Die Entwicklungen der letzten Wochen zeigten eines: Großbritannien meint es ernst mit dem Brexit. Das wirft einige Fragen auf. Wir wissen nun nicht viel mehr, außer dass es passieren wird. Das wirft drei zentrale Fragen auf:
1. Was passiert mit den EU-Bürgern und dem Freihandel?
Einer der zentralen Punkte des Brexit ist die Frage, ob es weiterhin Freihandel und (relativ) freien Personen und Warenverkehr gibt – nach Vorbild der Schweiz – oder ob es einen Hard Brexit gibt: Sprich, Zölle, Handelskontrollen, Personenkontrollen. Und in diesem Fall stellt sich auch die Frage, was mit den Millionen EU Bürgern im UK und den Briten in der EU passiert; gibt es dann eine Mini Völkerwanderung? Der Ausgang der Verhandlungen ist völlig ungewiss, aber diese Punkte sind sicherlich der wesentliche Knackpunkt.
2. Was passiert mit den offenen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen der EU und Grossbritannien
Wie immer geht es bei solchen Verhandlungen um das Thema Geld. Die EU und Großbritannien sind über viele Programme, Förderungen etc miteinander verknüpft. Die Auflösung dieser Verbindungen wird komplex und teuer und sicher ein wesentlicher Streitpunkt.
3. Wie reagieren Schottland, Wales und Nordirland?
Schottland hat das zweite Unabhängigkeitsreferendum angekündigt, Wales und Nordirland könnten folgen. Denn es ist ja jetzt schon klar, dass die britische Wirtschaft angeschlagen ist und der Brexit nur eine mäßig kluge Idee war. Gibt es dann überhaupt ein Vereinigtes Königreich? Oder nur noch England? Schottland in der EU mit neuen Grenzkontrollen auf der britischen Halbinsel? Es ist nicht unwahrscheinlich dass der Brexit einerseits alte Konflikte wie Nordirland wieder neu entflammen lässt, und andererseits dass das vereinigte Königreich in 5 Jahren Geschichte ist. Fragt sich nur ob die Queen dann noch Staatsoberhaupt bleibt, oder vielleicht die Monarchie ebenfalls abgeschafft wird.
4. Der Finanzmarkt
Die britische Wirtschaft leidet unter den Folgen des Brexit, das britische Pfund ist stark gefallen, die Londoner Immobilienpreise ebenso. Die ersten Banken verlegen ihre Europazentralen nach Luxemburg, Dublin oder Frankfurt. London hat bereits darauf reagiert und eine Senkung der Unternehmenssteuern sowie eine flexiblere Finanzmarktregulierung ähnlich den USA angekündigt. Man wird sehen ob das ausreicht, um die negativen Folgen des EU Austritts zu kompensieren.
Die Austrittsverhandlungen werden spannend. Aus heutiger Sicht ist noch völlig unabsehbar, ob die Verhandlungen kooperativ oder feindselig geführt werden, und wer am Ende die stärkere Position hat. Bekommt Großbritannien einen attraktiven Freihandelsvertrag mit den USA? Wie ist das Ergebnis der Wahlen in Frankreich, Deutschland, Italien? Wie lange hält sich Theresa May als Regierungschefin? Und was passiert politisch auf der britischen Halbinsel – sprich Schottland Austritt?
Ein Ergebnis ähnlich zur Schweiz, also ein „Brexit by Name Only“ wäre eine Alternative, die für Grossbritannien wie für die EU durchaus vorteilhaft wäre. Jeder bekommst das, was er will, die Engländer sind sowieso immer einen gewissen Sonderweg gegangen.
Was aber passiert wenn eine durch eine erfolgreiches Schottlandreferendum geschwächte EU Premierministerin eines in Auflösung befindlichen Königreiches einer durch den EU Austritt Frankreichs paralysierten EU entgegentritt. Das englische Parlament hat nicht umsonst der Regierung den Auftrag gegeben, eine Antwort zu finden, was passiert wenn es nach den Brexit Verhandlungen kein Verhandlungsergebnis gibt. In diesem Fall drohen hohe wirtschaftliche Turbulenzen und völliges Chaos in ganz Europa.