Das knappe Ergebnis über eine Reform des türkischen Staates ist im Grunde genommen eine Niederlage für den Präsidenten Erdogan. Trotz Propaganda, massiver Werbung und Repressionen ist das Ergebnis eigentlich eine Blamage.
Zurecht gibt es wohl auch Stimmen, die bezweifeln, dass bei dieser Wahl alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Ob die Höchstgerichte hier noch etwas ändern werden (können), wird sich weisen. Die Wahl zeigte aber auch das, was wir von anderen Wahlen und von Populisten gewohnt sind. Wie bei Trump, Brexit oder auch in Österreich geht es um Globalisierungsgewinner gegen -verlierer, progressive Städte gegen konservatives Land, Arm gegen Reich, Jung gegen Alt. Was eben nun in der Türkei noch hinzu kommt, ist die Auswirkung. Denn die Türkei bewegt sich bei einem Ja, dem „Evet“, in die Richtung einer Diktatur, zumindest einer sehr illiberalen Demokratie. Und das geht nur auf Zeit gut.
Denn vor allem wirtschaftlich bekommt die Türkei sicherlich Probleme. Die Touristen aus Westeuropa wollen schon kaum hin und das trifft die Wirtschaft enorm. Wer will schon in einem Land Urlaub machen, in dem es immer wieder zu Terroranschlägen kommt, in dem im Osten de facto Krieg herrscht – noch dazu in einem Nachbarland? Die Türkei mag für Europa wirtschaftlich ein wichtiger Partner sein und das Geld fragt meistens nicht nach Menschenrechten; vielleicht findet Erdogan auch andere Partner, etwa Russland. Den Ausfall der Touristen wird das aber nicht kompensieren können.
Und hier sehen wir auch, woran die Diktatur letztlich scheitern wird: An der Überheblichkeit und am Größenwahn des Diktators. Denn der Sultan schafft es nur so lange, das Volk bzw. den Großteil hinter sich zu scharen, so lange es den meisten wirtschaftlich gut geht. Und das bedenkt Erdogan in seinem Größenwahn nicht. Er hat den Bonus, jahrelang umsichtig und wirtschaftlich erfolgreich gearbeitet zu haben. Nun beginnt das zu bröckeln. Es ist beinahe klassisch, wie er sich wie fast jeder Autokrat nun interener (PKK) und externer (Assad) Feindbilder bedient, um das Land zusammen zu halten. Das kann einige Zeit gut gehen – aber irgendwann wird die Wirtschaft so weit geschrumpft sein, dass es das Volk nicht mehr ertragen kann. Und scheiterte die DDR nicht bisweilen auch daran, dass es wirtschaftlich nicht mehr ging? Der Krug geht eben so lange zum Brunnen, bis er bricht.
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