Seit Wochen ist so mancher Autofahrer in Jubelstimmung: Das Tanken ist so billig wie schon lange nicht mehr. Zu verdanken haben wir das Saudi-Arabien, das produziert was das Zeug hält. Die Saudis müssen derzeit Geld in ihre Kassen spülen, denn das Königreich hat erst vor kurzem ein Defizit von 100 Milliarden Dollar vermeldet. Auch der Iran kehrt wieder auf den internationalen Ölmarkt zurück, Dank den USA, die das Embargo beendet haben. Im Klartext: Öl bleibt noch länger billig. In den USA herrscht sogar die skurrile Situation vor, dass Raffinerien für die Annahme von minderwertigem Öl Geld verlangen. Diese Situation ist mit Negativzinsen im Bankwesen vergleichbar – noch vor kurzem wäre das undenkbar gewesen.
Für Unternehmen ist der fallende Ölpreis durchaus zu begrüßen. Sie produzieren billiger, doch Anleger sind besorgt. Ein dermaßen niedriger Ölpreis ist ein Anzeichen dafür, dass die Weltkonjunktur schwächelt und dafür, dass die nächste Pleitewelle in der US-Frackingindustrie bevorsteht – solche Preise ruinieren das Geschäft völlig. Doch ich bin vorsichtig beim Lesen dieser Untergangsszenarien. Denn der Ölpreis veranschaulicht den "Schweinezyklus" wie kaum ein anderer Sektor. Historisch betrachtet wird es mit dem Ölpreis ebenso stark wieder aufwärts gehen, daran besteht kein Zweifel: Fracking ist mittlerweile völlig unrentabel, die meisten Firmen sind bereits insolvent oder stehen nahe vor der Insolvenz; auch viele andere Förderstätten, beispielsweise in Russland, sind nicht mehr rentabel zu betreiben und in den meisten ölproduzierenden Ländern ist die politische Situation anders andere als stabil, beispielsweise Venezuela, Libyen, Irak oder der Konflikt zwischen Iran und Saudi Arabien. Wenn die Weltkonjunktur wieder anzieht, und die derzeit unrentablen Förderungstellen einschließlich Fracking geschlossen sind, kann es schnell einen Nachfrageüberhang am Ölmarkt geben.
Denken wir an Warren Buffett. Er kam vor kurzem auf die für so manchen überraschende Idee, Geld in ein Unternehmen zu stecken, dessen Erfolg ausgerechnet vom Ölpreis bestimmt wird: Phillips 66, ein Ölkonzern. Und wir können jetzt schon davon ausgehen, dass Buffets Rechnung aufgeht. Steigt der Ölpreis, was er wird, casht er ab. Für uns heißt das dann allerdings: Tanken wird wieder teurer.