keine einzige Frau ist. Es stellt einfach nicht die gesellschaftliche Wahrheit dar und ist einfach eine große Peinlichkeit für so circa jedes Land auf dem Planeten. Ob sich die Welt ändern würde, wenn Frauen in den Entscheidungsgremien gemäß Quote repräsentiert wären? Würden sie nicht – siehe Beispiele weiter oben – genau so menschenverachtende Scheiße bauen, korrupt sein oder einfach schlechte Politiker*innen? Mag sein. Umgekehrt haben „wir Männer" jetzt schon seit tausenden Jahren scheiße gebaut...

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:16

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